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Österreichs Wirtschaft verharrt in der Krise

Marcus Scheiblecker: "Mit Fortdauer der Konjunkturflaute droht die längste Rezession der letzten 25 Jahre."
Michael Neubauer
Österreichs Wirtschaft verharrt in der Krise
© WIFO

Industrie und Bauwirtschaft schwächeln in Österreich nach wie vor. Eine Besserung der Lage ist noch nicht in Sicht. Mit Fortdauer der Konjunkturflaute droht die längste Rezession der letzten 25 Jahre. Auch im Euro-Raum hemmt der produzierende Bereich das Wirtschaftswachstum; zuletzt konnten lediglich Volkswirtschaften mit großem Dienstleistungssektor leicht zulegen. Die Inflation lässt weiter nach. Der private Konsum verläuft in Österreich angesichts der kräftigen Realeinkommenszuwächse enttäuschend.

"Die derzeitige Rezession in der Herstellung von Waren ist die zweitlängste Krise seit über 20 Jahren. Bislang dauerte nur die Krise Anfang der 2000er-Jahre länger, jedoch waren damals die Produktionseinbußen deutlich geringer", so der Autor des aktuellen WIFO-Konjunkturberichtes Marcus Scheiblecker.

Die heimische Herstellung von Waren steckt nach wie vor in der Rezession. Die Rückgänge der letzten sechs Quartale markieren den drittstärksten Produktionseinbruch nach der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise 2008/09 und der COVID-19-Krise. Trotz der Dauer der Schwächephase deu- ten Unternehmensumfragen bislang auf keine Besserung hin.

Wie die Industrie leidet auch Österreichs Bauwirtschaft unter einem ausgeprägten Nachfragemangel. Über die letzten neun Quartale brachen die Wohnbauinvestitionen in realer Rechnung um rund 18% ein. Der Nichtwohnbau schrumpfte im selben Zeitraum zwar deutlich schwächer (rund 6%), ist aber bereits seit dem 2. Halbjahr 2020 rückläufig. Im I. Quartal 2024 erreichten die Nichtwohnbauinvestitionen preisbereinigt das niedrigste Niveau seit 1995.

Vorlaufindikatoren für Österreich und den Euro-Raum lassen auch für die kommenden Monate nur eine gedämpfte Wirtschaftsdynamik erwarten. Die mangelnde Nachfrage nach Industriegütern belastet vor allem darauf spezialisierte Euro-Länder wie Deutschland und Österreich. Volkswirtschaften mit bedeutenderem Dienstleistungssektor wie Frankreich und Spanien erziel- ten zuletzt zumindest ein leichtes Wachstum. In fast allen Euro-Ländern dämpft die Bauwirt- schaft – vor allem der Hochbau – den BIP-Zuwachs.

In den USA dürfte die günstige Konjunktur angesichts der guten Stimmung von Unternehmen und privaten Haushalten fortdauern. Lediglich die Erwartungen zur Industrieproduktion trübten sich ein.

Neben der internationalen Nachfrageschwäche leidet Österreichs Wirtschaft auch unter der zaghaften Konsumnachfrage. Obwohl sich die hohen Lohnabschlüsse des Vorjahres nach wie vor positiv auf die Einkommen auswirken und die Inflation seit Jahresbeginn deutlich zurückge- gangen ist, geben die privaten Haushalte nur sehr zögerlich Geld aus. Laut Statistik Austria stie- gen die nominellen Einzelhandelsumsätze (ohne Kfz-Handel) im II. Quartal 2024 lediglich um 0,4% gegenüber dem Vorjahr. In realer Rechnung entspricht dies einem Rückgang von 1,6%.

Die Inflationsrate sank auch im August weiter auf 2,4% (vorläufig; Juli 2,9%). Dämpfend wirkte insbesondere die Verbilligung von Mineralölprodukten.

Der heimische Arbeitsmarkt leidet mit zunehmender Dauer verstärkt unter der Konjunktur- schwäche. Die unselbständige Beschäftigung wuchs in den vergangenen Monaten kaum mehr, während die Zahl der beim AMS gemeldeten offenen Stellen gegenüber dem Vorjahr deutlich abnahm. Die Arbeitslosenquote steigt tendenziell an.