IMMOunited

PREA prognostiziert Auswirkungen des Geburtenkollapses auf die deutschen Wohnungsmärkte

In diesen Städten sollten Sie nicht mehr investieren: PREA prognostiziert Auswirkungen des Geburtenkollapses auf die deutschen Wohnungsmärkte
Patrick Baldia
Leipzig
Leipzig
© AdobeStock | Eine PREA-Studie prognostiziert Leipzig in den kommenden 20 Jahren einen Bevölkerungsanstieg von rund 30 %

Wohnungsbau und Wohnungsinvestitionen in Deutschland müssen viel stärker regionalisiert betrachtet werden als das bislang der Fall ist, das bestätigt eine aktuelle Studie des Technologie- und Immobilienunternehmens PREA, die basierend auf der Anzahl der Geburten, der Sterberate, dem Wanderungssaldo und der wirtschaftlichen Entwicklung die Bevölkerung und das Durchschnittsalter in den kommenden zehn, fünfzehn und zwanzig Jahren für alle Landkreise und kreisfreien Städte in Deutschland prognostiziert haben. Daraus lässt sich der Wohnungsbedarf und das regionale Leerstandsrisiko ableiten. Von Immobilieninvestoren wird dieses regelmäßig unterschätzt, weshalb die PREA-Analysten ausdrücklich vor den Folgen des Geburtenkollapses warnen.

Insgesamt zeigt sich, dass sich der demografische Wandel in den kommenden zwanzig Jahren insbesondere auf die ländlichen Regionen in Deutschland auswirken wird, wo Bevölkerungsrückgänge von bis zu 60 % (Saale-Holzland-Kreis) gemessen werden. Besonders betroffen sind hiervon die eher ländlich geprägten Bundesländer Sachsen (-9,5 %), Sachsen-Anhalt (-17,2 %) und Thüringen (-14,9 %). Demgegenüber werden die urbanen Zentren weiterhin wachsen. Diese profitieren insbesondere aufgrund des erhöhten Zuzugs. Besonders hervorzuheben sind hierbei die Metropolregionen um München, Nürnberg, Berlin, Hamburg und Frankfurt am Main. Der Urbanisierungstrend, der seit Mitte der 2000er Jahre besteht, bleibt damit weiterhin aktiv. Der Druck auf die Großstädte wird somit anhalten. Nichtsdestotrotz wird das Durchschnittsalter von aktuell 44,4 auf über 46,5 Jahre steigen, was den Bedarf nach Barrierefreiheit sowohl in den Wohnungen als auch im öffentlichen Raum verstärken dürfte.

Viele Städte werden zweistellig schrumpfen

Städte mit einem besonders hohen und nachhaltigen Wachstum sowie einer vergleichsweise jungen Bevölkerung stehen solchen mit starken Bevölkerungsrückgängen gegenüber. Für die kommenden 20 Jahre ergibt sich daraus ein Ranking der Standorte von Wohnungsinvestitionen, bei dem Regensburg, Leipzig und Potsdam die vorderen Plätze bei der Bevölkerungsentwicklung einnehmen, während Neuss, Trier und Moers als Standorte mit den größten Bevölkerungs- und Bedarfsrückgängen bei Wohnungen identifiziert wurden.

Die Metropolregionen um München, Nürnberg, Berlin, Hamburg und Frankfurt am Main sowie die Großstädte im Osten Deutschlands werden hingegen weiter wachsen. Hierbei sticht Leipzig besonders hervor, wo PREA in den kommenden zwanzig Jahren einen Bevölkerungsanstieg von +30,2 % prognostiziert. Maßgeblicher Faktor des darin sichtbaren Urbanisierungstrends dürfte die zunehmende Bedeutung der wissensintensiven Dienstleistungen in der Wertschöpfung sein.     

Ein rückläufiger Bevölkerungstrend werde in den betroffenen Regionen zu einem erhöhten Leerstand führen, schreiben die Autoren um Dr. Martin Kern, Senior Capital Market Quant bei PREA. Doch selbst bei stagnierender Bevölkerung müsse der Immobilienbestand an die sich verändernden Bedürfnisse angepasst werden. Das gelte auch für die städtische Infrastruktur. Städtebaulich könnte dies in den betroffenen Regionen bedeuten, dass entweder Ortsteile zurückgebaut oder sogar ganze Siedlungen aufgegeben werden müssen.

