Die hoch gepriesene Globalisierung der vergangenen Dekaden entwickelte sich 2020 zur Wurzel allen Übels: Ein Virus, das auf einem Markt in China vermeintlich seinen Ursprung fand, verbreitete sich in rasendem Tempo über den gesamten Globus – Menschen auf (Dienst-)Reisen sei Dank. Während nun viele aufgrund der von der Regierung ausgerufenen Beschränkung der Reisefreiheit auf ihren diesjährigen Urlaub mit mehr oder weniger überschaubaren Verlusten verzichten mussten und Videokonferenzen anstelle von Dienstreisen zum Usus wurden, hatte der plötzliche Stopp von Produktionen und Transporten weitreichende Folgen
Selbst Unternehmen, die sich den ausschließlich regionalen Bezug von Produkten und Materialien auf die Fahnen heften können, kamen aufgrund der Corona-Krise in wirtschaftliche Schwierigkeiten, standen auch in Österreich für einige Wochen beinahe alle nicht systemrelevanten Betriebe still. Schlimmer traf bzw. trifft es jene, die auf Lieferungen und Arbeitskräfte aus dem Ausland angewiesen sind, wie z.B. die Baubranche. Mittlerweile sind die Grenzen zu Österreichs Nachbarländern wieder so gut wie uneingeschränkt passierbar, doch der Verzug, der sich bei vielen Projekten ergab, ist so schnell nicht wieder aufzuholen. Bei Produkten bzw. Rohstoffen, die beispielsweise aus Südamerika oder Asien importiert werden, ist auch weiterhin mit Lieferschwierigkeiten zu rechnen.
Und obwohl auch der Bezug von Produkten, die zur nachhaltigen Entwicklung von Immobilienprojekten benötigt werden, derzeit nicht uneingeschränkt möglich ist, wurde die Bedeutung von nachhaltigen Maßnahmen insbesondere im Wohnbau noch stärker sichtbar: Ein Großteil der Österreicherinnen und Österreicher verbrachten im ersten Halbjahr 2020 so viel Zeit Zuhause, wie sonst nie. Dies hatte einen gestiegenen Energieverbrauch – u.a. bedingt durch Home-Office – zur Folge, der nur durch Umsetzungen, die einer Steigerung der Energieeffizienz dienlich sind, nicht in explodierenden Energiekosten resultierte. Auch mikroklimatische Effekte, beispielsweise hervorgerufen durch die Begrünung von Fassaden, Innenhöfen und Dächern, machten sich schon vor dem Sommer bemerkbar, ebenso wie effizient geschnittene Grundrisse, die z.B. die Möglichkeit zum Querlüften bieten. Wurde in Wohnbauprojekten auch dem sozialen Aspekt der Nachhaltigkeit Rechnung getragen, so konnten sich die Bewohnerinnen und Bewohner während der Ausgangsbeschränkungen über räumliche Abwechslung, wie mit Sportgeräten ausgestattete Gemeinschaftsräume, freuen. Die logische Schlussfolgerung daraus: Nachhaltigkeit im Wohnbau ist nicht nur ein Zeichen für den Klimaschutz, auch die darin wohnenden Menschen profitieren davon – insbesondere in Krisenzeiten –, weshalb Bauträger auch in Zukunft noch stärker darauf setzen sollten.
Ingrid Fitzek-Unterberger ist Präsidentin des Salon Real - Club von und für Frauen in der Immobilienwirtschaft, Bereichsleiterin Marketing & Kommunikation der BUWOG Group, zuständig für Österreich und Deutschland.