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Neue Anzeichen für alte Gefahren

Die erneute Einschränkung der russischen Gaslieferungen verstärkt die Rezessionssorgen. Mark Dowding, Chief Investment Officer bei BlueBay Asset Management schreibt in seinem Kommentar über das bestehende Risiko einer Schuldenkrise in Italien und enttäuschende Konjunkturdaten in den USA.
Lisa Grüner
Neue Anzeichen für alte Gefahren
© ImmoFokus

In der Eurozone hat sich die Stimmung weiter verschlechtert, da die erneute Einschränkung der russischen Gaslieferungen die Rezessionssorgen verstärkt. Aktuell sieht es aus, als werden die Gasreserven gegen Ende des Winters erschöpft sein. In den kommenden Monaten könnte daher eine Rationierung unvermeidlich sein. Diese dürfte sich spürbar auf die Produktion auswirken.

Deutschland und Italien sind die beiden großen Volkswirtschaften, die am stärksten von russischen Gasimporten abhängig sind. In Italien wird die Wirtschaft ein wichtiger Faktor für den bevorstehenden Wahlkampf sein. Die Energiekrise scheint die Politik in eine populistischere Richtung zu treiben. Um deren negative Auswirkungen auf die Verbraucher zu begrenzen, werden Steuersenkungen und Stützungsmaßnahmen diskutiert.

Das könnte die italienische Verschuldung von aktuell mehr als 150 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen lassen und zu einer Ausweitung der Zinsaufschläge für italienische Staatsanleihen führen. Es ist nicht klar, ob das neu vorgestellte Transmissionsschutzinstrument (TPI) der Europäischen Zentralbank hier viel ausrichten kann – vor allem, da sich die Spreads in der übrigen Eurozone kaum verändern.

Sollte die EZB das TPI aktivieren, um italienische Anleihen zu stützen, könnte dies als grünes Licht für fiskalische Disziplinlosigkeit gewertet werden. Außerdem hat man nicht das Gefühl, dass das Instrument schon einsatzbereit ist.

Es besteht also das Risiko, dass sich die jüngste Spread-Ausweitung nach der Wahl zu einer italienischen Schuldenkrise alten Stils entwickelt.

In den USA hat die Notenbank Federal Reserve (Fed) die Leitzinsen um 75 Basispunkte auf 2,25 Prozent erhöht, um auf die überschießende Inflation zu reagieren. Dabei wiesen die Währungshüter darauf hin, dass sich das Tempo der Straffung nun verlangsamen könnte. Das wurde von den Finanzmärkten positiv aufgenommen und passt zur Annahme, dass der Zins-Höhepunkt bereits in wenigen Monaten erreicht sein könnte.

Die weitere Entwicklung wird jedoch vollständig von der Datenlage abhängen. Bis zur nächsten geldpolitischen Sitzung im September werden zweimal Inflations- und Arbeitsmarktdaten veröffentlicht. Daher wird es für die Fed in den kommenden Wochen viel zu bewerten geben.

Da die US-Renditen gestiegen sind, neigen wir zu einer kurzen Duration. Wir bezweifeln, dass die Wachstumsaussichten in den USA so schlecht sind, wie viele derzeit befürchten. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Höchststand der Zinsen früher erreicht wird als noch vor einigen Monaten befürchtet wurde.

Unserer Einschätzung nach wird ein Anstieg der US-Zinsen auf über 4 Prozent die Wirtschaft mit ziemlicher Sicherheit in eine Rezession stürzen. Ein Höchststand von 3,5 Prozent dürfte hingegen kaum zu einem wesentlichen Rückgang der Wirtschaftsleistung führen. Apropos: Mit Blick auf die schwächer als erwartet ausgefallenen Konjunkturdaten für das zweite Quartal schließen wir uns dem Fed-Vorsitzenden Jerome Powell an. Die ersten Zahlen liefern ein schlechtes Abbild des Konjunkturverlaufs, da es im Laufe der Zeit unweigerlich zu Revisionen kommt und andere Indikatoren wie der Arbeitsmarkt relativ stark sind.