Deutschland: Der Motor brummt. Auf dem deutschen Lager- und Logistikimmobilienmarkt wurde 2015 ein neues Rekordergebnis erzielt. Nach einer aktuellen Analyse des Immobilienberatungsunternehmens CBRE wurden in den zurückliegenden zwölf Monaten deutschlandweit durch Vermietungen und Eigennutzungen über 6,1 Millionen Quadratmeter Fläche umgesetzt. „Dank des sehr guten Konjunkturverlaufs mit einem hohen Konsumgüterumschlag und einem deutlichen Plus beim Onlinehandel sowie zuletzt wieder höheren Orderzahlen im Produktionssektor liegt der registrierte Flächenumsatz 5 Prozent über dem bisherigen historischen Spitzenergebnis aus dem Jahr 2011“, sagt Jan Linsin, Head of Research bei CBRE in Deutschland. Das bereits sehr gute Ergebnis aus dem Vorjahr wurde signifikant um 790.000 Quadratmeter beziehungsweise 15 Prozent übertroffen. Noch deutlicher fällt der Vergleich mit dem Fünf-Jahresdurchschnitt aus, welcher um rund ein Viertel überboten wurde.
Alleine BMW hat an drei Standorten über 400.000 Quadratmeter angemietet. Daneben trugen eine ganze Reihe weiterer Abschlüsse im mittleren bis großen Flächensegment zu dem sehr guten Ergebnis bei, wie beispielsweise die Anmietung des Onlinehändlers JAGO in Hückelhoven bereits in den ersten sechs Monaten oder die Eigennutzung von FIEGE Logistik im StarPark Halle im zurückliegenden vierten Quartal.
In den Logistikmärkten der Top-5-Standorte (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und München) konnte im zurückliegenden Jahr ein kumulierter Flächenumsatz von rund 2,2 Millionen Quadratmetern registriert werden. Damit liegt das Jahresergebnis 19 Prozent über dem Vorjahresergebnis und befindet sich mit 18 Prozent deutlich über dem fünfjährigen Mittel sowie auf einem ähnlichen Niveau des Spitzenumsatzes aus dem Jahr 2011.
Am deutschen Gewerbeimmobilienmarkt spielten Logistikimmobilien bisher lediglich eine Nischenrolle – in den letzten fünf Jahren flossen pro Jahr nur etwa 5,5 Prozent des gesamten Transaktionsvolumens in diesen Immobilientyp. Viele Gründe sprechen dafür, dass dieser Anteil künftig steigen wird. Gesamtwirtschaftlich gesehen ist die deutsche Logistikbranche ohnehin schon lange ein Schwergewicht. Seit Jahren verzeichnet sie höhere Wachstumsraten als die deutsche Wirtschaft insgesamt. Etwa 235 Milliarden Euro hat sie im Jahr 2015 erwirtschaftet und damit fast ein Viertel des gesamten europäischen Logistikvolumens. Da der Onlinehandel wahrscheinlich auch künftig kräftig zulegen wird, dürften auch die Wachstumsraten der Logistikbranche überdurchschnittlich bleiben. Investoren schreiben Logistikimmobilien inzwischen offenbar kaum höhere Investitionsrisiken zu als den Fachmarktzentren. Und wenn Amazon, Zalando und Co. ihr rasantes Wachstum fortsetzen können, ist eine weitere Renditeannäherung nicht unwahrscheinlich.
Sehr wahrscheinlich ist es sogar, dass Logistikimmobilien künftig einen dauerhaft höheren Anteil am Transaktionsvolumen aufweisen werden als die 5,5 Prozent der vergangenen fünf Jahre. Auch die Preisentwicklung verdeutlicht den gestiegenen Stellenwert von Logistikimmobilien. Seit 2009 sind die Anfangsrenditen im Logistikbereich um mehr als 2 Prozentpunkte zurückgegangen und damit stärker als bei allen anderen Nutzungsarten. Im Spitzensegment unterscheiden sich die Anfangsrenditen für Lagerhallen kaum noch von denen für Fachmarktzentren – zuletzt betrug die Renditedifferenz zwischen beiden nur noch 30 Basispunkte.
Erstmals wurde im Großraum Wien der Bestand an Logistikimmobilien umfassend erhoben, vermessen und bewertet. Die Ergebnisse hat CBRE nun im Logistikimmobilien Report zusammengefasst. Insgesamt verfügt der Großraum Wien über ca. 2,82 Millionen Quadratmeter Logistikflächen, mehr als die Hälfte entspricht Class B, rund ein Drittel Class A, der Rest Class C. „Class C bedeutet, dass die Immobilien aufgrund von Alter, Infrastruktur, Lage oder technischer Ausstattung nur noch sehr beschränkt nutzbar sind. Im Zuge der Erhebung konnten wir feststellen, dass rund zwei Drittel des Gesamtbestandes in und um Wien nicht als moderne Logistikimmobilien kategorisiert werden können“, so Felix Zekely, Head of Agency bei CBRE.
