Die EZB ist mit ihrer Straffungspolitik laut ihrer Präsidentin Christine Lagarde auf Kurs in Richtung Inflationsziel. Die Europäische Zentralbank (EZB) habe im Zuge ihrer Zinserhöhungen nun ein Zinsniveau von vier Prozent erreicht, sagte Lagarde am Freitag auf einer Veranstaltung der "Financial Times". Und das sei ein sehr hohes Niveau relativ zu dem, was in den vergangenen 25 Jahren unternommen worden sei.
"Wir sind auf einem Niveau, von dem wir glauben, dass es uns, wenn es lange genug aufrechterhalten wird - und dieses lange genug ist, nicht trivial - zum mittelfristigen Ziel von zwei Prozent bringen wird." Es sei "in den nächsten paar Quartalen" keine Änderung zu erwarten. Die Währungshüter streben zwei Prozent Inflation als Optimalwert für die Wirtschaft im Euroraum an.
Lagarde betonte zudem die Datenabhängigkeit jedweder künftiger Zinsentscheidung. Die im Oktober auf 2,9 Prozent gesunkene Inflation im Euroraum sollte dabei nicht als selbstverständlich erachtet werden. "Es wird ein Wiederaufflammen mit möglicherweise höheren Zahlen geben und wir sollten das erwarten", warnte sie. Auch wenn die Energiepreise jetzt einigermaßen stabil blieben, werde der Basiseffekt im Jänner und Februar nicht mehr da sein. Zu Jahresbeginn 2023 hatten die Inflationsraten bereits begonnen, sich wieder abzuschwächen. Derzeit rechnen die Währungshüter für das Jahr 2024 mit eher stagnierenden Inflationsraten um die drei Prozent. Erst für Ende 2025 wird ein Erreichen der Zielmarke erwartet.
Die EZB hatte im Oktober nach zehn Zinserhöhungen in Folge eine Zinspause beschlossen. Der am Finanzmarkt richtungsweisende Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, wurde bei 4,00 Prozent belassen - das höchste Niveau seit dem Beginn der Währungsunion 1999. Noch im Juni 2022 hatte der Zins bei minus 0,50 Prozent gelegen.
Lagarde äußerte sich auch zu den Verhandlungen der EU-Staaten über neue Schuldenregeln in der Länder-Gemeinschaft. "Ich fühle mich mit der Tatsache nicht wohl, dass es noch keine Vereinbarung zum fiskalischen Regelwerk gibt", sagte sie. Das sei ein politisch schwieriges Thema. "Es ist von entscheidender Bedeutung, ein Regelwerk zu haben, in dem die Mitgliedsstaaten operieren." Für die Geldpolitik sei es wichtig zu wissen, gemäß welchem Regelwerk die Finanzminister über ihre Haushalte entscheiden und ihre Schuldenpfade und Haushaltspositionen managen. Sie sei aber nach dem Treffen der EU-Finanzminister am Donnerstag in Brüssel ein wenig beruhigter. Dort habe es kleine Signale von Deutschland und Frankreich gegeben.
Beide Länder würden hart daran arbeiten, sich auf eine Plattform zu verständigen, sagte Lagarde. Das Thema betreffe zwar nicht nur diese zwei Staaten. "Aber wir wissen, wenn diese beiden Länder zusammenarbeiten, gibt es eine Chance, das sich das nach vorne bewegt und es zu einem Abschluss kommt." Sie hoffe, dass es bis zum Jahresende eine Vereinbarung gebe.
Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire soll noch im November nach Berlin kommen, um eine Einigung vorzubereiten. Diese könnte dann beim nächsten Treffen der EU-Finanzminister im Dezember beschlossen werden.