Neunstellige Summen wurden für das Projekt „Respublika Park“ in der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw investiert, für dessen Realisierung die Trafin Consulting und Entwicklungs GmbH aus Wien zuständig war. „Als wir den Grundstein für das für 20 Millionen Besucher im Jahr geplante Shopping- und Entertainment-Center legten, war noch wenig vom Ausmaß der Krise zu ahnen, die durch den Ausbruch des Krieges folgen sollte“, erzählt Vassili Tolstunov. Dennoch sei die Vorbereitung auf potenzielle Krisen bereits von Anfang an Teil unserer Projektplanung gewesen – nicht zuletzt aufgrund der Verantwortung gegenüber den 5.000 Mitarbeitern vor Ort. Tolstunov und das in Wien ansässige Management-Team von Trafin hätten dafür auf folgende grundlegende Richtlinien des Krisenmanagements gebaut und diese situationsangepasst angewandt.
1. Stakeholder ganzheitlich berücksichtigen
„Für das Management eines Immobilienprojektes gelten einige der gleichen Prinzipien wie für das Führen eines Unternehmens mit vergleichbarer Größe“, so Vassili Tolstunov. Es gelte, die Interessen von einer Vielzahl unterschiedlicher Stakeholder zu berücksichtigen – von Investoren und Geschäftspartnern über eigene Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, der örtlichen Politik und Verwaltung bis hin zur lokalen Bevölkerung. Im Angesicht krisenhafter Entwicklungen sei es zwar entscheidend, schnell und bestimmt zu handeln – zugleich müssten aber die Interessen aller Parteien eruiert und möglichst im Einklang zueinander berücksichtig werden. „Das ist schon unter normalen Bedingungen kein leichtes Unterfangen, aber notwendig, um in einer Krise Zusammen- und Rückhalt zu finden.“
Als Beispiel aus der Praxis verweist Tolstunov auf die Wiedereröffnung des Respublika Parks nach dessen kriegsbedingter Schließung. „Schon während der einmonatigen Ausfallzeit suchten wir unter Einbezug von Stakeholdern harmonische Lösungen bezüglich Lohnfortzahlungen, Mietstundungen, Finanzierungen und Sicherheitsmaßnahmen, die nach der Wiedereröffnung umgesetzt wurden. Die höchste Priorität hatte dabei die physische Sicherheit der Mitarbeiter“, erzählt Tolstunov.
2. Investitionen für die neue Situation nicht scheuen
In sein Unternehmen zu investieren, um dessen Wettbewerbsfähigkeit unter neuen oder erschwerten Marktbedingungen zu steigern, ist nichts Neues. „Vor allem während einer akuten Krise ist der Wert von Maßnahmen, die eine schnelle Anpassung an die neue Lage erlauben oder gegen Folgekrisen absichern, aber nicht zu unterschätzen“, so Tolstunov. Er verweist dazu auf ein Prinzip, das auch dem Konzept der antizyklischen Konjunkturpolitik inne liegt: Die Investition zugunsten der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und der Positionierung für Wachstum nach der Krise. „Auch wenn eine Krise finanzielle Konsequenzen auf das Unternehmen hat, sollte der Anpassung an einen reibungslosen Betrieb während und nach der Krise Priorität eingeräumt werden“, so Tolstunov.
Die Anwendung dieses Prinzips habe im Respublika Park nach der Wiedereröffnung im April 2022 Früchte getragen: Dank wesentlicher Investitionen zur Anpassung auf die „neue Realität“ – darunter der Einrichtung eines satellitengestützten und damit netzwerkunabhängigen Internetsystems und eines umfassenden Netzwerkes von Notstromgeneratoren – kamen nicht nur die Besucher in Scharen zurück, sondern es konnten auch 43 neue Mieter gewonnen werden.
3. Die Rolle von Sozialverantwortung in einer Krise verstehen
„Je nach Wesensart und Ausmaß einer Krise ist nicht nur das eigene Unternehmen von einer Krise betroffen. Oft, so im Falle makroökonomischer Krisen oder Naturkatastrophen, haben diese auch wesentliche gesellschaftliche Auswirkungen. Selbst wenn sich Ereignisse rein auf Unternehmensebene beschränken, können neben den eigenen Mitarbeitern auch Lieferanten, Geschäftspartner, Investoren, Kunden und die Bevölkerung im Umfeld des Unternehmensstandortes, betroffen sein“, sagt Vassili Tolstunov. Der Stellenwert von unternehmerischer Verantwortung sei nicht auf nicht auf dessen symbolischen und moralischen Wert beschränkt, wie sich gezeigt habe. Schaffe es ein Unternehmen, in schwierigen Zeiten Solidarität zu beweisen, führe das auch zu vertrauensvollen und respektierten Beziehungen mit Stakeholdern.
„Am Beispiel der Sozialverantwortung wird ersichtlich, dass effektives Krisenmanagement mehr ist als nur Asset Management, also der Erhalt der Wertschöpfungskette“, kommentiert Vassili Tolstunov. „Im Respublika Park hat die Trafin mehrere Maßnahmen umgesetzt, um ihrer Sozialverantwortung gerecht zu werden. Zum einen haben wir bereits Ende Februar in Übereinstimmung mit der Supermarktkette „Silpo“ örtlich lagernde Lebensmittel der Bevölkerung zur Verfügung gestellt. Zum anderen haben wir über unsere Hilfsinitiative austrian aid community rund 40 Tonnen an Hilfsgütern von Österreich in die Ukraine geschickt.“