In Wien Süd bzw. Wien-Umgebung Süd ist der Anteil an Class A Logistikimmobilien am größten, im Osten ist die Überalterung am stärksten ausgeprägt. Im Großraum Wien entsprechen fast 10 Prozent oder 250.000 Quadratmeter an Logistikfläche einem Standard, der nicht mehr langfristig wirtschaftlich sinnvoll zu nutzen ist.
„Es gibt Nachfragepotential für Logistikimmobilien in und um Wien“, ist sich Zekely aufgrund der Bestandserhebung und Kategorisierung sicher. „Es ist davon auszugehen, dass in den kommenden Jahren deutlich mehr Anmietungen von neuen Terminals realisiert werden können – sofern solche entstehen und Investoren und Entwickler bereit sind, in Vorleistung zu gehen und einen Teil des Verwertungsrisikos im Rahmen spekulativer Planung und Errichtung zu tragen.“
Neuentwicklungen von Distributions- und Umschlagsimmobilien sind vor allem in Niederösterreich festzustellen. Dies ist eine Konsequenz aus dem Wachstum von Wien und aus der Verlegung von nicht arbeitsplatzintensiver Logistiknutzung aus der Stadt in das Umland. Im Norden Wiens, rund um Hagenbrunn, konnte ein Cluster gebildet werden. Straßhof wird mit der Erweiterung der S1 auch zunehmend attraktiver für Logistikimmobilien. Das Gebiet um den Flughafen Wien Schwechat, wo in Enzersdorf und Fischamend neue Logistikimmobilien entstehen, bietet ebenso sehr viel Potential. „Das kurzfristige Entwicklungspotential für 2016 sehen wir bei rund 130.000 Quadratmetern im Großraum Wien, soviel Fläche ist zumindest baugenehmigt und schnell realisierbar“, so Zekely. Die Herausforderung liegt in der Identifikation geeigneter Grundstücke, die auch die Entwicklerkalkulation trägt, welche wiederum auf erzielbaren Mietpreisen basiert. Geht man von der Bebauung von ca. 50 Prozent einer Liegenschaft aus und legt dieser marktübliche Baupreise für Logistikimmobilien zugrunde, dann kann der Grundstückspreis nicht über 100 Euro pro Quadratmeter liegen.
Neu errichtete Logistikzentren werden in Wien mittlerweile zu sehr wettbewerbsfähigen Preisen von rund 4,50 bis 4,90 Euro pro Quadratmeter angeboten. Zurückzuführen ist dies auf die niedrigen Renditen im Verkauf. „Mieter von Logistikzentren sind zurzeit klar im Vorteil in Österreich bzw. im Großraum Wien“, so Zekely.
„Das Potential für Logistikneubauten schätzen wir sehr hoch ein. Wir erwarten steigende Entwicklungs- sowie Vermietungsaktivität, darüber hinaus ein deutlich steigendes Investitionsvolumen in dieser Assetklasse“, so Zekely, der vor allem für Developer und Investoren mit Zugriff auf Liegenschaften, die den Anforderungen von Logistikimmobilienprojekten entsprechen, Chancen sieht.
Diese Chancen hat der Flughafen Wien längst erkannt. Mit dem „Airport-City“-Konzept, wie sich das Zukunftsprogramm nennt, will Österreichs größter Flughafen nicht nur seine Rolle als Drehscheibe für den Frachtverkehr festigen, sondern sich auch als Wirtschaftsstandort in der Ostregion positionieren. „Aktuell steht der Ausbau der „airside“ Logistikflächen am Programm. Wir bauen zusätzliche 13.000 Quadratmeter“, berichtet Peter de Leeuw, Head of Landside and Real Estate Development bei der Flughafen Wien AG. Airside bedeutet, dass diese ausschließlich dem schnellen Umschlag von Luftfracht vorbehalten sind. „Das sind keine klassischen Warehouseflächen. Dafür sind die Preise zu hoch.“ Die hohen Preie resultieren aus den hohen Baukosten. Denn für diese Bauten gelten nicht nur während des Betriebes, sondern auch bereits beim Bau besondere Sicherheitsbestimmungen. So dürfen diese eine gewisse Höhe nicht überschreiten.
