Trotz der langen geschlossenen Grenze zur Schweiz und der damit für den Messepark fehlenden Schweizer Kundschaft meldet sich nun der Messepark furios wieder an der Spitze zurück.
„Das ist in der Tat eine Überraschung, mit der wir so nicht gerechnet hatten. Offensichtlich wurden die Schweizer Kunden durch Vorarlberger kompensiert, welche nun verstärkt im eigenen Bundesland ihr Geld gelassen und auf Einkaufsfahrten ins benachbarte Ausland verzichtet haben“ kommentiert Joachim Will dieses Ergebnis.
Will ist Geschäftsführer der Wiesbadener Wirtschaftsberatung ecostra, welche diesen Report im jährlichen Turnus erstellt.
Neben dem Messepark war eine vergleichbare Entwicklung auch bei anderen Vorarlberger Einkaufszentren zu beobachten. So schaffte es das GWL in Bregenz, hinter dem Riverside in Wien-Liesing, auf den dritten Platz im Ranking. Der im Süden Vorarlbergs in Bludenz-Bürs lokalisierte Zimbapark befindet sich ebenfalls in den Top 10. In der Kategorie der Fachmarktzentren hat das Shopping Haidäcker Park in Eisenstadt (Burgenland) erstmals die Krone des Spitzenreiters erobert, gefolgt vom GEZ West in Gleisdorf (Steiermark) und dem Gewerbepark Stadlau in Wien. Dabei wird von den befragten Mietern die Wirtschaftlichkeit der Shops in Fachmarktzentren besser bewertet als jene in geschlossenen Mall-Centern.
Will: „Das war auch in der Vergangenheit schon so, hat sich aber unter den Bedingungen der Corona-Pandemie nochmals merklich verstärkt. Gerade bei den Shoppingcentern hat Corona das Ranking geradezu durcheinander gewirbelt. Center-Standorte mit einer klaren Nahversorgungsprägung sind nach oben katapultiert worden.“
Als Beispiel nennt er das Stadtteilzentrum west in Innsbruck, das sonst immer in den hinteren Bereichen des Rankings zu finden war und nun in die Top 10 vorgestoßen ist.
„Der Erfolg des west basiert wesentlich auf dem Umstand, dass dieses Center mit Merkur, Hofer und einem Müller-Drogeriemarkt über starke Nahversorgungsanker verfügt und dies nun in diesen Zeiten ausspielen kann“, erläutert der ecostra-Chef.
Auch das Riverside in Wien fällt in diese Kategorie der Nahversorgungszentren und hat sich von einem 26. Platz im Centerranking 2020 auf den zweiten Stockerlplatz verbessert. Nichtsdestotrotz konnten sich verschiedene modelastige und großdimensionierte Flaggschiffe des Handels in diesen stürmischen Zeiten ebenso gut behaupten. Der von einem weiträumigen Einzugsgebiet profitierende Europark in Salzburg findet sich wieder in den Top 10 und auch die Plus City in Pasching und das dez in Innsbruck haben von ihren Mietern weiterhin gute Bewertungen erhalten.
Schlusslichter des Center-Ranking sind in diesem Jahr mit der Shopping Arena und dem Forum 1 zwei Salzburger Center, wobei die im Süden der Stadt Salzburg in der Alpenstraße gelegene Shopping Arena die „rote Laterne“ hält. An drittletzter Stelle findet sich die Bahnhofcity im Wiener Hauptbahnhof.
„Die beiden Salzburger Einkaufszentren wurden bereits in den Vorjahren von den Mietern kritisch bewertet und haben offensichtlich auch keine besonders ausgeprägte Nahversorgungsfunktion, mit der sie in diesen Zeiten punkten können. Beim Wiener Hauptbahnhof als Standort, der wesentlich von den Frequenzen der Reisenden lebt, hat sich vor allem der Rückgang der Reisetätigkeit und die Verlagerung der Arbeit in das Home Office bemerkbar gemacht. Das spiegelt sich natürlich in den Kassen der Mieter“ konstatiert Thomas Terlinden, der als Projektleiter bei ecostra für die Durchführung der Mieterbefragungen verantwortlich ist.
Die im Zuge der Infektionsschutzmaßnahmen behördlich verordneten Maßnahmen, wie Ladenschließungen und Zugangsbeschränkungen, haben den Handel durchwegs einem enormen wirtschaftlichen Druck ausgesetzt. Etwa 32 % der befragten Filialisten haben angegeben, dass ihr Unternehmen durch Corona in ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist. In Reaktion haben über zwei Drittel der Centermieter ihre Mietzahlungen entweder ganz oder teilweise ausgesetzt, wobei aufgrund dessen mit 15 % der Befragten aber nur ein vergleichsweise geringer Anteil in juristische Auseinandersetzungen mit Vermietern verwickelt ist.
Will: „Scheinbar wurden in vielen Fällen einvernehmliche Lösungen gefunden, da es auch für die Centerbetreiber von großer Bedeutung ist, dass nach Wiedereröffnung die Mieter noch vorhanden sind und nicht Ladenleerstände und heruntergelassene Rollbalken das Bild dominieren.“ Gleichwohl ist davon auszugehen, dass nach dem Lockdown der Druck auf die Mieten anhält. Etwa 80 % der befragten Filialisten wollen ihre Miethöhe nachverhandeln. Thomas Terlinden: „Bei der Vergleichsuntersuchung im deutschen Shoppingcenter-Markt hatten wir ein fast identisches Ergebnis. Es zeigt sich zudem, dass die Mieter mit einer gewissen Skepsis die weitere wirtschaftliche Entwicklung ihrer Standorte betrachten. So gehen 75 % der Filialisten davon aus, dass die restriktiven Maßnahmen während der Corona-Pandemie zu einer nachhaltigen Verlagerung von Umsatzanteilen aus dem stationären Handel in das Internet führen werden. Auch dieser Wert deckt sich mit den Ergebnissen aus Deutschland.“
In der weiteren Standortexpansion drücken die Filialisten erst einmal auf die Bremse. Innerhalb der nächsten 12 Monate plant im Durchschnitt jeder Befragte die Neueröffnung von 3,0 Geschäften in Österreich, wobei hier vor allem Standorte in Fachmarktzentren nachgefragt sind. Im Vorjahr waren noch durchschnittlich 4,1 Neueröffnungen geplant. Gleichzeitig sollen im Mittel 1,6 Geschäfte geschlossen werden, so dass sich per Saldo immer noch ein positiver Wert ergibt. Der ecostra-Geschäftsführer interpretiert dies als grundsätzlich gutes Zeichen.
Will: „Trotz aller Skepsis über die weitere Entwicklung und den anhaltenden Marktanteilsgewinnen der Online-Shops setzen die Filialisten auch zukünftig auf den stationären Handel, agieren aber in der Expansion vorsichtiger. Wir haben wenig Zweifel, dass die guten Standorte – Einkaufszentren ebenso wie Geschäftsstraßen – weiterhin gefragt sein werden. Allerdings werden die Laufzeiten der Mietverträge wohl kürzer, es werden häufig beidseitige Ausstiegsklauseln aufgenommen und die bislang bekannten Spitzenmieten dürften weitgehend Geschichte sein.“