Das COVID-19-Maßnahmengesetz der Bundesregierung und die damit verbundene Verordnung über vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung des Virus haben direkte Auswirkungen auf den Immobilienbereich. Vorerst ist das Betreten der Kundenbereiche bestimmter Geschäfte des Handels und von Dienstleistungsunternehmen sowie Freizeit- und Sportbetrieben zum Zweck des Warenerwerbs, der Inanspruchnahme von Dienstleistungen oder der Benützung von Freizeiteinrichtungen untersagt. Das hat direkte Folgen für Mieter und Vermieter.
Wenn der Mieter den Mietgegenstand aufgrund außergewöhnlicher Fälle wie COVID-19 gar nicht benutzen kann, muss kein Mietzins bezahlt werden. Ist das Mietobjekt nur teilweise für den vereinbarten Gebrauch wie beispielsweise als Verkaufsraum nutzbar, so muss der Mietzins gemäß § 1105 ABGB nur teilweise entrichtet werden.
„Es sind auch Abweichungen von den gesetzlichen Regelungen möglich: So könnte zum Beispiel geregelt werden, dass der Mieter das Risiko von außerordentlichen Zufällen wie Epidemien trägt. Derartige Regelungen können im Rahmen der gesetzlich zulässigen Grenzen wirksam vereinbart werden“, erklärt dazu Gabriele Etzl, Partnerin bei JWO/Deloitte Legal. „Es sollte daher in jedem Einzelfall geprüft werden, ob und inwieweit Ansprüche des Mieters auf Mietzinsminderung auch tatsächlich bestehen.“
Fraglich ist, ob der Anspruch auf Entfall oder Reduktion der Miete auch auf Mieter von Büros zutrifft. Es gibt derzeit keine verordneten Schließungen von Büros, sondern lediglich den Aufruf zu Home Office. Jedoch könnten auch hier möglicherweise Ansprüche auf Mietentfall oder -reduktion bestehen. Da es naturgemäß wenig Judikatur zum Thema gibt, kann diese Frage nicht eindeutig beantwortet werden und muss im Einzelfall betrachtet werden.
„Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, dass der Vermieter Anspruch auf Entschädigung aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds aufgrund von Mietzinsausfällen hat. Hier bleibt allerdings abzuwarten, welche speziellen Verordnungen dazu noch erlassen werden“, ergänzt Gabriele Etzl.
Der Mieter ist verpflichtet, den Bestandgegenstand gesichert zu hinterlassen. So hat er jene Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich sind, um ernste Schäden hintanzuhalten und Versicherungsleistungen zu wahren.
„Wie bei jeder längeren Abwesenheit muss der Mieter beispielsweise den Hauptwasserhahn abdrehen. Sofern es zumutbar und rechtlich möglich ist, ist der Mieter auch verpflichtet, in gewissen Abständen den Zustand des Bestandobjektes auf ernste Schäden hin zu überprüfen“, betont die Immobilienexpertin.
Wenn der Mietgegenstand nicht benützt werden kann, besteht jedoch keine Betriebspflicht. Weder ist der Vermieter verpflichtet, den vereinbarten Gebrauch zur Verfügung zu stellen, noch ist der Mieter verpflichtet, das Bestandobjekt zu betreiben. Konsequenterweise bestehen auch keine Schadensersatzansprüche.
Nachdem die derzeitige Situation den Mietgegenstand nur vorübergehend für die vereinbarten Zwecke unbrauchbar macht, ist laut Deloitte Legal derzeit davon auszugehen, dass der Mieter nicht zur außerordentlichen Auflösung des Mietvertrages berechtigt ist. Für den Vermieter trifft selbiges zu.
Das Gesetz sieht abweichende Regelungen bei Pachtverträgen für Unternehmen vor. Gemäß § 1105 ABGB ist der Pächter nur dann zum Erlass des Pachtzinses berechtigt, wenn der Pachtgegenstand noch beschränkt brauchbar ist, und durch den außerordentlichen Zufall die Nutzung des nur auf ein Jahr gepachteten Objektes um mehr als die Hälfte des gewöhnlichen Ertrages gefallen ist.
Der Pächter hat dabei Anspruch auf eine aliquote Reduzierung des Pachtzinses. Bei Pachtverträgen mit einer Dauer von mehr als einem Jahr hat der Pächter keinen Anspruch auf Pachtzinsreduktion, wenn der Pachtgegentand noch beschränkt brauchbar ist.
„Diese Regelung kann möglicherweise für gepachtete Restaurants mit Lieferservice relevant sein. Bestandverträge in Einkaufszentren sind nach der Judikatur der Höchstgerichte in der Regel nicht als Pachtvertrag, sondern als Mietvertrag zu qualifizieren“, so Gabriele Etzl abschließend.