Der von der EZB eingeläutete Kurswechsel schlägt mittlerweile deutlich auf die Zinsen in Österreich durch. Einerseits erfreuen sich Sparer dadurch steigender Raten auf ihre Bankeinlagen. Gleichzeitig werden aber Kredite teurer und der Druck auf Bezieher von Krediten mit variabler Verzinsung steigt. "Die monatliche Zinsbelastung der Haushalte und auch der Unternehmen hat sich innerhalb eines Jahres etwa verdoppelt", berichtete OeNB-Vizegouverneur Gottfried Haber am Montag.
Nach Daten der Nationalbank sind die Kreditzinssätze im Neugeschäft bis Jänner 2023 im Schnitt auf 3,95 Prozent geklettert. Folgen habe dies aber auch für Bestandszinssätze und damit für Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer, deren Kredite variabel verzinst sind. Österreich sei im europäischen Vergleich ein Ausreißer, meinte Haber bei einer Pressekonferenz, da hierzulande deren Anteil mit fast der Hälfte am gesamten Kreditvolumen besonders hoch liege. "Das bedeutet, dass in Zeiten steigender Zinssätze diese variabel verzinsten Finanzierungen auch teurer werden und der durchschnittliche Bestandszinssatz entsprechend ansteigt."
Bei Unternehmen ergab sich ein ähnliches Bild. Infolge des Ukraine-Kriegs und damit einhergehender Kostensteigerungen sei der Bedarf nach Krediten mit kurzfristiger Laufzeit und variabler Verzinsung zuletzt groß gewesen, erklärte Johannes Turner, Direktor der OeNB-Hauptabteilung Statistik. Folglich hätten sich auch für diese die Kreditaufnahme sowie die laufenden Kosten spürbar verteuert. Die von österreichischen Unternehmen zu leistenden monatlichen Zinszahlungen seien von 227 Mio. Euro im Jänner 2022 auf etwa 528 Mio. Euro im Jahr darauf angeschwollen, so Turner.
Die steigenden Zinsen dämpfen darüber hinaus das Kreditwachstum, vor allem im Immobiliensektor. So ist das entsprechende Volumen zuletzt deutlich gesunken, nach dem das erste Halbjahr 2022 noch von einer kräftigen Dynamik am Markt geprägt war. "Was wir gesehen haben ist, dass im ersten Halbjahr 2022 trotz ansteigender Zinsniveaus die Nachfrage nach Wohnbaukrediten hoch geblieben ist." Haber führte dies auf Vorzieheffekte in Erwartung höherer Zinsen sowie auf die KIM-Verordnung (Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung) zurück, wodurch größere Hürden für die Vergaben von Krediten entstanden.
Eine Trendumkehr gab es jedoch auch bei den Zinsen auf Bankeinlagen, die im Neugeschäft zuletzt im Schnitt auf 2,03 Prozent gewachsen sind. "Zinsen sind ja immer des einen Freud und des anderen Leid", sagte Turner dazu. Mittlerweile würden sich die gebundenen Einlagen wieder rechnen, was sich auch der höheren Nachfrage der Haushalte ablesen lasse. "Es ist Bewegung in die Zinslandschaft auf der Einlagenseite gekommen." Dabei dürfe man jedoch nicht vergessen, dass es sich um Nominalzinssätze handle, deren Effekte von der hohen Inflation abgeschwächt würden.
Gestiegen sind zuletzt auch die Bestandszinssätze von variabel verzinsten Einlagen. Mit einem Niveau von durchschnittlich 0,29 Prozent sind die Steigerungen in diesem Segment aber hinter dem Neugeschäft geblieben. Im Gegensatz zu den Kreditzinsen erfolge die Entwicklung zeitverzögert, erklärte Haber, der dies grundsätzlich positiv wertet: "Das ist ein gutes Zeichen für die Liquiditätsausstattung der Kreditinstitute. Die brauchen schlichtweg einfach nicht so dringend Liquidität durch Spareinlagen, um hier bei den Zinssätzen hinaufzugehen." Ob und wann mit noch größere Sprüngen für die Konsumentinnen und Konsumenten zu rechnen sei, könne er schwer einschätzen, so Haber. (apa)