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ÖIF-Immobilien - Angeklagte plädierten auf "nicht schuldig"

Liegenschaften und Wohnungen sollen zu billig verkauft worden sein - Hauptangeklagter nicht anwesend - Fortsetzung am 2. September
Patrick Baldia
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© APA/GEORG HOCHMUTH | Am Montag startete am Wiener Landesgericht der Prozess rund um den Verkauf von ÖIF-Immobilien

Sämtliche Angeklagte haben am Montag zum Auftakt des Prozesses rund um angeblich zu günstig verkaufte Immobilien des Integrationsfonds (ÖIF) auf "nicht schuldig" plädiert. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat fünf Personen - darunter den Ex-ÖIF-Geschäftsführer - und zwei Verbände wegen Untreue bzw. Anstiftung und Beteiligung daran angeklagt. Aufgrund ihrer Handlungen soll ein Schaden von mehr als zehn Mio. Euro entstanden sein.

Nicht anwesend beim Auftakt war der Hauptangeklagte. Der ehemalige ÖIF-Chef ließ eine Reise-Buchungsbestätigung vorlegen. Das Verfahren gegen ihn wurde von Richter Michael Tolstiuk daher vorerst ausgeschieden und soll beim nächsten Termin am 2. September wieder einbezogen werden. Aufgrund eines Unfalls ebenfalls nicht erschienen war ein weiterer Angeklagter, zu seiner weiteren Verhandlungsfähigkeit soll nun ein Gutachten eingeholt werden.

Laut WKStA hätten die Angeklagten mittels selbst erstellter Gutachten bzw. Deckangeboten den ÖIF getäuscht und "geplündert". Der Ex-ÖIF-Geschäftsführer und die anderen Angeklagten, darunter ein ehemaliger Kabinettschef des Innenministeriums, seien langjährige Freunde bzw. Geschäftspartner gewesen. Die geplante Umstrukturierung des Immobilienportfolios des ÖIF sei genutzt worden, um Liegenschaften und Wohnungen zum "Spottpreis" zu erwerben. Insgesamt soll ein Schaden von mehr als zehn Mio. Euro entstanden sein.

Die fraglichen Immobilien wurden im Zeitraum 2006 bis 2009 verkauft. Der ÖIF hatte sich kurz davor aus der Wohnraumbeschaffung für Flüchtlinge zurückgezogen und veräußerte anschließend seinen Immobilienbestand. "Das war eine Zeit, wo Privatisierung ein gern gehörtes Wort war", hieß es im Eröffnungsplädoyer der WKStA. Damals habe man das "Tafelsilber" des ÖIF verkauft.

Sämtliche Angeklagte seien Spezialisten im Immobilienbereich gewesen, so der Anklagevertreter. Sie hätten gewusst, dass man dafür Gutachten brauche und an den Bestbieter verkaufen müsse. Daher habe man für das ÖIF-Kuratorium eine "zweite Realität" aufgezogen und über sich selbst bzw. befreundete Unternehmen Gefälligkeitsgutachten erstellt und etwa die vermeintliche Baufälligkeit von Immobilien bescheinigt.

Das Plädoyer des Verteidigers des Hauptangeklagten, Johannes Zink, wird wegen dessen Abwesenheit erst beim nächsten Termin gehalten. Dieser werde sich nicht schuldig bekennen, kündigte Zink am Montag an. Die Anwälte der anderen Angeklagten wiesen die Vorwürfe ebenfalls zurück, Gefälligkeitsgutachten hätte es keine gegeben.

So gebe es etwa für Flüchtlingswohnungen keinen Marktpreis, wurde etwa argumentiert. Der Fonds habe die Immobilien schnell verkaufen wollen, daher habe man nicht einzeln, sondern im Paket veräußert. "Es wird so getan, als ob man Flüchtlingswohnungen so einfach bewerten könnte", meinte etwa Michael Rohregger, einer der Verteidiger. "Haben Sie schon einmal eine Flüchtlingswohnung gekauft?"

Die Anklage sei lediglich eine Ansammlung von Vermutungen, es habe kein Fehlverhalten gegeben, betonte Rohregger. Er gestand zu, dass ein Freundschaftsverhältnis zwischen seinem Mandanten und dem EX-ÖIF-Chef existiert habe. Aber die Geschäfte zwischen den Angeklagten seien deshalb nicht verboten und für alle Beteiligten inklusive ÖIF vorteilhaft gewesen. "Nur weil man sich kennt, soll das unzulässig sein?" Im Geschäftsleben sei es häufig so, dass man miteinander spreche und feststelle, dass der eine etwas habe, was der andere brauche. "Wenn es wirtschaftlich passt - wunderbar."

Die WKStA hatte nach einem kritischen Rechnungshofbericht 2015 zu ermitteln begonnen. Unter anderem gab es in dem umfangreichen Verfahren rund 25 Hausdurchsuchungen, rund 14 Terabyte an Daten wurden sichergestellt. Außerdem wurden 30 Konten geöffnet. Die WKStA stützt ihre Anklage unter anderem auf Sachverständigengutachten zur Liegenschaftsbewertung. Der ÖIF hat sich als Privatbeteiligter dem Verfahren angeschlossen.

Im Fall eines Schuldspruchs drohen den Angeklagten Haftstrafen von bis zu zehn Jahren. Vorerst sind in dem Schöffenverfahren bis zum 10. September vier Verhandlungstage anberaumt. (apa)