Erstmals seit 2005 sinken Mieten in Deutschland, so der aktuelle F+B-Wohn-Index, dessen Grundlage Angebotsdaten von knapp 30 Millionen Immobilien in Deutschland abbildet. Ob der Trend anhält, ist allerdings ungewiss. Die Stagnation könnte auch ein Anzeichen dafür sein, was Mieter sich noch leisten können – und was Vermieter dementsprechend verlangen können.
Im ersten Quartal 2019 betrug die Angebotsmiete für eine Standardwohnung 9,30 Euro pro Quadratmeter, 20 Cent weniger als im letzten Vorjahresquartal. Ob der leichte Rückgang von 1,7 Prozent eine Reaktion auf Mieterproteste und öffentliche Debatte über die staatliche Regulierung des Wohnungsmarktes sei, müssten die folgenden Monate zeigen, erklärte F+B-Geschäftsführer Bernd Leutner bei der Präsentation der aktuellen Zahlen. „Ob sich dieser Trend auch in den nächsten Quartalen festigt, ist wahrscheinlich eine der spannendsten Fragen“, so Leutner.
Rufe nach radikalen Maßnahmen
Angesichts der gerade in Städten rasant steigenden Mieten sind die Rufe nach radikalen Maßnahmen lauter geworden - und wie so oft redet man aneinander vorbei. Für F+B-Geschäftsführer Bernd Leutner werden hier erhebliche Kommunikationsdefizite zwischen den wirtschaftlichen und politischen Eliten sowie den ‚normalen‘ Stadtbewohnern sichtbar. Er plädiert für deutlich mehr politischen Mut, auch unangenehme Wahrheiten zu benennen und auszuhalten. Politische Argumente müssten die emotionalen Befindlichkeiten, Ängste und Wut ernst nehmen und diese Kommunikationsebenen nicht ins diskursive Abseits wegdefinieren. Andererseits müssen aber auch Instrumente eingesetzt werden, die kurz- und mittelfristig nachweisbar Wirkung entfalten.
Hier einige seiner Thesen:
„Wer die Ausweisung neuer Baugebiete durch Bürgerbegehren und Anwohnerproteste (wie gegen die Bebauung des Tempelhofer Feldes in Berlin) verhindert, kann nicht gleichzeitig die Wohnungsnot in den Städten und steigende Mieten anprangern.“
„Es gibt politische Ziele, die sich ausschließen, die daraus entstehenden Konflikte müssen demokratisch entschieden werden. Der zentrale Widerspruch manifestiert sich nach Ansicht von F+B aktuell zwischen den Erfordernissen einer expansiven Baupolitik und einer extrem restriktiven Umweltpolitik. Wer propagiert, dass bauökonomische, soziale und ökologische Ziele völlig harmonisch gleichzeitig verfolgt werden können, macht sich unglaubwürdig.“
„Preise zeigen die Knappheit von Gütern an. Wenn München, Freiburg, Berlin-Kreuzberg und der Hamburgern Szenestadtteil Ottensen eine solche Sogwirkung entfalten, dass die Mehr-Nachfrage auch durch eine noch so expansive Baupolitik niemals befriedigt werden kann, steigen die Preise bis zu dem Punkt, an dem sich viele Nachfrager diese Preise nicht mehr werden leisten können. Versuche, dieses banale ökonomische Prinzip durch staatliche Subventionen auszuhebeln, um einem wie immer gearteten Gleichheitsgrundsatz („die Stadt gehört allen“) zu genügen, führen zu einem weiteren Gerechtigkeitsproblem. Warum sollten die Steuerzahler in Pirmasens oder Eisenhüttenstadt die Wohnkosten der Mieter in den teuren In-Stadtvierteln heruntersubventionieren?“
Auch wir sollten darüber nachdenken.