Seit einer gefühlten Ewigkeit diskutieren wir auf den verschiedensten Ebenen über Kreislaufwirtschaft und vieles ist auch bereits gut gelungen: Abfalltrennung zum Beispiel. Die Restmülltonnen wurden verkleinert, die Kinder in den Schulen wurden gut informiert und motiviert und trugen den Gedanken nach Hause. In manchen Bereichen sind die Österreicher Abfall-Trenn-Weltmeister geworden. Dass der getrennte Abfall dann aber auch wirklich recycelt wurde, war und ist noch ein langer Weg, aber die Basis – der getrennte Abfall – war geschaffen.
Es gab Zeiten, da hatten wir in Österreich Schuhmacher, Schneidereien und Elektrofachgeschäfte, die vor allem reparierten, upcycelten, änderten – weggespült von einer Wegwerf-Konsumenten-Gesellschaft und einer Industrie, die an Reparierbarkeit kein Interesse hat. Bestandsobjekte als Rohstofflager? Über Kreislaufwirtschaft und ihre Funktionalität sind wir sehr gut informiert, auch in der Immobilienwirtschaft haben wir alle Beispielbilder im Kopf, wie wir es besser machen könnten.
Das Bestandsobjekt als Rohstofflager?
Ja, natürlich, wo aber sind die Prozesse, die Zeitabläufe, die es uns ermöglichen, diese Rohstoffe zu verwenden? Verwendung bereits gebrauchter Materialien in neuen Immobilien? Ja, gerne, aber wo finde ich die entsprechenden Angebote, wie verhindere ich lange klimaschädliche Transportwege und wer garantiert mir die Qualität? Und abgesehen davon – Hand aufs Herz, haben wir uns schon überlegt, welche Materialien auch gebraucht verwendet werden könnten? Wo sind die Abbruchunternehmen, die Rohstofftrennung beherrschen? Können sie überleben, weil der volkswirtschaftliche Wert dieser Trennung auch wirtschaftliche Vorteile bringt? Schreiben wir die Anforderung nach Rohstofftrennung bei Abbrüchen aus und bewerten wir diese Leistung bei der Vergabe?
Abfallvermeidung
Jetzt, da Kreislaufwirtschaft und Abfallvermeidung auch in der EU-Taxonomie ab 2022 risikorelevante Kriterien werden, brauchen Bestandshalter und Bauherren noch dringender als zuvor praktikable Lösungen der Industrie. Reparierbarkeit, Abfalltrennung, Recycling und Wiederverwendung sind die neuen Erfolgsfaktoren. Natürlich ist auch der Staat gefordert. Vernünftige Unterstützungskonzepte müssen helfen, Forschung und Entwicklung zu fördern und den Markteintritt intelligenter Systeme, die Anbieter und Nachfrager zueinander bringen, zu ermöglichen. Mangelnde Abfalltrennung muss teurer werden, die Nutzung von Wiederverwendungs- und Recyclingkonzepten günstiger.
Als ÖGNI haben wir uns dazu entschlossen, heuer eine Arbeitsgruppe zu Kreislaufwirtschaft zu starten. Aber nicht, um wie hundert andere zuvor über Notwendigkeiten zu diskutieren, sondern um die Realität voranzutreiben. Sie sind herzlich eingeladen, mitzumachen.