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Nicht Sichtbares sichtbar machen

Aufgabenvielfalt. Digitale Techniken werden in der Römerstadt Carnuntum schon lange zu Forschungszwecken, aber auch zum Vermitteln von Wissen eingesetzt.
Amelie Miller

Aufgabenvielfalt. Digitale Techniken werden in der Römerstadt Carnuntum schon lange zu Forschungszwecken, aber auch zum Vermitteln von Wissen eingesetzt.

Das Heidentor in Petronell, das Haus des Lucius oder die Therme in der Zivilstadt – diese sichtbaren Zeichen der Römerstadt Carnuntum sind den meisten wohl bekannt. Dabei sind sie nur die Spitze des Eisberges. Nur etwa ein Prozent des etwa zehn Quadratkilometer großen Areals ist durch Grabungen frei gelegt worden, der Rest schlummert unter der Erde. Unbekannt ist das Verborgene dennoch nicht. „Wir haben die gesamte Stadt mittels Bodenradar, Airborne Laserscanning und anderen Technologien nicht-invasiv erforscht“, sagt Markus Wachter, Geschäftsführer der Römerstadt Carnuntum. Von 2012 bis 2015 etwa ist beispielsweise im Auftrag des Landes Niederösterreich das Projekt „Gesamtprospektion Kernzone Carnuntum“ des Ludwig Boltzmann Instituts für archäologische Prospektion und virtuelle Archäologie gelaufen, das neben der Gladiatorenschule und dem Marschlager auch die Quartiere der Leibgarde des Statthalters zutage gebracht hat. Digitalisiert wurden auch insgesamt 9.000 Fundstücke aus Carnuntum – sie können auf der Website der Römerstadt in der Objektdatenbank abgerufen werden.

Aufgrund der im Laufe vieler Jahre gesammelten geodatenbasierten Ergebnisse könne man daher punktgenau Visualisierungen machen. Und so nicht Sichtbares sichtbar machen. Diese digitalen Darstellungen seien zum einen Teil der wissenschaftlichen Arbeit, zum anderen könnten sie als Vermittler zwischen Archäologie und Besuchern fungieren. Ein Beispiel dafür sei, so Wachter, das 300 Quadratmeter große maßstabsgetreue reale Modell der gesamten Stadt, das basierend auf den Daten der Bodenuntersuchungen gebaut wurde.

Aber auch virtuell wird die Stadt Schritt für Schritt nachgebaut. „Man hat bereits 2005 mit den virtuellen Rekonstruktionen begonnen“, weiß Günther Weinlinger von 7reasons Medien. Anfänglich seien es Computermodelle gewesen, doch parallel zur Entwicklung von Technik und Softwareprogrammen sei die Qualität immer besser geworden. Genial findet er die Kombination von realer und virtueller Rekonstruktion. „Das heißt, man steht beispielsweise auf der Nordstraße, die zur Hälfte rekonstruiert ist, und bekommt das Straßenbild auf der anderen Seite virtuell ergänzt“, sagt Weinlinger. Er geht davon aus, dass diese Technologie in Kürze bei Handys Stand der Technik sein wird.

Carnuntum-Chef Wachter kann Augmented Reality-Anwendungen, bei denen Besucher diese virtuellen Rekonstruktionen auf Handys oder Tablets eingeblendet bekommen, ebenfalls viel abgewinnen. Er will damit nicht nur nicht mehr Vorhandenes vor den Vorhang holen, sondern den Besuchern auch die Größe des Geländes vermitteln. „Den meisten ist nicht bewusst, wie groß das Areal ist“, sagt Wachter. Daher will er, nach eigenen Worten, die moderne Technik auch ins Gelände bringen, um mittels Filmen oder Animationen zu zeigen, wie es hier vor 1.700 Jahren ausgesehen hat. Weinlinger sieht noch einen weiteren Nutzen in der Digitalisierung von Kulturobjekten – jenen der Sicherung. „Wird eines zerstört, kann man es dadurch leichter rekonstruieren oder zumindest die Daten der Forschung zur Verfügung stellen.“