Die vergangenen Wochen hatten es in sich an den Weltbörsen – hier wie da kam es zu heftigen Kurs-turbulenzen. „Die sich immer deutlicher abzeichnende Konjunkturabkühlung in China und eine für viele Marktteilnehmer überraschende Abwertung des Yuan führten im August zu deutlicher Verunsicherung an den internationalen Kapitalmärkten“, erklärt Martin Rupp, Fondsmanager bei der 3 Banken-Generali Investmentgesellschaft. Da ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass viele Anleger von der lange erwarteten Trendwende an den Märkten sprechen – ein Szenario, das von vielen Faktoren genährt wird.
Rupp hält jedenfalls derzeit Vorsicht angebracht, was den allgemeinen Aktienmarkt angeht. Der Grund für seine Einschätzung: eine monetäre Verknappung auf globaler Ebene. „Wir sehen aktuell eine Art Paradigmenwechsel, was das Wachstum der Fremdwährungsreserven vieler Emerging Markets angeht“, sagt er. Diese würden nämlich erstmals – ausgenommen eine kurze Phase im Jahr 2008 – deutlich schrumpfen. Dies komme de facto einem Quantitative Tightening gleich und kompensiere zumindest teilweise das Quantitative Easing der westlichen Notenbanken, welches bislang den Aktienmarkt gestützt habe.
„War 2014 im Aufwärtstrend ,Buy the Dip‘ angesagt, bin ich mir diesmal nicht mehr so sicher, denn die Staatsfonds – und damit die Verwalter der Fremdwährungsreserven – werden nun eher auf der Verkäuferseite stehen“, so der Experte weiter. Tatsache ist jedenfalls, dass sich auch europäischen Immobilienaktien der Entwicklung der letzten Wochen nicht entziehen konnten – allerdings kamen sie weniger unter Druck als der breite Markt. Während etwa der ATX nach einer starken ersten Jahreshälfte year-to-day nunmehr bei einem Plus von 6 Prozent steht, hat der Immobilien ATX (IATX) immerhin noch eine Performance von 11 Prozent vorzuweisen.
[caption id="attachment_1448" align="aligncenter" width="300"] © Fotolia / Eisenhans[/caption]Tatsächlich ist das Umfeld für europäische Immobilienaktien weiterhin positiv. So bedeuten die extrem lockere Geldpolitik der EZB und rekordtiefe Zinsen weiterhin ein ausgesprochen gutes Refinanzierungsumfeld für Immobiliengesellschaften. „Der durchschnittliche Spread zwischen Nettoimmobilienrenditen und Finanzierungskosten liegt derzeit in Europa immer noch auf einem Rekordhoch“, so Rupp. In die gleiche Kerbe schlägt auch Martina Valenta, Analystin bei der Erste Group. „Das Zinsumfeld könnte nicht besser sein für Immobiliengesellschaften“, meint sie. So liege der 3-Monats-Euribor noch immer im negativen Bereich und die Renditen auf Staatsanleihen würden sich weiterhin im Keller befinden.
„Auch die Nachfrage nach Immobilien ist nach wie vor sehr stark – das sieht man auch bei den Transaktionsvolumina, die von Quartal zu Quartal steigen“, so Valenta. Laut dem Immobiliendienstleister CBRE ist das Investmentvolumen auf den europäischen Gewerbeimmobilienmärkten im zweiten Quartal um 15 Prozent auf 56 Milliarden Euro angewachsen. Außergewöhliche Anstiege wurden vor allem in Spanien (+131 Prozent), Portugal (+783 Prozent), Finnland (+109 Prozent) und Norwegen (+145 Prozent) verzeichnet. Mit einem Plus von 72 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal war auch Deutschland ein begehrtes Ziel für Investoren. „Deutschland ist nach wie vor einer der sichersten und weltweit am stärksten nachgefragten Anlagehäfen in Europa“, bringt es Fabian Klein, Head of Investment bei CBRE Deutschland, auf den Punkt.
Stichwort: Deutschland. Positiv zu sehen ist, dass etliche heimische börsennotierte Immobiliengesellschaften heute zu Top-Playern am boomenden deutschen Immobilienmarkt gehören. Nichtsdestotrotz lassen viele internationale Investoren nach wie vor Vorsicht walten und sehen von einem Investment ab. Einmal mehr der Hintergrund: die vergleichsweise niedrige Marktkapitalisierung und Handels-umsätze. „Dabei notieren deutsche Gewerbeimmobilienwerte zum NAV, CA Immo und S Immo werden dagegen mit Abschlägen von mehr als 20 Prozent gehandelt – ganz zu schweigen von der attraktiven Dividendenrendite von über 3 Prozent“, so Valenta.
Die Analysten der Erste haben jedenfalls für die heimischen Gewerbewerte – sprich: CA Immo, S Immo und Immofinanz – allesamt eine Kaufempfehlung ausgesprochen. Für Buwog und Conwert lautet die Devise auf Zwölfmonatssicht „Akkumulieren“ bzw. „Halten“. Was die Immofinanz betrifft, räumt Valenta zwar ein, dass diese sicherlich spekulativer sei als die anderen heimischen Werte. Angesichts des Russland-Exposures sei zwar der eine oder andere Dämpfer möglich, andererseits sei der Kurs der Aktie bereits so stark gefallen, dass Russland mittlerweile ausgepreist sei. Dazu komme, dass das Unternehmen mit Hochdruck daran arbeite, nächstes Jahr wieder eine Dividende ausschütten zu können. „Das könnte sich ausgehen. Durch den Verkauf des Logistik-Portfolios und der Buwog-Anteile könnte heuer 700 Millionen Euro Cash eingenommen werden“, so Valenta.
Insgesamt bieten sich derzeit europaweit – nicht zuletzt nach den Kursverlusten der letzten Wochen – interessante Einstiegsgelegenheiten bei ausgewählten Immobilienaktien, mit denen Anleger vom positiven Umfeld der Immobilienmärkte profitieren können. Denn Experten sprechen vielen Playern weiterhin einiges an Potenzial zu, was auch die zuletzt angehobenen Ergebnisprognosen für das laufende Geschäftsjahr und die positiven Ausblicke für 2016 unterstreichen.
Deutsche Euroshop: Das Unternehmen betreibt 19 Shoppingcenter in Spitzenlagen. 16 davon befinden sich in Deutschland – alle werden von der ECE gemanagt. Die Auslastung der Shoppingcenter liegt bei starken 99 Prozent. Die Mieter sind laut Experten meist sehr guter Bonität und es gebe kein Klumpenrisiko. Die Finanzierungsstruktur kann mit einer Loan-to-Value-Ratio von 41 Prozent getrost als „konservativ“ bezeichnet werden. Positiv: Die Deutsche Euroshop konnte in den vergangenen Jahren sowohl die Dividende als auch den FFO kontinuierlich steigern.