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Nachhaltig bauen – wofür?

Ein Kommentar von Andreas Kreutzer, Geschäftsführer des Beraternetzwerks Fischer & Partner mit Sitz in Wien
Andreas Kreutzer
KREUTZER
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© REMG

Das Thema „Nachhaltigkeit“ wird in den letzten Jahren verstärkt auch im Zusammenhang mit Infrastruktur diskutiert. Für viele steht zweifelsfrei fest: Eine „grüne“ Zukunft ist ohne „nachhaltige Infrastruktur“ nicht denkbar. Doch was versteht man darunter genau? Geht es etwa um die Dekarbonisierung des Gebäudebestands, um Kreislaufwirtschaft und Baustoff-Recycling, die Schaffung beziehungsweise Nutzung erneuerbarer Energie oder um bauliche Maßnahmen, um mögliche negative Folgen des Klimawandels auf die Infrastruktur (und damit auf die Bevölkerung) abzufedern? Denn eines ist sicher: Mit nachhaltigem Bauen in Österreich wird man den Klimawandel nicht stoppen. Zur Erinnerung: Der Anteil Österreichs am globalen Kohlendioxid-Ausstoß beträgt 0,2 Prozent. Das ist weniger als die Messtoleranz. Selbst wenn Österreich gar keine Schadstoffe mehr emittiert, wird man beispielsweise Extremwetterereignisse nicht verhindern können. Um das Klima zu retten, müsste der Hebel primär in Asien und den USA angesetzt werden, die zusammen für nahezu 70 Prozent der weltweiten Kohlendioxid-Emissionen verantwortlich sind.

Im deutschen Sprachraum wird Nachhaltigkeit zumeist mit Umweltbelangen kontextuiert. Dabei hat „Nachhaltigkeit“ auch eine wirtschaftliche Dimension. Und diese ist nicht minder wichtig. Nachhaltig zu bauen kann nämlich auch bedeuten, wirtschaftlich sinnvoll zu bauen, sowohl hinsichtlich des Einsatzes von natürlichen Ressourcen, Material und Energie als auch der Personalkapazitäten. Zudem kann nachhaltiges Bauen dazu führen, Abhängigkeit zu reduzieren, zum Beispiel von in Monopolen oder Oligopolen organisierten Rohstofflieferanten, von aus- und inländischen Energieerzeugern oder staatlichen Besteuerungssystemen. Und schlussendlich subsumiert Nachhaltigkeit auch Kosteneffizienz, ohne dafür entscheidende Qualitätsmerkmale zu opfern.

Wenn Nachhaltigkeit bei Infrastrukturprojekten im Wesentlichen ökonomisch verstanden werden würde, könnte neben einem (kleinen) Umweltbeitrag ein substanzieller volkswirtschaftlicher Nutzen generiert werden. Möglicherweise sollten sich die öffentliche Hand oder private Investoren von Infrastrukturprojekten ein Beispiel an den „kleinen Leuten“ nehmen. Wenn ein Eigenheimbesitzer sich eine Photovoltaik-Anlage auf sein Hausdach montieren lässt, macht er das primär, um Stromkosten zu sparen. Umweltaspekte spielen bestenfalls eine Nebenrolle. Die sind bloß Marketing.

Zum Autor:

Andreas Kreutzer ist Geschäftsführer des Beraternetzwerks Kreutzer Fischer & Partner (KFP) mit Sitz in Wien. Seit nahezu 30 Jahren unterstützt KFP unter anderem Unternehmen bei Marktanalysen und Projekten.