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Österreich: Land der Eigentümer

Die heimische Innenpolitik sieht turbulenten Zeiten entgegen, denn mit Gewissheit werden die nächsten Monate von intensiven Wahlkämpfen begleitet werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass das Thema „Leistbares Wohnen“ bald wieder mit seiner gesamten Klaviatur den öffentlichen Diskurs bespielen wird.
Martin Prunbauer

Die heimische Innenpolitik sieht turbulenten Zeiten entgegen, denn mit Gewissheit werden die nächsten Monate von intensiven Wahlkämpfen begleitet werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass das Thema „Leistbares Wohnen“ bald wieder mit seiner gesamten Klaviatur den öffentlichen Diskurs bespielen wird.

Zu beobachten ist, dass sich bisherige Überlegungen und Vorschläge zur Dynamisierung der Wohnversorgung in Österreich zumeist auf den Mietwohnungsmarkt konzentriert haben. Dem privaten Eigentum wurde hingegen bislang kaum Beachtung geschenkt.

Die Zahlen über die Entwicklung der Wohneigentumsquote bestätigen diesen Abwärtstrend: Hatte Österreich vor zehn Jahren noch eine Wohneigentumsquote von 60 Prozent, ist diese im Jahr 2015 auf 55,7 Prozent zurückgegangen. Innerhalb der EU-28 liegt Österreichs Eigentumsquote sogar an vorletzter Stelle.

Wer die Auffassung vertritt, dass die dynamische Entwicklung unserer Gesellschaft und der Wunsch nach Eigentum einander ausschließen, irrt: Eigentum hat mehr denn je den Stellenwert eines wesentlichen Stabilitätsfaktors erlangt. Meinungsumfragen bestätigen ungebremst den Wunsch der Österreicher und Österreicherinnen, im eigenen Heim zu leben.

Darüber hinaus ist privates Eigentum Grundvoraussetzung für erfolgreiches wirtschaftliches Handeln. Es ist materielle Grundlage für Kontinuität, Traditionsbildung und Nachhaltigkeit einer Gesellschaft. Es erlangt gerade beim Wohnen einen zentralen Stellenwert und ermöglicht eine flächendeckende Wohnversorgung, denn ohne private Investitionen ist ein geregelter Wohnungsmarkt in Österreich undenkbar.

Der Staat muss daher ein starkes Interesse daran haben, die Eigentumsbildung zu unterstützen, will er unabhängige und mündige Bürger unter sich vereinigen.

Doch das Gegenteil ist der Fall: Schaffung und Erhaltung von Eigentum wurde in Österreich in den letzten Jahren zunehmend behindert und erschwert. Die letzte Steuerreform 2015/2016 gibt davon beredtes Zeugnis ab. Bei der Vergabe von günstigen Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen ging die soziale Wohnpolitik ohne ausreichendes Augenmerk auf die soziale Bedürftigkeit vor und löste auf diese Weise eine krasse Fehlbelegung aus. Während eine große Anzahl von Beziehern hoher Einkommen zu gestützten Bedingungen im sozialen Wohnbau leben, strömen über 50 Prozent der einkommensschwachen Bevölkerung auf den privaten Mietwohnungsmarkt.

Tatsächlich könnte durch ein Bündel an Maßnahmen die Eigentumsbildung forciert und durch Schaffung von neuem Wohnraum die Wohnversorgung stark verbessert werden.

Eine radikale Reduktion des Normendschungels in der Bauwirtschaft und in der Bewirtschaftung von Gebäuden, eine Mobilisierung von Bauland durch Umwidmung, Bebauungsdichteerhöhung, Verdichtung im innerstädtischen Bereich gehören ebenso dazu wie Beseitigung von anachronistischen Relikten des Mietrechts im Bereich der Zweiklassengesellschaft von Alt- und Neumietern. Für eine bessere Treffsicherheit und Entschärfung der Wohnsituation würde auch eine Umkehr der Objektförderung hin zur Subjektförderung sorgen. Last but not least sollte für junge Menschen die Bildung von Eigentum nicht als unerreichbares Ziel in weiter Ferne erscheinen. Speziell für diese Altersgruppe müssten konkrete Erleichterungen geschaffen werden.