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Normenflut stoppt Rechtssicherheit

Es gibt viel zu viele Normen. Nicht nur, dass es immer schwieriger wird alle Vorschriften einzuhalten, bleibt auch die Rechtssicherheit auf der Strecke. Denn immer häufiger lässt auch die Qualität dieser Normen und des Vollzugs zu wünschen übrig. Die Vorfälle rund um die Bundespräsidentenwahl sind dabei kein Einzelfall.
Michael Neubauer

Es gibt viel zu viele Normen. Nicht nur, dass es immer schwieriger wird alle Vorschriften einzuhalten, bleibt auch die Rechtssicherheit auf der Strecke. Denn immer häufiger lässt auch die Qualität dieser Normen und des Vollzugs zu wünschen übrig. Die Vorfälle rund um die Bundespräsidentenwahl sind dabei kein Einzelfall. Ein paar Beispiele gefällig? Im März dieses Jahres poppte ein Bauskandal in St. Wolfgang (Bezirk Gmunden) mit insgesamt über 900 offenen Bauverfahren auf, die in den vergangenen 20 Jahren einfach nicht korrekt abgeschlossen wurden. In Fällen, in denen keine Baubewilligung vorliegt, kann die Sache für den aktuellen Eigentümer zum Drama werden. Nachträgliche Bewilligungen seien zwar möglich. Hat sich die Rechtslage in der Zwischenzeit geändert muss im Extremfall abgerissen werden. Geldvernichtung pur. Da mag es wohl ein geringer Trost sein, dass unter Umständen Gemeinde und Land Schadenersatzpflichtig sind. Dasselbe wird sich wohl auch der Eigentümer der Shopping City Seiersberg Christian Guzy denken. Mitte Juli hat der Verfassungsgerichtshof die Verordnungen für die Betriebsgenehmigung der Shopping City Seiersberg (SCS) der Gemeinde Seiersberg-Pirka aus dem Jahr 2002 aufgehoben. Die Einordnung der Zentrumsflächen als öffentliche Interessentenwege entsprächen nicht den gesetzlichen Erfordernissen, so der Verfassungsgerichtshof. Gegner waren aber stets der Meinung, dass es nicht um fünf kleine Zentren, sondern ein großes Einkaufsparadies handle. Ein solches wäre in diesem Fall nicht bewilligungsfähig gewesen. Der Verfassungsgerichtshof schloss sich dieser Ansicht an und hob die Bewilligungen auf. Der Anwalt des Einkaufszentrums Peter Zöchbauer hat bereits für den Fall, dass die Shopping City Seiersberg ihre Pforten schließen muss eine Amtshaftungsklage angekündigt. Laut Auskunft des Shopping-City-Eigentümers Christian Guzy beträgt der aktuelle Verkehrswert des Einkaufszentrums 450 Millionen Euro. Das Land müsste jedenfalls umgehend diese Summe im ohnehin krachenden Landesbudget rückstellen. Tief in die Gemeinde-Tasche greifen musste bereits Vösendorf. Die NÖ-Gemeinde Vösendorf muss nun 18 Millionen Euro für ein spektakuläres Hochhaus-Projekt bezahlen. Ein Projekt, das nie verwirklicht wurde. 2006 verkaufte die Gemeinde ein 5.500 Quadratmeter großes Grundstück an die Pema-Gruppe. Zwei Millionen Euro brachte das der Gemeinde ein. Die Investoren wollten an diesem Standort das spektakulärste Immobilien-Projekt des Landes umsetzen, einen 160 Meter hohen Büroturm. Dafür hatte die Gemeinde im Kaufvertrag die nötigen Widmungen und Bauklasse zugesichert. Doch daran scheiterte das Projekt. Es widersprach in dieser Form den Bestimmungen der NÖ Bauordnung. Die Baubescheide der Gemeinde wurden von der Bezirkshauptmannschaft, später auch vom Land NÖ selbst, aufgehoben. Die Pema-Gruppe, die mit einem internationalen Fonds bereits einen Käufer für das Projekt an Bord hatte, klagte die Gemeinde auf rund 24 Millionen Euro Schadenersatz, mit Zinsen und anderen Kosten hätte sich das auf bis zu 40 Millionen Euro summieren können. Schlussendlich kam ein Vergleich mit 18 Millionen Euro zustande. Fazit: Der Schuldenstand der Gemeinde wird sich wohl schlagartig mehr als verdoppeln. Derzeit liegt er bei einem Jahresbudget von rund 24 Millionen Euro bei rund 13 Millionen Euro. Im Herbst soll im Salzburger Landtag ein neues Raumordnungsgesetz beschlossen werden. Nur mehr auf zehn Jahre befristete Widmungen. Ein Verbot von Einkaufszentren auf der grünen Wiese. Eine Infrastrukturabgabe auf gewidmetes Bauland, wenn dieses nicht binnen fünf Jahren verbaut wird. Umstrittenste Neuerung sind die strengeren Regeln für Zweitwohnsitze: Deren Eigentümer werden aufgefordert, ihre Wohnungen binnen eines Jahres zu legalisieren. Dann dürfen sie bleiben, müssen aber dafür als Gegenleistung einen Zuschlag zur besonderen Ortstaxe zahlen. Für Aufsehen sorgt der Plan, dass dieses durch die Legalisierung erworbene Nutzungsrecht nur für den aktuellen Eigentümer gelten soll - und von ihm nicht verkauft oder vererbt werden darf. Aber wer soll überprüfen, ob künftig eine Wohnung, obwohl als Hauptwohnsitz deklariert, nicht weiter ein illegaler Zweitwohnsitz ist? Diese Frage bleibt offen. Für Rechtssicherheit werden wohl auch in diesem Fall wohl erst die Höchstgerichte sorgen. Investoren brauchen keinen Populismus. Investoren brauchen Rechtssicherheit.