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Angebotsüberhang – oder Angebotslücke?

Ist das Glas halbleer oder halbvoll. Alexander Finster, Geschäftsführer der Wiener Komfortwohnungen sieht eine Angebotslücke von (zumindest) 110.000 Wohnungen bis 2030. Immobilienrendite AG Vorstand Mathias Mühlhofer hingegen meint: „Die Migrationsbilanz ist negativ, das heißt in der Praxis: Bald gibt es in Wien mehr Wohnungen als Wohnungssuchende am Markt. Viele Wohnungen, die nach 2020 auf den Markt kommen, werden also leer stehen.
Michael Neubauer
Michael Neubauer
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© REMG

„Prognosen sind schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen." Man ist versucht Mark Twain zuzustimmen.

Österreichs Hauptstadt Wien kommt nach den Berechnungen von DIW Econ, einer Tochter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), auf eine Angebotslücke von 110.000 Wohnungen – das heißt, die Stadt braucht bis 2030 nochmals rund zehn Prozent mehr Wohnungen als sie bisher hat. Im Schnitt sind dies rund 10.000 neue Wohnungen pro Jahr. Das Forschungsinstitut hatte im Auftrag des Bauträgers Wiener Komfortwohnungen für insgesamt neun europäische Metropolen – darunter auch Berlin, Amsterdam, Budapest, Kopenhagen und Zürich – untersucht, wie viele Wohnungen in den kommenden zehn Jahren fertiggestellt werden müssen, um die erwartete Nachfrage zu decken. Dabei flossen die erwartete Bevölkerungsentwicklung, aber auch erwartete Wohnungsabgänge und fluktuationsbedingte Leerstandsquoten in die Berechnungen ein. „Der Mega-Trend der Urbanisierung ist ein paneuropäisches Phänomen, dem sich alle Metropolen stellen müssen“, sagt Alexander Finster, Geschäftsführer der Wiener Komfortwohnungen. „Es braucht große, gemeinsame Pläne von Politik, Gesellschaft und Investoren, um dem Bedarf an Wohnraum gerecht zu werden.“ In den europäischen Großstädten sei teilweise erst spät die Erkenntnis gereift, dass der Wohnungsbestand nicht mehr den Bedürfnissen der Menschen entspreche. „Das Wohnungsangebot kann sich aber nur mit Verzögerung an die Nachfrage anpassen – wegen der knapper werdenden Bauflächen, aber auch langwieriger Genehmigungsprozesse und fehlender Arbeitskräfte für den Bau“, so Kholodilin. Speziell in Österreichs Hauptstadt treffe die steigende Wohnungsnachfrage auf einen stark regulierten Wohnungsmarkt mit einem hohen Anteil an kommunalem Wohnungsbau. „Die Stadt Wien hat Schwierigkeiten, mit dieser Entwicklung mitzuhalten – ohne den Beitrag privater Investoren kann sie den steigenden Wohnungsbedarf nicht befriedigen“, sagt der DIW-Econ-Experte.

Ganz anders sieht das der Immobilienrendite AG Vorstand Mathias Mühlhofer. Jahrelang herrschte ein Mangel an Wohnraum, vor allem in Städten wie Wien. Daher wurde in den vergangenen Jahren die Wohnbauaktivität enorm gesteigert – Österreich ist hier mittlerweile Spitzenreiter in der EU. Als Folge kommen nun sehr viele Wohnungen auf den Markt. Doch in den nächsten Jahren werden diese nicht mehr gebraucht. Denn, am Beispiel von Wien erklärt: Der starke Zuzug in die Stadt, wie er 2015 und die Folgejahre herrschte, nimmt derzeit ab. „Die Migrationsbilanz ist negativ, das heißt in der Praxis: Bald gibt es in Wien mehr Wohnungen als Wohnungssuchende am Markt. Viele Wohnungen, die nach 2020 auf den Markt kommen, werden also leer stehen. Denn, so paradox das klingt: Wir haben bald ein Überangebot an Wohnraum, zumindest kurzfristig“, so Mühlhofer. „Städter träumen nach dem Lockdown und vielen Wochen in oft engen Wohnungen von einem Balkon bzw. vom Eigenheim im Grünen inklusive Garten. Markus Kitz-Augenhammer: „Diese Entwicklung bedeutet einen radikalen Wandel – für urbane wie ländliche Räume. In Städten steigt das Über-Angebot von Wohnungen damit weiter.“

„Prognosen sind schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen." Leicht kann es passieren, dass am Bedarf vorbei produziert wird. Anbieter von Luxuswohnungen können davaon ein Lied singen. Wer mit offenen Augen druch den 19. und 18. Bezirk fährt, sieht so manches Projekt, bei dem die Verwertung offensichltich schwieriger als gedacht über die Bühne geht.