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ÖHGB kritisiert geplante Novelle der Wiener Bauordnung

Die Einrichtung des elektronischen Bauaktes ist prinzipiell zu begrüßen. Ohne weitere Regelungen für die spätere Akteinsicht bleibt sie aber verkürzt.
Amelie Miller
Martin Prunbauer
Martin Prunbauer
© © Michael Buechling

Der aktuell in Begutachtung befindliche Entwurf zur Reform der Wiener Bauordnung stößt auf vehemente Ablehnung der privaten Haus- und Grundbesitzer:

„Falls dieser Entwurf wirklich ohne weitere Änderungen beschlossen würde, wäre das ein weiteres Beispiel für ein eigentumsfeindliches Vorgehen der Stadt gegenüber privaten Immobilienbesitzern“, zeigt sich RA Dr. Martin Prunbauer, Präsident des Österreichischen Haus- und Grundbesitzerbundes (ÖHGB) in einer ersten Stellungnahme zum vorliegenden Reformentwurf irritiert.

Das betrifft vornehmlich die gesetzliche Ausweitung der Solarpflicht auf Wohngebäude, die Sicherstellung der Solarverpflichtung auf Ersatzflächen sowie die Verpflichtung zur Herstellung einer Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge bei Neubauten und größeren Renovierungen.

Unausgewogenes Vorgehen der Stadt Wien

Nur zu gut erinnert sich Prunbauer noch an die beiden Bauordnungsnovellen im Jahr 2018:

„Mit Initiativantrag hatte die Stadt Wien im Alleingang knapp vor Sommerbeginn durch ein Abbruchverbot für ältere Gebäude einen regelrechten Abbruchboom ausgelöst.“

Als nicht minder unausgewogen erwies sich die zweite Novelle im Herbst desselben Jahres, welche sich nach Aussagen des Eigentümervertreters „als weiterer Anschlag auf die Leistungsfähigkeit und Produktivität der privaten Immobilienwirtschaft entpuppte.“ Damals hatte die Stadt unter dem Hinweis auf „Leistbares Wohnen“ neben Beschränkungen im Bereich der Airbnb-Vermietung auch eine neue Pflicht-Widmungskategorie „Geförderter Wohnbau“ ins Leben gerufen.

Vorbildfunktion der Stadt Wien vor Inpflichtnahme privater Immobilienbesitzer

Aus Sicht des ÖHGB ist zuerst die Stadt Wien in der Pflicht, bei den über 220.000 gemeindeeigenen Wohnungen sowie allen öffentlichen Gebäuden, wie Schulen, Spitäler, Amtshäusern, etc. die im Reformentwurf vorgesehenen Nachrüstungen durchzuführen, „bevor man diese Verpflichtungen und das noch zur Unzeit pauschal auf alle private Vorhaben überwälzt. Allein der soziale Wohnbau in Wien umfasst rund 60 Prozent des Wiener Mietwohnungsmarktes. Hier gibt es ein weites Betätigungsfeld, um ökologische Maßnahmen einzuleiten. Dazu braucht es keine Gesetzesänderung“, stellt Prunbauer klar.

Ausweitung der Solarpflicht & Ladeinfrastruktur verteuert Wohnbau und größere Renovierungen

Überrascht zeigt sich der ÖHGB von der Kurzsichtigkeit und vom ungünstigen Timing dieser Ideen: 

Die aktuelle Krise hat vielen privaten VermieterInnen aufgrund ausbleibender oder verringerter Mietzinszahlungen zugesetzt. Trotz großer Einkommensverluste haben sich viele VermieterInnen im Umgang mit ihren Mietern kooperativ und kulant erwiesen. Eine Berücksichtigung aus den diversen Unterstützungsfonds ist Vermietern jedoch versagt geblieben. 

Daher müssen mehr Anreize und Förderungen für den Wohnbau und die Sanierung ermöglicht werden, doch stattdessen werden weitere verteuernde Schranken geschaffen.

„Jetzt sollten wir alle zusammenstehen und die Wirtschaft sorgsam wieder hochfahren und nicht mit Plänen zu Zwangsverteuerungen hausieren gehen, schon gar nicht Politik machen“, so Prunbauer, der insgesamt für mehr Investitionsanreize plädiert.

Selbstverständlich wollen auch die heimischen Immobilieneigentümer den Klimaschutz und die Digitalisierung unterstützen. Doch dazu bedarf es im Bereich der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge zunächst einer Absicherung, dass die E-Werke bei Umstellung auf Elektrofahrzeuge tatsächlich in der Lage sind, den Liegenschaften bei Stromspitzen den nötigen Strom zu liefern.

„Es darf sich nicht im Nachhinein herausstellen, dass die Einrichtung von Ladestationen für die Benützung von Elektrofahrzeugen aufgrund von rechtlichen oder technischen Schwierigkeiten beeinträchtigt ist“, fasst Prunbauer seine Befürchtungen zusammen.

Entlastungen nicht nur als politisches Statement

Die Einrichtung des elektronischen Bauaktes ist prinzipiell zu begrüßen. Ohne weitere Regelungen für die spätere Akteinsicht bleibt sie aber verkürzt. Für die Rechtssicherheit, beispielsweise beim Wohnungskauf für den Erwerber oder bei späteren Bauführungen, ist dies unbedingt notwendig und darf nicht politisch schnellem Durchwinken zum Opfer fallen.