Kurzfristige Krisen dominieren die Schlagzeilen, doch es sind langfristige Entwicklungen, die Immobilienmärkte tiefgreifend verändern. Das zeigt eine neue Studie von neoshare Real Estate, in der zentrale Megatrends analysiert werden – darunter Demografie, Digitalisierung, Deglobalisierung, Dekarbonisierung und neu: Defense (Sicherheitspolitik).
Die Studie betont: Alle Nutzungsarten sind betroffen. Besonders Chancen sieht neoshare bei hochwertigen Immobilien, bei denen steigende Mieten zu einem beschleunigten Kapitalwertwachstum führen könnten. Gleichzeitig verschiebe sich der Fokus von Wertsteigerung (Capital Return) hin zu laufenden Einnahmen (Income Return).
„Megatrends entfalten ihre Wirkung oft langsam und schrittweise, doch ihr Einfluss ist tiefgreifend – sie verändern Marktlogiken, Nutzerverhalten und Investmentstrategien.“—Andreas Trumpp, Co-Head of Market Intelligence & Foresight bei neoshare.
Für Investoren sei es entscheidend, nicht auf kurzfristige Marktbewegungen zu reagieren, sondern die langfristigen Signale richtig zu deuten.
Der demografische Wandel bringt eine alternde Gesellschaft, kleinere Haushalte und steigende Lebenserwartung – mit konkreten Folgen: Es wird mehr kleinteiliger, barrierefreier Wohnraum benötigt. Auch flexible Wohnformen wie Co-Living und Shared Spaces gewinnen an Bedeutung.
Zudem setzt sich die Urbanisierung fort: Bis 2050 sollen laut Studie rund 80 % der Bevölkerung in Städten leben, was den Wohnraumbedarf in Ballungszentren erhöht – verstärkt durch Zuwanderung.
„Nahversorgungszentren und serviceorientierte Einzelhandelsflächen in urbanen, integrierten Lagen profitieren besonders – wenn sie als Mixed-Use-Konzepte weitergedacht werden“, sagt José Martinez, Geschäftsführer bei neoshare. Auch Life-Sciences- und Tech-Immobilien in spezialisierten Stadtclustern würden attraktiver – etwa wegen des steigenden Bedarfs an medizinischer Versorgung infolge von Zivilisationskrankheiten.
Digitale Technologien verändern, wie Menschen leben und arbeiten. Büros müssen flexibler werden, Logistikimmobilien auf schnelle Lieferketten reagieren. Die Nachfrage nach Rechenzentren wächst rasant – sie liegen an der Schnittstelle zwischen Infrastruktur und Immobilien und werden für Investoren zunehmend interessant.
Smarte Wohngebäude, digitale Zwillinge für das Management von Gebäuden und automatisierte Lieferlogistik sind Beispiele dafür, wie tiefgreifend die Digitalisierung die Anforderungen an Immobilien beeinflusst.
Die zunehmende Entkopplung globaler Handelsströme sorgt für eine Regionalisierung von Lieferketten. Industrie- und Logistikflächen in gut angebundenen Regionen profitieren davon. Gleichzeitig geraten Büros und Einzelhandelsflächen mit internationaler Ausrichtung unter Druck. Investoren schauen verstärkt auf Resilienz und lokale Nachfrage.
Klimapolitik und gesetzliche Vorgaben üben zunehmenden wirtschaftlichen Druck auf Bestandsgebäude aus. Energieeffizienz wird zum Muss – sonst drohen Wertverluste, Mietausfälle oder Nutzungsverbote.
„Die ESG-Vorgaben erhöhen den wirtschaftlichen Druck auf Bestandsimmobilien erheblich“, sagt Piotr Bienkowski, Geschäftsführer von neoshare. Vor allem ältere Büroobjekte in Randlagen stünden vor der Frage, ob eine klimaneutrale Nutzung überhaupt noch wirtschaftlich machbar sei. Ohne umfassende Sanierung drohten Verluste – dabei seien staatliche Förderungen genauso nötig wie die Flexibilität von Behörden.
Die steigenden Verteidigungsausgaben in der EU verändern ebenfalls die Immobilienlandschaft. Rüstungsunternehmen suchen Flächen, die früher für andere Branchen vorgesehen waren – etwa ehemalige Standorte der Automobil- oder Maschinenbauindustrie. Auch Lager- und Logistikimmobilien mit höheren Sicherheitsstandards gewinnen an Bedeutung.
„Sicherheit rückt als viertes Anlagekriterium nachhaltiger Investments in den Fokus“, so Trumpp. „Aus ESG könnte künftig also ESSG werden, mit ‚Security‘ als weiterer Dimension.“