Wien (OTS) - Auf heftigen Widerstand des österreichischen Haus- und Grundbesitzerbundes stößt das kürzlich bekannt gewordene Vorhaben der Tiroler Landesregierung, die Steuern auf Leerstand durch Erstellung eines Mietpreisspiegels drastisch erhöhen zu wollen. Demnach sollen bis zu 30 Prozent eines vom Land vorgegebenen „Basismietwerts“, der durch externe Unternehmen errechnet werden soll, möglich sein.
Leerstandsquote in Tirol: Keine Rechtfertigung für drastisches Vorgehen
Im Frühjahr 2024 hatte Greenpeace Zahlen veröffentlicht, wonach der Leerstand österreichweit 4,7 Prozent beträgt. Laut wissenschaftlicher Literatur ist eine Leerstandsquote bis zu fünf Prozent notwendig und unvermeidbar. ÖHGB-Präsident RA Dr. Martin Prunbauer stellt daher zu Recht die Frage, ob sich solch schwerwiegende Eingriffe ins Eigentumsrecht rechtfertigen lassen und verweist wiederholt darauf, dass es so etwas wie einen natürlichen Leerstand geben muss.
Was ist Leerstand?
Nach wie vor fehlt eine fundierte Definition von Leerstand. Leerstand kann auf unzählige Gründe zurückzuführen sein: Beispielsweise Sanierung, Umbau, Mietersuche, ein langwieriges Verlassenschafts- oder Scheidungsverfahren, nicht gemeldeter Neben- oder Freizeitwohnsitz, Übersiedelung ins Alters- oder Pflegeheim, beruflich bedingte zeitweilige Abwesenheit u.v.m.
Viele Wohnungen stehen auch deswegen leer, weil die Menschen aus strukturarmen Gebieten wegziehen. Eine Vermietung oder ein Verkauf in so manchen Gemeinden, in denen die Bevölkerungszahlen sinken, erweist sich oft als unmöglich. „Muss man das Elternhaus abreißen, wenn man woanders arbeitet, um die hohe Eigentumsstrafsteuer nicht zu zahlen?“, so Prunbauer.
Keine Verländerung des Mietrechts
Der Tiroler Landeshauptmann gesteht zu, dass das eigentliche Problem woanders liegt und ortet die Ursache im Mietrecht. Mattle fordert dazu eine regionale Ausgestaltung dieses Rechts. Diesen Ideen für eine Verländerung des Mietrechts tritt Prunbauer entschieden entgegen: „Auch da wird wieder am falschen Ende angesetzt, anstatt die wahren Ursachen anzugehen.“ Von einer Leerstandsabgabe betroffen sind beispielsweise auch Eigentümer, die ihre Wohnung erst in ein bis zwei Jahren für die eigenen Kinder oder Enkelkinder oder die Unterbringung naher Angehöriger benötigen. Aufgrund der zwingenden Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes, welches eine Mindestbefristungsdauer von drei Jahren beinhaltet, sind diese zur Bezahlung der Abgaben gezwungen. Dieser Zeitraum muss erzwungen abgewartet werden. Dieses und andere Beispiele zeigen, dass allein bei entsprechender Liberalisierung des Mietrechtsgesetzes, zahlreiche Wohnungen auf den Markt kommen könnten. „Ein ausschließliches Tiroler Problem, das einer regionalen Regelung bedarf, ist das aber nicht“, betont Prunbauer und fügt hinzu „Die Politik soll endlich begreifen, dass sie dort ansetzen muss, wo die eigentlichen Fehler liegen“. Prunbauers Appell an die Politik: „Das österreichische Mietrecht zählt bereits jetzt zu den weltweit am strengsten regulierten Mietrechtsgesetzen. Es ist höchst an der Zeit, dieses Gesetz endlich aus seinen Fängen zu befreien.“ Dabei geht es beispielsweise auch darum, den mieterseitig bedingten Leerstand zu beseitigen, indem den exzessiven Eintrittsrechten endlich ein Ende bereitet wird.
Bürokratiemonster ohne Erfolgsaussicht
Gewissheit erhofft sich das Land von Registerabfragen, durch die mehr leerstehende Wohnungen erfasst werden könnten. Dass eine Stromrechnung oder der Blick ins Melderegister allenfalls eine Indizwirkung, aber keinen Beweis entfalten, hatte bereits das Finanzministerium konstatiert. Da es eine umfassende Palette an Gründen gibt, warum eine Wohnung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder über einen festgelegten Zeitraum leer steht, folgt, dass sich Leerstand auch durch diverse Registerabfragen nicht zweifelsfrei ermitteln lässt, jedenfalls aber einen ungeheuren bürokratischen Aufwand nach sich zieht. „Dies ist schon den sich stetig ändernden Lebensrealitäten - bedingt durch Wohnwechsel und Umzug - geschuldet und wird die Gemeinden in Zukunft enorm belasten“.
Der immense Zeit- und Kostenaufwand, der mit Kontrollen, Registerabfragen und der Beauftragung externer Dienstleister einhergeht, steht in keinem Verhältnis zu den zu erwartenden Ergebnissen. „Soll das alles den Aufwand wert sein?“, stellt Prunbauer die entscheidende Frage.
Gefährdung des Eigentumsrechts: Eine verhängnisvolle Entwicklung
Bedenklich ist, das derartige Eingriffe auf Kosten der Sicherheit des Eigentumsrechts gehen. Die Missachtung des Grundrechts auf Eigentum und dessen sukzessive Aushöhlung richten einen schweren gesellschaftspolitischen Schaden an. Diese Steuern, die eigentlich Vermögens- und Substanzsteuern sind, treffen nicht nur die Reichen, sondern vor allem auch diejenigen, die sich Eigentum mühsam zusammengespart haben - sei es ein kleines Häuschen auf dem Land oder eine bescheidene Wohnung. Prunbauer kritisiert, „dass die Politik die Eigentumsquote erhöhen möchte und übersieht, dass durch derartige Maßnahmen genau das Gegenteil von dem erreicht wird, was bezweckt wird.“
Leerstandssteuern vor dem höchstgerichtlichen Prüfstand
Die vor wenigen Monaten durch Verfassungsgesetz eingeräumte Kompetenz an die Länder, deutlich höhere und umfassende Abgaben auf Leerstand, Freizeit- und Zweitwohnsitze einzurichten, beinhaltet keinen Freibrief, undifferenziert derartige Steuern ins Leben zu rufen. Eine entsprechende Verschärfung der aktuellen Regelung ist mit der legistischen Herausforderung verbunden, dass künftige Regelungen dem Gleichheitsgrundsatz entsprechen müssen. Vor allem empfindlich hohe Abgaben auf Leerstand müssten einer sachlich gerechtfertigten Regelung zugeführt werden.
Fazit
Wohnungsbau und Wohnraumaktivierung sind langfristige Projekte, die gezielte Maßnahmen erfordern. Anstatt Eigentümer durch neue Abgaben zu belasten, sollten vor allem die Rahmenbedingungen für Vermietung attraktiver gestaltet werden. Dazu gehört eine Reform des Mietrechts, die den Bedürfnissen von Mietern und Vermietern gerecht wird, anstatt starre Regularien weiter zu verschärfen. Ein Wohnungsmarkt, der flexibel und attraktiv gestaltet ist, mobilisiert Wohnraum effektiver als jede Strafsteuer. „Es kann offenkundig nicht oft genug betont werden: Letztlich muss es jedem Eigentümer überlassen bleiben, was er mit seinem Eigentum macht,“ bringt es Prunbauer auf den Punkt.