News

Leerstand muss wehtun

Sind es nun 20.000 Gemeindewohnungen die leer stehen oder nur 10.000 oder gar 30.000 oder nur 6.300, wie Wohnbaustadtrat Michael Ludwig in einer Anfragebeantwortung im Jahr 2016 behauptet? Allein die Debatte zeigt, dass der soziale Wohnbau dringend einer Reform unterzogen werden muss.
Michael Neubauer

Sind es nun 20.000 Gemeindewohnungen die leer stehen oder nur 10.000 oder gar 30.000 oder nur 6.300, wie Wohnbaustadtrat Michael Ludwig in einer Anfragebeantwortung im Jahr 2016 behauptet? Allein die Debatte zeigt, dass der soziale Wohnbau - sofern er weiter seinem sozialen Auftrag, günstigen Wohnraum für all jene zur Verfügung zu stellen, die sich am freien Markt nicht versorgen können, nachkommen will - dringend einer Reform unterzogen werden muss. Dass man damit keine Blumensträuße, geschweige denn Wahlen, gewinnen wird, liegt auf der Hand. Eines ist aber klar: Ist ein Gut knapp, so muss man damit sorgfältig umgehen. Leistbare Wohnungen sind knapp - warum also geht die Stadt damit nicht sorgfältiger um? Gemeindewohnungen müssen wieder verstärkt als Starthilfe für einkommensschwache Menschen wahrgenommen werden und nicht als Erbpacht einiger Priviligierter. Wie oft hört man im Umfeld, man habe eine „Gemeindewohnung“ geerbt? An einem transparenten Einkommensmonitoring wird wohl kein Weg vorbeiführen - oder die Stadt löste einen wahren Bauboom aus, der die Nachfrage nach leistbaren Wohnraum nachhaltig deckt. Wer mehr verdient, soll in seiner Wohnung zwar bleiben können. Eine soziale Durchmischung ist wichtig - beugt sie doch einer Ghettobildung, wie wir sie aus anderen Großstädten wie Paris kennen, vor. Aber die Miete muss dem Einkommen angepasst sein. Gerechtigkeit muss sein - der immer wieder ins Treffen geführte Slogan sollte auch auf das Mietrecht angewendet werden. Dass aber Gemeindewohnungen leer stehen, nicht weil sie gerade renoviert werden, sondern weil sie nicht bewohnt werden, kann nur einen Grund haben. Die Mieter haben Einkommensgrenzen erreicht, die eine weitere Unterstützung durch günstige Mieten nicht mehr bedürfen. Sie sind in der Lage, sich auf dem freien Markt mit Wohnraum zu versorgen. Die Kosten für das Behalten der Gemeindewohnung sind aber so gering, dass sie das Haushaltsbudget nicht belasten. Dem ist Einhalt zu gebieten, Herr Wohnbaustadtrat. Dem muss man einen Riegel vorschieben. Macht sich die nicht mehr benötigte, aber zurückbehaltene Gemeindewohnung im Haushaltsbudget bemerkbar, wird die Bereitschaft, diese für die Kinder oder Enkelkinder „aufzuheben“, schwinden. Auf den Punkt gebracht: Die Mieten in den Gemeindebauten müssen so günstig wie nötig, aber so teuer wie möglich sein. Leerstand muss wehtun.