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Kreislaufwirtschaft kann nicht so schwierig sein

Generell verläuft in unserem Leben alles in Zyklen. In der Mode zum Beispiel werden dieselben Stilelemente alle 30 Jahre wieder modern.
FESSL
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© REMG

Daher kann das mit der Kreislaufwirtschaft nicht so schwierig sein, in vielen Bereichen funktioniert sie bereits prächtig. Denn immerhin ist die uns umgebende Natur auf Wiederverwertung aufgebaut. Und die Natur funktioniert gut, jedenfalls dort, wo der Mensch noch nicht eingegriffen hat. Die Karotte, die man aus der Erde zieht, wird am Komposthaufen wieder zu Erde.

Wie Kreislaufwirtschaft nicht funktionieren kann, macht uns die KFZ-Branche vor:

Zuerst wird mit allen Mitteln, die der Markt zu bieten hat, ein Neuwagen zusammengeschweißt und -geklebt. Und am Ende der Lebensdauer wird das Wrack zuerst von den Flüssigkeiten befreit, und zwar von allen gleichzeitig, was eine nachträgliche Trennung in Wasser, Öl und flüchtige Stoffe notwendig macht. Dann wird das gesamte Fahrzeug in daumennagelgroße Stücke geschreddert. Dieses Chaos wird anschließend getrennt in Kunststoffe (die sind leichter als Wasser), Stahl (der ist magnetisch) und Aluminium. In diesem Prozess ist es natürlich unerheblich, ob der einzelne Kunststoffchip ein Thermoplast, Polyurethan, biologisch abbaubar oder hochgiftig ist. Ob das Ganze auch funktioniert, wenn man später die seltenen Erden aus den Akkus extrahieren will?

Bei genauer Betrachtung funktioniert die Baubranche immer noch sehr historisch: Wir schlichten Ziegel aufeinander oder gießen Beton in Formen und dann kleben wir außen Styroporplatten drauf. In

die neu hergestellten Oberflächen bohren wir Löcher und fräsen wir Schlitze, um darin Leitungen zu montieren. Vorgefertigte und bereits gedämmte Holzbauelemente sind da schon wesentlich innovativer, kommen aber noch kaum zum Einsatz.

Warum ist das so? Das häufigste Argument ist ein monetäres. Es ist eben die „billigste“ Lösung, jede bessere Lösung wäre um vieles teurer und daher nicht wettbewerbsfähig? Nein, ist es eben nicht, die einzelnen Lösungen sind nur falsch eingepreist. Wenn alle Alternativen mit ihren gesamten Zykluskosten eingepreist wären, dann wäre die innovativere Lösung – also jene der Kreislaufwirtschaft – auch die günstigere. Die „billigen“ Lösungen sind nur deswegen günstiger, weil der Käufer nicht alle Kosten bezahlt, die im Lebenszyklus anfallen. Möchten Sie wissen, wer die Differenz bezahlt? Schauen Sie einfach in den Spiegel.

Die Ziele und Vorgaben der Kreislaufwirtschaft sind nicht schwierig, es erscheint uns nur so, weil uns die Einstellung dazu fehlt. Entscheidend sind nicht die Prozesse selbst, sondern die Haltung dazu.

Derzeit reicht es, ein klein wenig besser zu sein als der Mitbewerb, um Erfolg zu haben. So entstehen keine Innovationen. Also machen wir alles so wie bisher, aber wir nehmen Schafwolle statt Styropor. Mit dieser Einstellung lassen sich aber nur sehr kleine Fortschritte erzielen und keinesfalls die ambitionierten Ziele einer EU-Taxonomie.

Meine persönliche Vision: Bauelemente werden werkseitig vormontiert, idealerweise binden die Materialien größere Mengen CO2, sind fertig gedämmt und in genormten Abmessungen verfügbar. Auf der Baustelle braucht es nur mehr geringe Adaptierungen. Die Materialien lassen sich wieder sortenrein trennen. Die Haustechnik wird wieder einfacher, die Leitungsführung erfolgt in Modulen, die in die Bauelemente integrierbar sind. Die Raumkonditionierung (Heizung, Kühlung, Lüftung) erfolgt generell autark. Es gibt keine Dachdeckung oder Fassade mehr ohne Photovoltaik, und das Trinkwasser verwenden wir „nomen est omen“ und nicht zur WC-Spülung.

Zum Autor:

Wolfgang M. Fessl ist Geschäftsführer bei Reinberg & Partner. Insgesamt verfügt er über mehr als 20 Jahre Erfahrung im nationalen und internationalen Immobiliengeschäft. Fessl ist allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, Immobilientreuhänder (Makler), Member der Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS), zertifiziert nach CIS Immozert und Recognised European Valuer (REV).