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Finanzierungen. Die Banken haben - auch wenn sie es abstreiten - den Gürtel enger geschnallt. Selbst langjährige Kunden blitzen ab. Wie wird es weitergehen? Wir haben Immobilienprofis befragt.
Michael Neubauer

Finanzierungen. Die Banken haben - auch wenn sie es abstreiten - den Gürtel enger geschnallt. Selbst langjährige Kunden blitzen ab. Wie wird es weitergehen? Wir haben Immobilienprofis befragt.

Die Fragen:

  1. In der „guten alten Zeit“ ging man bei Fragen der Finanzierung zu seiner Hausbank. Haben Sie noch eine „Hausbank“ – oder hat das Modell ausgedient?
  2. Anleihen, Wandelschuldverschreibungen, Schuldschein­darlehen – nur etwas für die großen Player? Wie sehen Sie diese Finanzierungsinstrumente?
  3. Blicken wir in die Glaskugel: Wie wird Baufinanzierung im Jahr 2020 aussehen?

Baert, DI Michael - KopieMichael Baert, IFA Institut für Anlageberatung AG:

  1. Das Model einer Hausbank lebt, hat sich aber auf mehrere Hausbanken erweitert. Eine über lange Jahre gewachsene Beziehung und gegenseitiges Vertrauen sind eine starke und wertvolle Basis für eine konstruktive Zusammenarbeit insbesondere in schwierigen Zeiten.
  2. Anleihen finden eine immer breitere Basis, Wandelschuldverschreibungen und Schuldscheindarlehen sind schon deutlich spezieller.
  3. Der Anteil der Banken wird zurückgehen, Anleihen von privaten und institutionellen Investoren sind auf dem Vormarsch. Crowdfunding wird an Bedeutung gewinnen, zunehmend durch spezialisierte Vermittler.

Hirsch, Mag. StephanStephan Hirsch, ATHOS Immobilien AG:

  1. Für mich hat das Modell nicht ausgedient. Nach wie vor arbeitet unser Unternehmen mit zwei langjährigen Bankpartnern zusammen, unseren „Hausbanken“, wenn man dies so bezeichnen will. Wir brauchen aufgrund unseres Geschäftsmodells langfristige Finanzierungspartner, die rasche Entscheidungen, umfassendes Service, offene Kommunikation und profunde Fachkenntnis bieten. Wir schätzen die Zusammenarbeit mit unseren oberösterreichischen Regionalbanken. Bank und Unternehmen kennen sich gegenseitig umfassend und tiefgreifend, führen laufend Optimierungen der Finanzierungsstruktur durch und können langfristig aufeinander vertrauen.
  2. Diese Finanzierungsinstrumente können im Einzelfall kurzfristig durchaus auch für kleine Unternehmen überlegenswert sein. Ob sich der Organisations- und Kostenaufwand bei kleinen und mittleren Immobilienunternehmen lohnt, ist aber im Einzelfall genau zu prüfen. Auch ist die Fristenkongruenz zwischen einem eventuell langfristigen Geschäftsmodell und einer meist deutlich kürzeren Laufzeit dieser Finanzierungsinstrumente zu beachten.
  3. Wer in eine Glaskugel blickt, ist im Bereich Wahrsagerei, das ist nicht so ganz mein Zugang. Ich gehe aber davon aus, dass trotz der sicher noch anhaltenden niedrigen Zinssituation die Eigenkapitalquoten bei Bestandsportfolios steigen werden. Für das Bauträgergeschäft und die Projektentwicklung sehe ich keinen Trend, dort wird individuell nach Unternehmenssituation gestaltet werden.

Hübl, HaraldHarald Hübl, Investment Director der value one group:

  1. Im Zahlungsverkehr haben wir noch ein bis zwei „Hausbanken“, bei kurzfristigen Veranlagungen streuen wir aber breiter. Eine Finanzierung ist ja deutlich mehr als nur der Preis des Geldes: Die zentralen Themen sind für uns die Qualität der Kundenbetreuer und der Ablauf der Zusammenarbeit.'
  2. Diese Finanzierungsinstrumente passen aus unserer Sicht zu bestimmten Projekten ab einer Größenordnung von etwa 100 Mio. EUR. Wir schätzen insbesondere in der Bauphase die Flexibilität von Banken und kennen sehr gerne unser Gegenüber. Das muss bei Anleihen und Wandelschuldverschreibungen nicht unbedingt der Fall sein.
  3. Wir gehen davon aus, dass die Finanzierungsalternativen „bunter“ werden: Bei Entwicklern mit gutem Track Record wird bei kleineren Projekten sicherlich Crowdfunding eine Rolle spielen. Bei größeren Projekten ab ca. 30 Mio. EUR werden ausländische Financiers wichtiger. Institutionelle Anleger wie etwa Pensionskassen werden aufgrund der durch Basel 3 aufgebrachten Langfristigkeitsthematik für langfristige Finanzierungen wichtiger.

Kallinger, Prof (FH) Dr. WinfriedWinfried Kallinger, Kallco Development GmbH:

  1. Ich bin beharrlicher Anhänger des Hausbank-Prinzips, weil ich glaube, dass es gerade bei Immobilienfinanzierungen auf langjährige Partnerschaft, Vertrauen sowie Kenntnis der wechselseitigen Stärken und Schwächen und nicht so sehr auf kurzfristige Konditionsvorteile ankommt. Ich fürchte aber, dass dieses Modell zum romantischen Relikt wird und nicht mehr mit dem heutigen formalistischen Risk Management kompatibel ist.
  2. Für einen mittelständischen Bauträger sind Anleihen etc. eher keine Alternativen, Beteiligungsmodelle in Projektgesellschaften schon.
  3. Wenn ich das wüsste … ich tippe auf eine Zunahme von Beteiligungsfinanzierungen bei Projekten mit mittelfristigem Exit.

