Ein Maximum an Planungssicherheit bei Bauvorhaben braucht ein Maximum an Kostensicherheit. Um diese möglichst zu gewährleisten, braucht es vor allem ein aktives Kostenmanagement, sind sich Experten beim Branchentreff „Expert Talks“ vom Projektmanagement- und Immobilien-Beratungsunternehmen Drees & Sommer Österreich einig. Drees & Sommer wertet Daten aus seinen zahlreichen internationalen Projekten aus, um verschiedene Einflussfaktoren möglichst frühzeitig zu erkennen und so die Schwankungsbreiten bei Kostenermittlungen zu reduzieren.
Planung ist das halbe Leben, das gilt insbesondere bei Bauvorhaben. Egal ob Einfamilienhaus, Krankenhaus oder Büroanlage: Zu wissen, in welcher Projektphase welche Kosten entstehen werden und diese Kosten laufend zu überwachen, um Abweichungen möglichst früh zu erkennen und handhaben zu können, bildet die Grundlage für Finanzierungsüberlegungen und Kostenvorgaben. Dieses Know-how ist aber auch entscheidend für Maßnahmen der Kostenkontrolle und der Kostensteuerung, für Planungs-, Vergabe- und Ausführungsentscheidungen sowie zum Nachweis der entstandenen Kosten. „Mit steigendem Projektfortschritt sinkt der Grad der Kostenbeeinflussung. Umso frühzeitiger müssen Kostenrisiken identifiziert werden, um diese bestmöglich managen zu können“, erklärt Jacob Wiltschke von Drees & Sommer Österreich.
Maximal 15 Prozent Schwankungsbreite
Das Kostenmanagement bildet den budgetären Rahmen, welcher für ein Projekt zur Verfügung steht. Zu berücksichtigen sind dabei interne Faktoren wie geänderte Wünsche und Vorgaben in der Planungs- und Ausführungsphase sowie externe Faktoren, etwa eine sich ändernde Marktsituation, schwankende Preise, die Auslastung von ausführenden Firmen, globale Lieferketten sowie Kriege und Konflikte. „Ziel eines professionellen Kostenmanagements ist es, die Schwankungsbreite zwischen veranschlagten und tatsächlichen Kosten so gering wie möglich zu halten“, erklärt Wiltschke. Während man in der Branche von einer Schwankungsbreite von 20 bis 40 Prozent je nach Bauvorhaben ausgeht, hat sich Drees & Sommer selbst eine Schwankungsbreite von maximal 15 Prozent verschrieben. Um dieses Ziel zu erreichen, nutzt man gezielt Datenmaterial aus zahlreichen vergangenen und aktuellen Projekten und wertet dieses gründlich aus – auch mit Hilfe von künstlicher Intelligenz.
Gebäudedaten richtig managen
Weil jedes Bauvorhaben als dynamisches Projekt zu planen ist, das laufenden Änderungen unterworfen sein kann und ist, müssen im Änderungsmanagement solche Faktoren mitberücksichtigt und ihre Auswirkungen auf Kosten bedacht werden. Entsprechende Kompetenzen bündelt Drees & Sommer über seine verschiedenen Standorte hinweg. Aufbauend auf diesen Erfahrungen und den vorhandenen Daten aus zahlreichen vergangenen Projekten im In- und Ausland werden laufend für unterschiedliche Bauvorhaben Benchmarks für die einzelnen Projektabschnitte erarbeitet.
KI-Einsatz für Kostenmanagement
Das zugrunde liegende umfangreiche Datenmaterial wird zum Teil mit bestehenden IT-Systemen, zum Teil mit eigens dafür entwickelten Programmen erfasst und teilweise mit Hilfe künstlicher Intelligenz ausgewertet. „Es geht darum, auf Basis dieser Daten möglichst präzise die Kosten der einzelnen Projektabschnitte zu ermitteln, Faktoren für Abweichungen möglichst früh zu erkennen und damit die Abweichungen von den geplanten Kosten so gering wie möglich zu halten.“, erklärt Arnold Schmitzer, Geschäftsführer am Drees & Sommer Standort in Salzburg. „Eine besondere Herausforderung ist es, die Projekte so auszuwerten, dass sie auch hinsichtlich der wichtigsten Kennzahlen vergleichbar sind.“
„Sonderfall“ Hochhaus
Das manche Projekte nur schwer mit anderen zu vergleichen sind, zeigt das Projekt Danube Flats im 22. Wiener Gemeindebezirk, das von Architekt Andreas Schmitzer von projectA01 architects vorgestellt wurde. Dabei handelt es sich um die Errichtung eines 168 Meter hohen Hochhauses mit rund 700 Wohnungen. „Unser Learning aus dem Projekt ist, dass Kostenabgrenzungen im Frühstadium eines Hochhaus-Projektes nur schwer machbar sind“, betont Schmitzer. Als Beispiel nennt er das Entscheidungsprocedere im Widmungsverfahren. „Das ist ein langwieriger Prozess, an dessen Anfang man gar nicht sagen kann, ob ein Gebäude in der geplanten Größenordnung und Form überhaupt möglich ist und inwieweit man eine Wirtschaftlichkeit des Grundstücks, auf dem das Gebäude entsteht, überhaupt garantieren kann.“ Bei „Danube Flats“ spielten aber auch bautechnische Wechselwirkungen eine große Rolle: So steht das Gebäude auf einer Donauinsel und zum Teil auf der A23 bzw. in unmittelbarer Nähe zur U-Bahn. Diese Faktoren hatten einen zum Projektbeginn schwer prognostizierbaren Einfluss auf die Kosten.
Experten früh einbinden
Vergaberechtsexperte Martin Schiefer empfiehlt, nicht in Projekten, sondern vielmehr in Partnerschaften zu denken. Spezialisten sollten mit ihrer Erfahrung möglichst früh in ein Projekt eingebunden werden: „Je früher eine Baufirma oder die TGA die Möglichkeit hat, sich mit Kreativität und Know-how einzubringen, umso besser. Vertrauen fungiert hier quasi als kostendämpfende Währung. Unseriösen Kostenschätzungen und Leistungsfristen sowie Spekulation und Claiming wird dadurch kein Boden mehr bereitet. Und das ist essenziell, denn wir wollen eine saubere und nachhaltige Vergabepraxis anstelle von Realitätsverweigerung.“
Je nach Bauvorhaben sind es vor allem die Faktoren Qualität, Umfang und Zeitplan, welche sich auf die Kostenstruktur auswirken. Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen gewinnt dabei der Aspekt der Kostenplanbarkeit und -sicherheit an Bedeutung. „Ohne ein professionelles Kostenmanagement sind Bauvorhaben heute nicht mehr umzusetzen“, sind sich die Experten beim Expert Talk einig.