Der österreichische Immobilieninvestmentmarkt entwickelt sich weiterhin sehr solide und spiegelt das grundsätzlich große Interesse institutioneller und privater Investoren an Veranlagungen in Immobilien wider. Im dritten Quartal wurden Transaktionen mit einem Gesamtvolumen in Höhe von rund 595 Millionen Euro abgeschlossen, für den Zeitraum Q1 bis Q3 2020 stieg das Transaktionsvolumen damit auf 2,2 Milliarden Euro.
Im Vergleich zu den Boomjahren 2017 bis 2019 bedeutet das zwar einen Rückgang, nichtsdestotrotz fällt die Zwischenbilanz für 2020 durchaus positiv aus. Die Coronasituation ist für die wenigsten potenziellen Investoren ein Grund, ihr Engagement zurückzufahren. Eher ist das Gegenteil der Fall und Sachwerte haben gegenüber Finanzveranlagungen an Attraktivität gewonnen.
Allerdings kommt es in durchaus beachtlichem Maß zu coronabedingten Verzögerungen von Transaktionen, was sich besonders in den Zahlen des dritten Quartals niederschlägt. Im Juli und August wurden zahlreiche Urlaube aus dem ersten Halbjahr nachgeholt, daher war das Sommerloch noch etwas ausgeprägter als sonst. Als im September die „normale“ Transaktionstätigkeit wieder losgehen sollte, verursachten Reisewarnungen und andere Beschränkungen neue Probleme. Diese führten dazu, dass mehrere Transaktionen, die eigentlich bereits im September finalisiert werden sollten, noch nicht abgeschlossen sind und daher nicht in den Q3-Zahlen ausgewiesen werden.
Sektoral dominierte bisher der Bereich Büroimmobilien, das Segment Wohnen holt jedoch stark auf und liegt mittlerweile mit klarem Abstand vor Logistik, Einzelhandel und Hotels auf Platz zwei. Unter Berücksichtigung der in den Zahlen für gewerbliche Immobilieninvestments nicht enthaltenen Zinshaustransaktionen liegen Investments in Wohnobjekte bereits jetzt an der Spitze.
War das erste Halbjahr durch einige herausragende Großtransaktionen wie den Kauf des Austro Tower durch einen Fonds der deutschen DEKA-Gruppe oder des Wohngarten 11 durch ZBI geprägt, so dominierten im dritten Quartal eher mittelgroße Transaktionen, die aber teils aus anderen Gründen sehr bemerkenswert waren.
Ein besonders prominentes Objekt, das in diesem Zeitraum den Besitzer wechselte, war das 5-Stern- Hotel „The Ring“, das von der österreichischen Breiteneder-Gruppe erworben wurde, Verkäufer war ein Luxemburger Fonds. Das in bester Lage am Schubertring befindliche Objekt war auch die einzige nennenswerte Transaktion im Segment Hotel.
Ebenfalls große Beachtung fand der Kauf des „Q11“ in St. Pölten durch die deutsche ArtInvest. Die vom Niederösterreich- Spezialisten NOE Immobiliendevelopment (NID) entwickelte Wohnanlage mit 10.400 Quadratmetern Nutzfläche ist Teil eines umfangreichen Stadtentwicklungsprojekts nahe des Zentrums und des Regierungsbezirks der niederösterreichischen Landeshauptstadt. Die Transaktion ist ein ermutigendes Signal für den stark wachsenden Wohnungsmarkt St. Pölten, dem vor allem dank der zahlreichen Bahn-Schnellverbindungen nach Wien großes Potenzial zugebilligt wird.
Die aktuelle Angst der Deutschen vor Reisen nach Österreich hat sich ganz offensichtlich nicht auf deren Interesse an Investments ausgewirkt. Insbesondere im dritten Quartal haben deutsche institutionelle Investoren jedenfalls eindeutig die Vormachtstellung auf dem österreichischen Immobilieninvestmentmarkt übernommen. In diesem Zeitraum entfielen fast exakt zwei Drittel der Veranlagungen auf Käufer aus Deutschland, wodurch deren Anteil in der Gesamtperiode Q1-Q3 auf mehr als 48 Prozent kletterte.