Für den „normalen“ Logistikbetrieb würden sich mehr als 1000 Hektar brachliegende Fläche im Einzugsbereich des Flughafens förmlich an. So eignet sich beispielsweise eine Gewerbefläche bei Fischamend im Ausmaß von über 140.000 Quadratmetern ideal für Unternehmen, die eine unmittelbare Nähe zum Flughafen brauchen, wie zum Beispiel Logistikanbieter, aber auch Firmen, die Just-in-time-Factoring betreiben und ihre Waren schnell in alle Welt versenden wollen. „Dort können wir auch in die Höhe bauen“, so de Leeuw. Auf jeden Fall sieht der Immobilienprofi einen immer stärker werdenden Wettbewerb. „Logistiker haben bei ihren Preisen wenig Spielraum, diesen Druck geben sie an uns weiter.“
Schweizer Logistikflächen haben in der Vergangenheit tiefe Renditen abgeworfen, schreibt Maciej Skoczek, Immobilienanalyst bei UBS, über den Logistikmarkt. Mit dem Wachstum im Onlinehandel steigt die Bedeutung von Standorten in unmittelbarer Nähe der Ballungsräume. Grenznahe Flächen dürften hingegen aufgrund günstigerer Konkurrenz im Ausland an Attraktivität verlieren. Im globalen Tiefzinsumfeld wenden sich Investoren auf der Suche nach Rendite auch bisher weniger gefragten Immobilienanlagen zu.
Seit 2006 flossen in der Schweiz jährlich etwa 800 Millionen Franken in den Neu- und Umbau von Lagerflächen. Bei den Renditen sehen sich Investoren auf dem Schweizer Markt für Industrie- und Logistikliegenschaften aber seit Jahren einem Dilemma gegenüber. Gemäß Investment Property Databank (IPD) erzielten sie seit 2005 zwar eine durchschnittliche Einkommensrendite von 6,1 Prozent, was 1,5 Prozentpunkte höher ist als bei allen Schweizer Immobilien, mussten aber eine Wertverminderung hinnehmen.
Vom europaweiten Logistikboom scheint die Schweiz nur unterdurchschnittlich profitieren zu können. Gesamtschweizerisch erwartet Skoczek, dass die Preise für Logistikflächen deshalb auch in den nächsten Jahren unter Druck bleiben, obwohl die Flächenpreise in besten Lagen noch Aufwärtspotenzial bergen. In den übrigen Regionen steht und fällt der Erfolg der Investition vor allem mit der Drittverwendbarkeit.
Als erfolgreiche Strategie zur Vermeidung längerer Leerstände hat sich bei bisher realisierten Projekten die Flächenaufteilung in kleinere Einheiten, gepaart mit der Umnutzung zu einem Mix aus Wohn-, Büro- oder Gewerbeobjekten, bewährt. Fehlen jedoch dem Eigentümer die Mittel für einen Umbau oder schätzt er die Chancen für eine profitable Umnutzung als zu gering ein, können mit einem Verkauf mögliche Verluste begrenzt werden.
Negativ auf die Nachfrage nach Logistikflächen wird sich hingegen die Zunahme von günstigeren Alternativen im grenznahen Ausland auswirken. Ein Beispiel gefällig: Im Raum Basel kostet der Quadratmeter Lagerfläche durchschnittlich 100 bis 140 Franken pro Jahr. Zum Vergleich liegt der Mietpreis im deutschen Lörrach bei 65 bis 110 Franken.
Stark exportorientierte Firmen können mit einer Verlagerung ins grenznahe Ausland deutliche Ersparnisse erzielen. Weil die Schweizer Exporteure oft eigene Lagerhallen verwenden, die hohe Qualitätsanforderungen erfüllen, wurde dieser Option bisher wenig Beachtung geschenkt. Die aktuelle Frankenstärke macht eine Auslagerung jedoch attraktiver. Ziehen inländische Produzenten diese Option vor, wird die Nachfrage nach Logistikflächen in grenznahen Schweizer Gebieten deutlich zurückgehen.
TOP 3 TRENDS
Globalisierung und Rightshoring werden die Standortstrategien für Industrie und Logistik beeinflussen. Für Europa könnte die Zunahme von Reshoring und Nearshoring-Aktivitäten von Vorteil sein. Supply Chains werden zukünftig vermehrt nach Produktnachfrage aufgeteilt werden, damit sie sowohl schlank als auch flexibel bleiben.
Effiziente Stadtlogistik wird aufgrund des äußerst komplexen Last Mile Fulfillment und einer Reihe weiterer Herausforderungen, einschließlich des steigenden Wettbewerbs um Fläche, zunehmenden Straßenverkehrs und der wachsenden Bedeutung von Nachhaltigkeit, an Bedeutung gewinnen.
Entwickler und Investoren müssen darauf hinarbeiten, ihre Gebäude zukunftssicher zu gestalten. Noch vor 20 Jahren hatten Mobiltelefone gerade mal eine Funktion. Vor 15 Jahren war Amazon nur ein Online-Buchladen. Vor 5 Jahren waren Lieferungen am gleichen Tag nur für Pizza möglich. Während der Lebenszeit einer typischen Logistikimmobilie werden sich die operativen Abläufe auf jeden Fall ändern. Ein denkbares Szenario wären Fahrzeuge ohne Fahrer und Lager voller Roboter.