Aufbauend auf dem von der Stadt Wien im Jahr 2017 verabschiedeten Fachkonzept „Produktive Stadt“ besticht das geplante Areal in der Pilzgasse mit innovativer Bau- und Energietechnologie sowie mit einer durchdachten Flächenwidmung als „Gewerbliches Mischgebiet“. Das dreiteilige Gebäudeensemble kombiniert auf insgesamt 34.000 m² Bruttogeschossfläche in Wien-Floridsdorf Wohnen, Arbeiten und Gewerbe und setzt höchste Standards für umweltschonendes sowie energieeffizientes Bauen. Die hochkomplexe Planung des ersten urbanen Plus-Energie-Quartier-Areals wird vom FFG-Forschungsprojekt „Zukunftsquartier 2.0“ wissenschaftlich begleitet und ist ein wichtiger Bestandteil der Wiener Stadtentwicklung. Ziel: Realisierung eines replizierbaren Konzepts für urbane Stadtquartiere – das zukünftig möglichst Viele dazu inspirieren soll, nach ähnlichem innovativen Standard zu bauen.
Auf rund 34.000 m² Bruttogeschossfläche (BGF) soll ein lebendiger Mix aus Wohnen, Arbeiten und produzierendem Gewerbe entstehen. Rund die Hälfte der Fläche belegen etwa 220 Wohneinheiten mit einer Gesamt-Wohnfläche von 14.000 m². Rund 18.000 m² werden für Gewerbe, Büro und sonstige betriebliche Nutzung verwendet. Auch ein Kindergarten (900 m²) sowie Serviced Apartments (1.100 m²) sind geplant. Neben dem integrierten Nutzungsmix besticht das Projekt vor allem durch sein Energiekonzept: Mit vielfältigen neuen Technologien – von Bauteilaktivierung über Erdwärme, Photovoltaik bis zu Fassadenbegrünung – wird Österreichs erstes urbanes Plus-Energie-Quartier zum Vorbild für innovative und nachhaltige Stadtentwicklung im dicht bebauten städtischen Raum.
Die Einreichung zur Baubewilligung soll planmäßig im Frühjahr 2021 erfolgen. Der Start der Bauarbeiten ist für Ende 2021 geplant, die Fertigstellung ist für 2023 avisiert.
Mit dem von der Stadt Wien bereits im Jahr 2017 gemeinsam mit Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung entwickelten Fachkonzept „Produktive Stadt“ soll in den Kernbereichen der Stadt ausreichend Platz für Wiens Betriebe geschaffen und damit der Wirtschaftsstandort gestärkt werden.
Die Entwicklung des ersten urbanen Plus-Energie-Quartiers in Wien ist Teil des Forschungsprojekts „Zukunftsquartier 2.0“, durchgeführt und wissenschaftlich begleitet von FH Technikum Wien, Urban Innovation Vienna und dem Institute Building Research & Innovation, ZT-GmbH.
Die Wärmeabgabe in den Räumen des Quartiers erfolgt entsprechend dem aktuellen SÜBA-Standard über die thermische Aktivierung der Stahlbetondecken. Durch diese Bauteilaktivierung, bei der über das Grundwasser, Erdwärmesonden und Wärmepumpsysteme die Gebäudedecken als Wärme- und Kältespeicher eingesetzt werden, wird der CO2-Fußabdruck maßgeblich reduziert.
Ein weiteres Herzstück des Plus-Energie-Quartiers stellt die Photovoltaik-Anlage dar, die bestmöglich in das architektonische Gesamtkonzept integriert wird. Dabei werden die PV-Module nicht nur auf dem Dach angebracht, sondern zusätzlich auch semitransparent in Terrassenbereichen sowie an Fassadenflächen eingebettet. Im Gewerbeteil des Stadtquartiers werden die Module entsprechend der brandschutztechnischen Vorgaben in die erforderlichen Auskragungen eingegliedert.
Die bestmögliche Integration der Photovoltaik-Anlage – auch in puncto Ästhetik – erfordert eine intensive Abstimmung zwischen Architektur und Energieplanung. Dieser umfassende Optimierungsprozess zwischen den beteiligten Partnern wird das Projekt auf seinem Weg zum Plus-Energie-Quartier in Wien durchgängig begleiten“, erklärt Projektentwickler Heinz Fletzberger, Vorstand der SÜBA AG.
Ein zusätzlicher wesentlicher Baustein des nachhaltigen Gesamtkonzepts ist die optimierte Speicherung von regenerativer Energie aus Wind und Sonne. Während ein Mieterstrommodell den künftigen Bewohnern einen kostengünstigen Bezug der am Gebäude nutzbargemachten Energie gewährleistet, wird der verbleibende Stromüberschuss in Batterieanlagen gespeichert, um den Eigenverbrauch weiter zu optimieren. Darüber hinaus können etwaige Energieüberschüsse über die Wärmepumpe in die Stahlbetonbauteile eingelagert und zu einem günstigen Zeitpunkt genutzt werden. Sollte die Stromerzeugung den Bedarf bzw. die Speichermöglichkeiten übersteigen, wird der Überschuss in das öffentliche Netz eingespeist und für die Plus-Energie-Bilanzierung gutgeschrieben.
Während im Gewerbebereich der Pilzgasse eine hocheffiziente mechanische Lüftungsanlage zur Wärme- und Feuchterückgewinnung Einsatz findet, wird in den Wohnbereichen auf eine freie, natürliche Lüftung gesetzt. Dabei strömt die frische Außenluft über Öffnungen in der Gebäudehülle ins Innere, wodurch ein die Luft austauschender Luftvolumenstrom entsteht.
Die kompakte Bauform des dreiteiligen Gebäudekomplexes unterstützt die Klimabemühungen weiter. Durch die durchdachte geometrische Form des Gebäudes und die optimierten Verhältnisse der Oberfläche wird eine ausgezeichnete Qualität der thermischen Gebäudehülle erreicht. Auch dem größten Energieverbraucher im Wohnbaubereich, der Warmwassererzeugung, wird besonderer Stellenwert eingeräumt: Im Rahmen des Forschungsprojektes werden unterschiedliche Methoden der Warmwassererzeugung und Verteilung analysiert, um somit die effizienteste Lösung für die Pilzgasse zu finden.
Abgerundet wird das Angebot des ersten urbanen Plus-Energie-Quartiers durch ein ästhetisch wirkungsvolles Begrünungskonzept und umfangreiche Angebote im Bereich der E-Mobilität.
Das ambitionierte Energiekonzept der Pilzgasse wurde schon in der Vorentwurfs- und Planungsphase intensiv erforscht und mitgedacht. Bei einem geladenen Wettbewerbsverfahren im Sommer 2020 stellten sich insgesamt drei ambitionierte Architektenteams der hochkarätig besetzten Jury. Schon in dieser sehr frühen Phase wurden alle relevanten Anforderungen in die Ausschreibung integriert und das enge Zusammenspiel von Energieplanung und Architektur gefördert. Die Zielvorgabe für die Architekten: Umsetzung der Flächenwidmung als „Gewerbliches Mischgebiet“ und die Realisierbarkeit als Plus-Energie-Quartier. Die Expertenjury, bestehend aus Vertretern der MA 19 (Stadtgestaltung), der MA 21 (Stadtteilplanung/Flächennutzung), der Stadtvertretung des Bezirks Floridsdorf, der Wirtschaftsagentur sowie des Forschungsteams kürten die Gewinner des Architekturwettbewerbs: SOYKA/SILBER/SOYKA.
Rendering: SOYKA/SILBER/SOYKA, Foto: Patricia Bagienski