Inländische Investoren erreichten in den ersten drei Quartalen des Jahres einen Marktanteil von 40 Prozent, das ist ein Rückgang um 18 Prozentpunkte gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres, in dem heimische Käufer den Markt noch klar dominiert hatten. Weniger als 12 Prozent entfielen auf alle anderen Herkunftsländer, wobei davon wiederum die Schweiz rund die Hälfte ausmachte.
Da die internationalen Käufer praktisch ausnahmslos institutionelle Investoren sind, sank auch der Anteil privater Anleger deutlich. Lagen diese im Vergleichszeitraum des Vorjahrs noch fast gleichauf mit den Institutionellen, entfielen heuer nur mehr weniger als 20 Prozent auf sie. Auch das Engagement von Entwicklern ist deutlich zurückgegangen.
Die Spitzenrenditen für gewerbliche Immobilien sind 2020 in allen Marktsegmenten im Jahresvergleich weiter gefallen und befinden sich auf einem absoluten Rekordtief. Die Untergrenze markieren Top- Büroobjekte mit drei Prozent und selbst bei Fachmarktzentren, mit denen traditionell die höchsten Renditen erzielt werden, sind die Spitzenrenditen nach wie vor unter Druck und liegen bei fünf Prozent, für Lebensmittelmärkte sogar darunter.
Diese Entwicklung ist in erster Linie dem großen Interesse an Sachwerten, wie es in wirtschaftlich schwierigen Zeiten immer zu registrieren ist, und den niedrigen Zinsen geschuldet. Auch der hohe Veranlagungsdruck, unter dem zahlreiche institutionelle Investoren stehen, verstärkt den Abwärtstrend der Spitzenrenditen.
Allerdings zeigen diese nur einen Teil des Gesamtbilds. Während die Preise für besonders attraktive Investments in langfristig an Unternehmen mit bester Bonität vermietete Objekte weiter gestiegen sind, ist auch der Abstand zwischen Spitzen- und Durchschnittsrenditen gewachsen: Risiken werden derzeit mit hohen Preisabschlägen „bestraft“, auch weil Finanzierungen für Objekte außerhalb des Topsegments schwieriger und teurer geworden sind.
Das Marktvolumen wird im Gesamtjahr 2020 deutlich hinter den Werten aus dem Rekordjahr 2019, in dem Transaktionen mit einem Gesamtwert von sechs Milliarden Euro abgeschlossen wurden, zurückbleiben. Realistisch erscheint aus heutiger Sicht ein Volumen von rund drei Milliarden Euro. In einem längerfristigen Vergleich ist aber auch das ein sehr respektables Ergebnis und zeigt, dass der Immobilienmarkt auch in dem radikal veränderten wirtschaftlichen Umfeld für institutionelle und private Investoren attraktiv bleibt.
Bei den Renditen ist mit einem weiter wachsenden Abstand zwischen Spitzen- und Durchschnittsrenditen zu rechnen. Langfristig an Top-Mieter vergebene Objekte in sehr guten Lagen können tendenziell sogar noch zulegen, in den nachgelagerten Qualitätssegmenten ist hingegen davon auszugehen, dass die Preise stagnieren und in Teilbereichen auch unter Druck geraten.
Mittelfristig wird die voraussichtlich erheblich nachlassende Neubauaktivität im Bereich gewerblicher Immobilien (Büro, Einzelhandel, Hotel) das Marktvolumen in diesem Bereich limitieren, dafür wird im Gegenzug das Interesse an Wohnbauprojekten weiter steigen. In diesem Segment ist daher auch von einer Fortsetzung der positiven Preisentwicklung auszugehen.