Die UBM befindet sich gerade in einem spannenden Konversionsprozess in Richtung Holzbau beziehungsweise Holzhybridbau. Wie ist es dazu gekommen, Herr Winkler?
Thomas G. Winkler: Wir waren der größte Hotelentwickler Europas und dann kam die Pandemie. Und wenn man eines nicht sein möchte, wenn es eine weltweite Pandemie gibt, dann der größte Hotelentwickler Europas. Daher mussten wir uns überlegen, wie wir uns strategisch neu positionieren. Welche Megatrends gibt es beziehungsweise welche nachhaltigen Entwicklungen sind auszumachen? Wir hatten zu diesem Zeitpunkt schon mit Holzbau experimentiert. Und so haben wir entschieden, aus der Not eine Tugend zu machen und in Frankfurt anstatt eines Leonardo-Hotels mit 350 Zimmern mit dem UBM Timber Pioneer das erste Holzhybridhaus der Stadt zu bauen.
Das klingt etwas riskant…
Winkler: Wir haben gewusst, dass wir mit der Unterstützung der Politik rechnen können, weil die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die das Nebengebäude als Hauptquartier nutzen wird, in Deutschland ein sehr hohes Ansehen genießt. Andererseits haben wir gedacht: Wenn wir schon ein baugenehmigtes Projekt, wie die Deutschen sagen, „in die Tonne kloppen“, dann müssen wir etwas spektakuläres Neues machen. So ist es in groben Zügen zum Konversionsprozess gekommen. Mittlerweile sehen wir den Holzbau nicht nur als Trend, sondern als echte Haltung. Als wir anfingen, wollten wir 50 Prozent Holzbau machen und einige meinten, es wäre schon gut, wenn es jedes fünfte Projekt wäre. Heute sind wir so weit, dass wir in Zukunft zu 90 Prozent Holzbau machen möchten. Aktuell haben wir eine Pipeline von mehr als 250.000 Quadratmetern. Uns ist nicht bekannt, dass jemand anderes so viel Holzbau macht.
Herr Wiesner, wie ist Ihre Wiehag mit der UBM zusammengekommen, was ist da die Hintergrundgeschichte?
Erich Wiesner: Ich habe gelesen, dass sich die UBM strategisch neu auf „green. smart. and more.“ ausrichtet und verstärkt in den Holzbau gehen will. Da ist mir eingefallen, dass ich Thomas Winkler kenne, weil wir einmal gemeinsam in einem Aufsichtsrat zusammengearbeitet haben. Seine Frau ist überdies aus dem Innviertel. Ich habe ihm sofort Bilder von unseren Referenzprojekten geschickt. Thomas hat innerhalb kürzester Zeit darauf reagiert. Dazu muss man sagen: Zu diesem Zeitpunkt hatte die Ausschreibungsphase für den Timber Pioneer bereits begonnen. Wir sind also mehr oder weniger reingegrätscht, als das Projekt schon in der Vergabephase war. Thomas haben unsere internationalen Projekte jedenfalls sofort sehr interessiert. Er hat gesehen, dass wir etwas können, wo er auch hinwill. Denn eines ist klar: Wenn man so ein Pionierprojekt umsetzt, dann möchte man auch die größtmögliche Sicherheit haben, dass es wirklich gelingt. Wir sind dann rasch zusammengekommen.
Der Holzbau wird verstärkt in den urbanen Bereich einziehen. Sei es in Form von kompletten, mehrgeschossigen Gebäuden, wie sie die UBM baut, oder in der Nachverdichtung.
Wieso ist der Holzbau in Österreich so ein Nischenthema, obwohl die Ressource reichlich vorhanden wäre?
Wiesner: Der Holzbau in dieser Dimension stellt eine absolute Nische dar. Traditionellerweise findet man den Holzbau in den kleineren Strukturen. Heute können auch Großprojekte in Holzbauweise realisiert werden, weil sich in Technik und Produktentwicklung einiges getan hat. Zudem gibt es von Investoren- und Bauherrenseite ein wachsendes Interesse daran, nachhaltige und möglichst CO2-neutrale Gebäude zu errichten. Da findet aus meiner Sicht gerade ein Paradigmenwechsel statt. Dieses Interesse daran, in einer anderen Materialität, nämlich in Holz zu bauen, bedeutet für Architekten und Planer, letztlich auch für die Bauindustrie, ein Abgehen von gewohnten Wegen und Vorgehensweisen. Wir sehen, dass sich viele sehr schwer damit tun.
