Mit der Möglichkeit befristeter Mietverträge wurde dem Eigentümer einer Wohnung bzw. eines Hauses ein gewisses Maß an Flexibilität eingeräumt, das als teilweiser Ausgleich für die rigiden Kündigungsbestimmungen des MRG zu sehen ist. ÖHGB-Präsident Rechtsanwalt Martin Prunbauer erläutert die Situation: „Wer die eigene Wohnung etwa für die Enkelkinder zum Studieren vorgesehen hat oder aufgrund eines beruflichen Auslandaufenthaltes eine bestimmte Zeit nicht benötigt, führt bei befristeter Vermietung dem Markt Wohnraum zu und vergrößert das Angebot.“ Prunbauer warnt konkret davor an der Befristungsschraube zu drehen: „Die Abschaffung der Befristung und die Bestrafung von Leerstand wird nicht mehr Wohnungen auf den Markt spülen. Im Gegenteil: Eine Liberalisierung der Befristung würde dem Markt guttun.“
Laut Mikrozensus der Statistik Austria lag der Befristungsanteil im Jahr 2022 bei 23,4 Prozent und ist in den letzten Jahren nicht nennenswert gestiegen (zum Vergleich: 2017 lag der Befristungsanteil bei 22 Prozent).
Ein Blick auf die einzelnen Bundesländer ergibt folgendes Bild: In Wien waren im Jahr 2022 nur 18 Prozent aller Hauptmietwohnungen befristet. Die höchste Zahl an befristeten Mietverträgen gibt es in Vorarlberg, da im Ländle auch Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen seit 2001 nur noch befristet vergeben werden. Tirol hat mit 44 Prozent den zweithöchsten Anteil an befristeten Mietverträgen, allerdings ist dort der öffentliche Mietsektor österreichweit am niedrigsten und ein relativ hoher Prozentsatz der Bevölkerung lebt im Eigentum. In Wien ist die Situation umgekehrt: Der Eigentumsanteil ist eher gering und es gibt einen hohen Anteil an Mietverhältnissen. „Insofern ist ein Anteil von 18 Prozent an befristeten Verträgen in Wien vergleichsweise niedrig,“ fasst Prunbauer zusammen. Die Befristung wäre gerade im Gemeindebau - den ja alle finanzieren - wichtig, um Fehlbelegung zu verhindern.
Mangelnde Treffsicherheit im sozialen Wohnbau
Der hohe Anteil an sozialem Wohnbau in Österreich und die Tatsache der fast ausschließlich - teilweise sehr alten - unbefristeten Vermietung in diesem Segment ist ein Grund, warum unbefristete Verträge in der Statistik billiger als befristete Verträge aufscheinen. Aber hier herrscht eine eklatante Schieflage: Ein Großteil der dort lebenden Menschen verdient mittlerweile aber überdurchschnittlich gut und profitiert von der günstigen Miete, weil ein unbefristeter Vertrag nicht nur weitergegeben werden kann (Eintrittsrechte, Mietadel), sondern auch bei geänderten Lebensverhältnissen nicht aufgekündigt werden kann.
Ein weiterer Grund dafür, dass unbefristete Verträge auch im privaten Sektor günstiger sind, liegt am vielfach schon langen Bestand. Nach wie vor gibt es zahlreiche besonders günstige Altmietverträge, die schon vor Jahrzehnten abgeschlossen wurden oder in Folge von Eintrittsrechten immer noch weit unter den Marktpreisen liegen, aber auf Generationen dem Mietmarkt entzogen sind. Ob man die Möglichkeit hat, in einen Altmietvertrag einzutreten, ist reine Glückssache.
40 Prozent der unter 30-Jährigen wohnen in einem befristeten Mietverhältnis und nur 8,8 Prozent der über 60-jährigen haben einen befristeten Mietvertrag. Prunbauer dazu: „Dass gerade junge Menschen befristet zur Miete wohnen, ergibt sich schon daraus, dass ihre Lebensverhältnisse wesentlich dynamischer sind als bei älteren Personen.“ Ein Beziehungswechsel, ein Wechsel im Ausbildungsplatz oder Berufswechsel, die Entwicklung vom Studenten zum Besserverdiener machen sich in diesen Fällen in einem häufigeren Wohnungswechsel bemerkbar. „Die meisten jungen Menschen streben aufgrund ihrer Lebensplanung kein unbefristetes Mietverhältnis an“, so Prunbauer.