„Ziel der Studie ist, Investoren eine klare Vorstellung davon zu geben, welche Standorte aufgrund bestimmter Kriterien für Wohnungsinvestitionen geeignet sind und welche aufgrund des Geburtenrückgangs und der damit verbundenen Bevölkerungsschrumpfung eine erhöhte Leerstandsrate aufweisen könnten“, sagt Gabriel Khodzitski, CEO und Gründer von PREA. Momentan sei die Situation noch vergleichsweise entspannt. Mit 84 Millionen Bewohnern lebten in Deutschland so viele Menschen wie noch nie. Durch den seit über 50 Jahren anhaltenden negativen Geburtensaldo und die insgesamt höhere Lebenserwartung steige jedoch zunächst der Anteil der älteren Menschen und im Verlauf die Sterberate. Die alternde Gesellschaft bewirke somit einen Rückgang der Produktivität und des Wohnungsbedarfs – ein Trend, der sich in Deutschland regional sehr unterschiedlich realisiere.

Vor allem Umlandgemeinden müssen sich stärker auf demografischen Wandel einstellen

Gewinner des demografischen Wandels werden urbane Wachstumsregionen sein, die sich frühzeitig auf die Bedürfnisse einer älteren Gesellschaft einstellen. Laut PREA müssen das jedoch nicht zwangsläufig nur Großstädte sein. „Angesichts des anhaltend hohen Nachfragedrucks auf die wirtschaftlichen Zentren infolge des demografischen Wandels werden die Kosten für Wohnraum sowohl zur Miete als auch zum Kauf weiter steigen“, sagt Dr. Martin Kern. „Dadurch könnte auch das Umland der Städte attraktiver werden. Daraus ergibt sich eine Chance für ländliche Regionen, dem Bevölkerungsschwund zu begegnen, wenn es ihnen gelingt, sich als altersgerechte Umlandgemeinde zu präsentieren.“

Fest steht, dass der demografische Wandel den Bedarf und damit die Nachfrage nach Barrierefreiheit erhöht. Bis 2035 wachse die Versorgungslücke bei barrierefreien Einrichtungen, wie zum Beispiel schwellenfreien Zugängen, ausreichend viel Bewegungsfreiheit und bodengleiche Duschen auf rund 2,0 Millionen Wohneinheiten.

Barrierefreiheit werde jedoch nicht nur in den Wohnungen, sondern auch im öffentlichen Raum nachgefragt. Das betrifft laut Kern unter anderem den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs, Anpassungen von Gehwegen und Ampelanlagen für eine leichtere Mobilität, den barrierefreien Zugang zu öffentlichen Einrichtungen und die Entwicklung von Quartieren, die eine breite Mischung aus Wohnen, Arbeiten und Nahversorgung bieten. Hinzu kommen spezifische Anforderungen älterer Menschen an die soziale und medizinische Infrastruktur: So sind von den fünf Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland lediglich 16 % in stationärer Pflege. 84 % werden zu Hause versorgt und 75 % davon von den Angehörigen.

Eine Möglichkeit für Stadtplaner, diesen Herausforderungen zu begegnen, ist das Umland der Großstädte zu stärken. „Infrastrukturmaßnahmen, die die Peripherie stärker an die wirtschaftlichen Zentren binden, können den Nachfragedruck auf eine größere Fläche verteilen, so dass potenzielle Abwanderungsregionen in die Wachstumsregion aufgenommen werden.“ Ähnliches gelte auch für den Wohnungsbau. „Bestandshalter und Investoren haben aktuell die Chance, mit barrierefreien Wohnungen ihr Leerstandsrisiko zu minimieren und eine attraktive Zusatzrendite zu erzielen, unabhängig davon, ob diese bei Umbaumaßnahmen oder durch Neubau entstehen. Denn von Barrierefreiheit profitieren nicht nur mobilitätseingeschränkte Personen. Sie kommt allen zugute.”