Das gestern von der Regierung vorgestellte Paket zur Eindämmung der Mieten hat eine Hürde zu überwinden. Denn wie der nunmehr vorliegende Gesetzesentwurf zeigt, ist die Neuregelung als Verfassungsbestimmung angelegt. Das heißt, die Koalition benötigt für einen Beschluss die Zustimmung von SPÖ oder Freiheitlichen. Beide zeigten sich jedoch am Donnerstag ablehnend.
Dass es eine Verfassungsbestimmung braucht, begründet man in der ÖVP mit entsprechenden juristischen Empfehlungen. Immerhin wird mit dem Paket auch in Verträge eingegriffen. Ganz ausschließen will man aber nicht, dass allenfalls noch eine einfachgesetzliche Regelung gewählt wird, sollte man sich mit der Opposition nicht einigen.
Aus dem Justizministerium hieß es auf APA-Anfrage, die Änderungen hätten Auswirkung auf eine Vielzahl bestehender Verträge. Durch die Ausgestaltung als Verfassungsbestimmung solle die zu beschließende Regelung rechtlich abgesichert werden.
Johann Singer (ÖVP) und Nina Tomaselli (Grüne), die den Mietpreisdeckel verhandelten, verkündeten am Donnerstagnachmittag in einer Aussendung, mit einer Verfassungsbestimmung Mieter schützen zu wollen: "Wir wollen die Ersparnis durch den neuen Mietpreisdeckel für die Mieter:innen gesetzlich wasserdicht machen und sie vor allfälligen Klagen schützen." Experten hätten dazu geraten, denn Vermietern würden in den kommenden Jahren Verluste entstehen können, die sie ohne Schutzbestimmung für Mieter in der Verfassung möglicherweise geltend machen könnten. Es sei aber nicht die Intention, "dass der Gesetzgeber in Zukunft bei Änderungen des Mietrechtsgesetzes oder der Valorisierungsbestimmungen eine Zweidrittel-Hürde nehmen muss".
Bei dem Gesetz geht es nicht nur darum, dass die Mieten die kommenden drei Jahre nicht mehr als jeweils fünf Prozent steigen dürfen. Es wird auch die Berechnungsmethode in mehreren Punkten umgestellt. Auch dürfen etwa bei Kategorie- und Richtwertmieten selbst nach Ablauf der drei Jahre Mieten nicht unbeschränkt aufgestockt werden.
Fällt der jeweilige Wert über fünf Prozent aus, darf nur die Hälfte dieses Satzes dem Mieter vorgeschrieben werden. Wenn sich also ein Anpassungswert von beispielsweise sechs Prozent ergibt, können nur 5,5 Prozent verlangt werden. Auch werden künftig Richtwerte jährlich und nicht mehr alle zwei Jahre valorisiert, damit es zu keinen so großen Sprüngen wie aktuell kommt. Bei Kategoriemieten wiederum kann es laut dem Gesetz künftig nur noch eine Erhöhung pro Jahr geben.
Vom Mietdeckel an sich war die Opposition gestern schon wenig begeistert. Nunmehr ist man dabei, den erst seit dem Abend vorliegenden Gesetzesentwurf zu studieren. Der erste Eindruck ist wohl kein guter. Während Wohnbausprecher Philipp Schrangl (FPÖ) im Ö1-"Mittagsjournal" noch recht freundlich meinte, man könne dem gegenwärtigen Entwurf noch nicht zustimmen, sei aber verhandlungsbereit, war seine schriftliche Reaktion am Nachmittag vehement ablehnend. Die Pläne kämen zu spät und gingen viel zu wenig weit. Vielmehr brauche es etwa die Schaffung einer gesetzlichen Regelung zum Einfrieren der Richtwert- und Kategoriemieten bis inklusive 2026 sowie eine lndexierungsmöglichkeit von maximal zwei Prozent über alle Mietformen.
Nicht freundlicher fiel die Reaktion der SPÖ aus, für die sich ihr geschäftsführender Klubobmann Philip Kucher per Aussendung zu Wort meldete. Es komme für seine Partei nicht in Frage in die Verfassung zu schreiben, dass die Mieten jedes Jahr erhöht werden. Damit werde auch für die Zukunft verhindert, dass mit einfacher Mehrheit Mieten gesenkt oder Mieterhöhungen ausgesetzt werden können. Eine Entkoppelung der Mieten vom Verbraucherpreisindex wäre politisch de facto verhindert. Die SPÖ würde dagegen alle Mieterhöhungen zurücknehmen.
ÖVP-Mandatar Singer hofft dennoch auf konstruktive Verhandlungen: "Die Opposition ist eingeladen, sich und die Fachkunde ihrer Expert:innen in die Gestaltung des Gesetzes einzubringen", meinte er.
Der Gesetzesentwurf ist gestern nach einer Sondersitzung des Nationalrats eingebracht worden und wird in den kommenden Wochen im zuständigen Ausschuss beraten. Ein Beschluss im Plenum könnte schon im Oktober fallen. (apa)