Klein, Ing. HermannHermann Klein, IG Immobilien:

  1. Wir haben keine Hausbank und refinanzieren unsere Projekte mittels Krediten bei verschiedenen Banken. Unser Fremdmittelanteil ist jedoch generell sehr gering.
  2. Ich glaube, dass diese Finanzierungsinstrumente am Markt durchaus gefragt sind. Wir agieren jedoch konservativ und finanzieren uns im Bedarfsfall nur über klassische Kredite.
  3. Meiner Einschätzung nach wird die Baufinanzierung digitaler, direkter und flexibler werden. Es wird noch mehr alternative Finanzierungsinstrumente am Markt geben.

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Martin Lenikus, LENIKUS GmbH:

  1. Aufgrund der sich ständig ändernden Rahmenbedingungen bei einzelnen Instituten ist es heute ein Muss, auf mehreren Standbeinen zu stehen. Andernfalls besteht neben der grundsätzlichen Abhängigkeit auch ein großes Risiko, bei geänderten Verhältnissen eines Instituts, z.B. aufgrund der Verschlechterung des Ratings des Kreditinstitutes, in einen Finanzierungsengpass zu geraten.
  2. Die Konditionen für diese Instrumente sind für Projektentwicklungen eher unattraktiv. Als Kunde mit guter Bonität erhält man derzeit bessere Konditionen bei einer klassischen Bankfinanzierung. Daher machen diese Finanzierungsinstrumente nur für größere Bestands- und Renditeobjekte Sinn.
  3. Schrittweise könnten neue Player auf den österreichischen Finanzierungsmarkt drängen, wie z.B. Versicherungen oder auch Banken aus dem Ausland. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass die Finanzinstitute zu der „überraschenden Erkenntnis“ gelangen, dass eine konservative Immobilienfinanzierung doch die sicherste Art der Kreditvergabe ist.

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Markus Ritter, C&P Consulting AG:

  1. Ja, wir haben noch eine Hausbank und arbeiten mit dieser auch sehr partnerschaftlich und eng zusammen. Allerdings kann die Hausbank nicht, wie man das vielleicht von Privatkunden gewohnt ist, alles abdecken. In unserem konkreten Fall ist das aus mehreren Gründen nicht möglich: a.) Wir haben zu viele Standorte. b.) Unser Finanzierungsvolumen wäre für eine Hausbank viel zu hoch und würde in beide Richtungen einen deutlichen Klumpen Risiko darstellen. Außerdem kann sich in der heutigen schnelllebigen Finanzwelt sowohl Strategie als auch Philosophie einer Bank rapide und rasch verändern, in einer Zeit, in der Eigentümer- oder Managementwechsel an der Tagesordnung stehen, würde das auch aus diesem Grund für uns ein viel zu großes Risiko darstellen, sich nur auf ein einzelnes Bankinstitut zu verlassen.
  2. Finanzierungsinstrumente wie Anleihen sind schon alleine aus Kostengründen sehr schwierig einsetzbar für kleine Unternehmen und deshalb viel eher für mittelständische Unternehmen oder Konzerne geeignet. Wir als mittelständisches Unternehmen beschäftigen uns permanent mit alternativen Finanzierungsinstrumenten. Beispielsweise sind wir aktuell das erste österreichische Immobilienunternehmen, welches alternativ auf Crowdfunding setzt – Näheres dazu auf www.homerocket.com. Alternative Finanzierungsinstrumente gewinnen aus unserer Sicht immer mehr an Bedeutung, gerade deshalb, weil die Bankenfinanzierungsrichtlinien verschärft worden sind und es zunehmend schwieriger wird, die geeigneten Projektfinanzierungen zu bekommen. Allerdings werden diese immer nur einen Teil – in der Regel einen sehr kleinen Teil – der Gesamtfinanzierung abdecken können, da alternative Instrumente in der Regel deutlich höher verzinst sind.
  3. Ich habe den Eindruck, dass sich die Bau- oder Projektfinanzierung 2020 noch schwieriger gestalten wird, als dies heute der Fall ist. Ich kann es in aller Offenheit ansprechen: wären die heutigen Bankenfinanzierungsrichtlinien 2005/2006 schon Standard gewesen, hätte die C&P überhaupt keine Chance gehabt, starten zu können. Vernünftige Bankenfinanzierungsrichtlinien sind daher innerhalb unserer Branche einer der wesentlichsten Faktoren überhaupt. Ich denke, dass wir als C&P Glück hatten mit unserem Startzeitpunkt, glaube jedoch zugleich, dass dieses Glück anderen Unternehmen, die in den nächsten Jahren oder 2020 starten wollen, bei weitem nicht mehr zuteil werden wird, da die Richtlinien eine klare Sprache sprechen - nämlich jene, dass es schwieriger wird. Zugleich gehe ich jedoch davon aus, dass Unternehmen, die einen starken Track Record darstellen können, auch 2020 noch vernünftige Bankenfinanzierungen erhalten werden können, denn wenn man keine Immobilienprojekte mehr finanziert, stelle ich mir die Frage, was man noch finanzieren soll, und behaupte, dass wir dann ein größeres wirtschaftliches Problem hätten, als dies in der letzten Krise 2008 der Fall gewesen ist.