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Leere Leere

Wollen Eigentümer und Vermieter ihre begehrten Objekte nicht gerne hergeben?
Thomas Malloth

Die Stadt wächst und Wohnraum wird gebraucht. Nicht vermietete bzw. nicht bewohnte Häuser und Wohnungen standen zuletzt in Wien im Blickpunkt der Öffentlichkeit: Wollen Eigentümer und Vermieter ihre begehrten Objekte nicht gerne hergeben?

Die Experten wollen die Kirche im Dorf lassen: Michael Ehlmaier, Geschäftsführer von EHL Immobilien bezeichnet den Wohnungs-Leerstand in Wien als „statistisch gesehen ausgesprochen gering“: „Wir schätzen, dass es sich dabei um einen Anteil von drei bis fünf Prozent des gesamten Bestands von rund einer Million Wohneinheiten handelt. Ebenso können wir nicht bestätigen, dass viele Wohnungen nicht saniert werden würden und daher leer stehen.“

Ehlmaier sieht das Thema Leerstand weniger bei fehlenden Investitionsanreizen, sondern mehr bei der Mietzinsproblematik angesiedelt: „Dadurch, dass die Richtwertmietzinse von Wohnungen oft sehr weit von den Marktmieten entfernt sind, ist es für die Eigentümer schwierig, die Sanierungskosten wieder zu erwirtschaften.“

Für Michael Müller, Geschäftsführer der Hausverwaltung Rustler, resultiert die Leerstandsproblematik im Wesentlichen aus der eingeschränkten Befristungsmöglichkeit von Mietverträgen: „Die im Geltungsbereich des Mietrechtsgesetzes geregelte Mindestbefristungsdauer von drei Jahren verhindert die zwischenzeitliche Nutzung leerstehender Objekte, wenn man plant, ein gesamtes Haus zu sanieren, um dann hochwertige Wohnungen zu vermieten oder anders zu verwerten.“

Es gibt einfach zu wenig Markt

Anton Holzapfel, Geschäftsführer des Österreichischen Verbandes der Immobilienwirtschaft (ÖVI), beurteilt die Thematik pragmatisch: „Vermieten ist das Geschäftsmodell von Immobilien-Eigentümern. Da muss es schon wirtschaftlich vernünftige Gründe geben, um eine Leerstehung für längere Zeit zu rechtfertigen.“ Das in den Medien zuletzt immer wieder zitierte Gespenst des Leerstandes könne er am Markt nicht erkennen, ganz im Gegenteil: „In manchen Segmenten des Wohnungsmarktes gibt es sichtlich zu wenig Angebot, das aber keineswegs, weil die Wohnungen leer stünden. Ein umsatzsteuerrechtliches Problem birgt aber seit dem Stabilitätsgesetz 2012 immer öfter die Gefahr, dass ein Eigentümer ein Erdgeschoßlokal leer stehen lässt, weil er nicht eine Vorsteuerkürzung riskieren will, die ein potenziell gefährdeter Mieter auslöst – nämlich einer, der nicht fast ausschließlich Umsätze tätigt, die zum Vorsteuerabzug berechtigen.“

Martin Prunbauer, Präsident des Österreichischen Verbandes der Haus- und Grundbesitzer (ÖHGB), weist strikt die Verantwortung für geplantes Leerstehen von Wohnraum zurück: „Nicht der freie Markt ist das Problem, sondern der überregulierte Markt, es gibt einfach zu wenig Markt. Hauptproblem ist das überregulierte österreichische Mietrecht!“ Was das Wohnen in den letzten Jahren teuer gemacht hat, seien die drastischen Steigerungen im Bereich diverser Abgaben wie Wasser oder Müll sowie eine massive Zunahme der Energiekosten. Warum wird aber der Leerstand thematisiert?