Wo geht die Entwicklung im Holzbau hin?
Wiesner: Der Holzbau wird verstärkt in den urbanen Bereich einziehen. Sei es in Form von kompletten, mehrgeschossigen Gebäuden, wie sie die UBM baut, oder in der Nachverdichtung. Aus statischen Gründen bietet sich Holz bei Aufbauten geradezu an. Und es wird auch noch in die Höhe gehen und in größere Dimensionen von Hallen und Sonderbauten.
Winkler: In der Vergangenheit ist der Holzbau von der Horizontale in die Vertikale gegangen. Heute kommt er in der Mitte der Gesellschaft an. Wie gesagt: Es ist meine tiefe Überzeugung, dass es durch die Standardisierung und die besonderen ökologischen Fähigkeiten, die den Holzbau von anderen Materialien abgrenzen, die sich ebenfalls für die Standardisierung eignen, zu einem Kostenvorteil kommen wird. Das wird auch notwendig sein, wenn wie etwa in Deutschland 700.000 Wohnungen fehlen. Aber zurück zum Holzhochbau: Hermann Kaufmann, auch bekannt als Holzbaupapst des deutschsprachigen Raums, hat einmal gesagt, dass Holzhochhäuser zu bauen ungefähr so sinnvoll ist wie Formel 1 fahren. Was er damit gemeint hat: Holzhochhäuser sind als Nachweis zu sehen, dass es aus technischer Sicht möglich ist, mit Holz hoch zu bauen. Und wenn Geld in diese Richtung fließt, dann macht man es auch.
Es ist meine tiefe Überzeugung, dass es durch die Standardisierung und die besonderen ökologischen Fähigkeiten, die den Holzbau von anderen Materialien abgrenzen, die sich ebenfalls für die Standardisierung eignen, zu einem Kostenvorteil kommen wird.
Die Wiehag hat spannende Referenzprojekte realisiert, darunter auch Holzhochbauten, wie etwa das höchste Bürogebäude Australiens in Brisbane oder einen der größten Holztürme der USA in Milwaukee. Werden wir auch in Österreich so hohe Holzgebäude sehen?
Wiesner: Das momentane Vorzeigeprojekt in Österreich ist das HoHo in der Seestadt in Wien. Nun plant ja die UBM das höchste Holzhochhaus der Welt am Wiener Handelskai. Aktuell sind im Holzhochbau Höhen von ungefähr 100 Metern möglich. Wir werden aber in naher Zukunft Projekte von bis zu 200 Meter Höhe sehen. Aber nicht in Österreich. Eine Studie der Universität Cambridge sagt aus, dass man mit Holz rein theoretisch auch bis zu 300 Meter hoch bauen kann. Ob es sinnvoll ist, solche Leuchtturmprojekte zu realisieren, sei einmal dahingestellt. Wichtiger ist für uns als Branche, dass Holz als solides und sicheres Baumaterial wahrgenommen wird, egal ob man jetzt acht, 15 oder 20 Geschosse errichtet, und dass wir dadurch zu Chancen kommen.
Winkler: Mir ist es wichtig, dass der Holzbau in der Mitte der Gesellschaft ankommt.
Herr Winkler: Bei einem Gespräch mit unserem Herausgeber Herrn Neubauer meinten Sie vor einiger Zeit, dass Sie bei jeder Entscheidung, die sie treffen, hinterfragen, ob sie richtig liegen. Wie geht es Ihnen mit der Entscheidung, in Richtung Holzbau zu gehen?
Winkler: Wir sind im Moment in einer Hochphase, weil wir uns durch die Entwicklung des Timber Pioneer und die erreichte Vermietungsleistung bestätigt fühlen. Trotzdem warne ich vor zu viel Enthusiasmus, denn ich mache mir keine Illusionen: Aufgrund der überschaubaren Zahl an Experten kann es künftig auch schlechte Holzbauten geben. Und der erste, der Probleme aufweist, wird dann dafür herangezogen werden, den Holzbau an sich schlecht zu machen. Das ist im Grunde die Sorge aller Holzbaubefürworter. Aber im Moment bin ich in einer Phase, in der ich mich sehr bestätigt fühle. Aus heutiger Sicht ist der Holzbau alternativlos und für uns als UBM ist es wichtig, dass wir 300 Mitarbeiter haben, die diese Einstellung teilen. Das ist kein Marketing-Gimmick oder Trend, dem wir gerade nachlaufen.
Das vollständige Interview finden Sie in der Ausgabe 03/2023 des ImmoFokus.