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Prunbauer: „Wenn eine Stadt tatsächlich eine hohe Leerstandsquote hätte, müsste sie natürlich keine neuen Objekte bauen, um den Bedarf zu decken. In einer Stadt wie Wien, mit einer künstlich geschaffenen Baugrundknappheit, bleibt einem Politiker, wenn er sich diesem Problem nicht annehmen kann oder will, eigentlich keine andere Möglichkeit als dem Markt, den er nicht kennt, die Schuld zu geben. Plötzlich wird von Nachverdichten und von Leerstandsbesteuerung gesprochen.“

Dabei gebe es nicht einmal eine korrekte und einheitliche Definition eines „Leerstandes“. Und die Ursachen von nicht vermieteten Räumlichkeiten können vielschichtig sein: Längerer Auslandsaufenthalt, Wohnungshortung seitens der Mieter in der Hoffnung auf weiterhin günstigen Wohnraum oder Sanierungsnotwendigkeit seitens des Eigentümers oder Vermieters. Im Übrigen, so Prunbauer weiter, wäre Leerstand ja für den Vermieter ein wirtschaftlicher Nonsens: „Letztendlich will er ja vermieten, Leerstehung kostet ihn als Barauslagen zumindest die gestiegenen Betriebskosten, aber eben auch die entgangene Miete.“

Seine Forderung geht eher Richtung Politik: „Die Leerstandsdebatte ist – mangels Definition – eine Scheindebatte, um von einem überregulierten Mietmarkt, der mehr Probleme schafft, als löst, abzulenken. Es braucht vielmehr ein modernes offeneres Mietrecht, Investitions- und Sanierungsanreize, damit der Vermieter mehr Wohnraum schaffen kann.“

Notwendiger Leerstand

Eine gewisse Leerstandsrate ist außerdem unbedingt notwendig, damit der Immobilienmarkt auch funktioniert, dass es also ein Gleichgewicht zwischen Nachfrage und auch Angebot gibt, erklärt Ehlmaier. Das bestätigt auch Rustler-Gruppe Geschäftsführer Michael Müller: „Nur so ist es möglich, gesamte Objekte wirtschaftlich sanieren oder anderweitig verwerten zu können.“ Holzapfel erkennt ebenfalls eine gewisse kritische Masse an Leerstand als notwendig, um überhaupt den Wohnungswechsel über die Bühne zu bringen: „Die Rücknahme eines Objektes, die Adaptierung und Sanierung brauchen einfach einen gewissen Zeitraum.“

Leerstandmelder quo vadis? Was hält die Branche von politischen Aktionen à la Leerstandmelder oder generell vom Leerstandsmanagement der Stadt Wien? Ehlmaier: „Der Leerstandsmelder zeigt auf interessante Art auf, ob ein Objekt leer steht, allerdings fehlen ja vollkommen die Informationen, warum Objekte nicht vermietet oder vermarktet werden. Es kann ja genauso gut sein, dass der Eigentümer auf die Baubewilligung wartet – und hier auch selbst Zeit und Geld verliert.“

Müller würde sich lieber gesetzliche Vorkehrungen zur flexiblen Vertragsbefristung wünschen: „Damit wären politische Instrumente überflüssig, da Hauseigentümer, allein um Betriebskosten zu sparen, die Mietobjekte zwischennutzen würden.“ Holzapfel schreibt diesen Instrumenten kein gutes Zeugnis aus: „Ein Leerstandsmelder würde wohl nur leere Kilometer produzieren. Der Eigentümer wird meist gute Gründe haben, warum er nicht vermietet.“ Beim ÖHGB findet man noch härtere Worte: Da es keine einheitliche Definition von Leerstand gebe, wisse man ja gar nicht, was man eigentlich melden soll.

„Deshalb halte ich von diesen populistischen Begriffen nichts, die lediglich zum Schnüffeln, Schlechtreden und Vernadern animieren. Der Leerstandsmelder wird schlussendlich seinem Namen gerecht – er wird leer stehen!“ ist Prunbauer überzeugt.