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Protest - nicht mit mir!

Ich habe gekündigt. Das lasse ich mir nicht bieten. Ja, ich habe meinen Vertrag bei ImmobilienScout gekündigt“, formuliert Elisabeth Rist auf Anfrage des ImmoFokus scharf.
Michael Neubauer

Ich habe gekündigt. Das lasse ich mir nicht bieten. Ja, ich habe meinen Vertrag bei ImmobilienScout gekündigt“, formuliert Elisabeth Rist auf Anfrage des ImmoFokus scharf.

Was ist geschehen? Vor rund einem Jahr hat die Immo-Plattform ImmobilienScout24 den unmittelbaren Konkurrenten Immobilien.net übernommen. Damit gingen zwei der größten Immobilienplattformen Österreichs zusammen.

ImmobilienScout24 Geschäftsführer Patrick Schenner betonte bei der Übernahme, dass beide Marken – und damit Plattformen - erhalten bleiben sollen. ImmobilienScout24, das zur gleichnamigen deutschen Gruppe gehört, verzeichnete zum Zeitpunkt der Übernahme in Österreich rund 760 Makler und 500.000 Immobiliensuchende mit 875.000 Visits pro Monat, Immobilien.net hingegen auf seiner Plattform über 1.000 Makler bei 340.000 Immobiliensuchenden und 700.000 Visits pro Monat.

Rohr, Mag. Elisabeth"Jetzt muss ich - ob ich will oder nicht - ein Produkt, das ich nicht will, dazu buchen." - Elisabeth Rohr, Elisabeth Rohr Real Estate

Nun flatterte vor einigen Wochen allen ImmobilienScout24 und immobilien.net Kunden in Österreich ein Brief mit einer – sofern man den Vertrag nicht aufkündigt – automatischen Vertragsänderung ins Haus. Der wesentliche Punkt: Es ist nicht mehr möglich, nur eine Plattform zu buchen. Auf den Punkt gebracht: Entweder beide Plattformen oder keine. „Wer bereits beide Plattformen gebucht hatte, kommt im neuen Tarifmodell günstiger weg, diejenigen, die nur eine Plattform gebucht hatten, werden nun deutlich stärker zur Kasse gebeten“, so Rist. Zudem kämen über immobilien.net deutlich weniger Anfragen herein.

Wie Rist ist auch Immobilienmaklerin Elisabeth Rohr, Elisabeth Rohr Real Estate, von der Vorgehensweise irritiert. „Ich habe mich bereits lange vor der Übernahme von immobilien.net durch ImmobilienScout bewusst gegen immobilien.net entschieden, da ich mit den Dienstleistungen und der Tarifpolitik nicht einverstanden war. Jetzt muss ich - ob ich will oder nicht - ein Produkt, das ich nicht will, dazu buchen.“ Ein Dorn im Auge war der Immobilienexpertin auch, dass sie innerhalb einer äußerst kurz bemessenen Antwortfrist beide Produkte hätte kündigen können, dies aber aufgrund der starken Marktposition von ImmobilienScout unternehmerisch nicht sinnvoll gewesen sei.

Dies wären Geschäftspraktiken, die sie ablehne. ImmobilienScout nutze seine marktdominierende Stellung am Rücken der kleinen Makler aus. Rohr betont im Gespräch mit dem ImmoFokus, dass sie diese Aussagen als Maklerin und nicht in ihrer Funktion als ÖVI-Vizepräsidentin treffe. Wie viele Makler diese Vorgehensweise betreffe bzw. wie viele Makler sich beim ÖVI bereits beschwert hätten, wisse sie nicht, allerdings hätten sie sehr viele kleine Unternehmen persönlich kontaktiert, für die die Preispolitik wirtschaftlich schwer verkraftbar sei. Leider waren weder ÖVI-Präsident Georg Flödl noch der ÖVI-Geschäftsführer Anton Holzapfel oder ÖVI-Maklersprecherin Sandra Bauernfeind bereit, eine Stellungnahme abzugeben.

Patrick Schenner kann die Kritik nicht nachvollziehen. „In Summe gibt die Immobilienwirtschaft 40 Millionen Euro fürs Marketing aus. 24 Millionen gehen in Printwerbung, nur 13 Millionen in

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den Bereich online. Die meisten Anfragen aber kommen aus dem Internet.“ Die Tarif- und Produktreform sei notwendig geworden, um sie der aktuellen Lage anzupassen. „Wir hatten auf beiden Plattformen zu viele Produkte und Tarife – das ist jetzt bereinigt.“ Dass die Makler jetzt aber wesentlich mehr zahlen müssten, stimme nicht.

„Das sind maximal 10 Prozent. Dafür sind die Angebote jetzt auf zwei Plattformen“, so Schenner und rechnet gleich vor. „Früher hat einer in einem Tarif 249 Euro für immobilien.net und 150 Euro für Immoscout bezahlt – zusammen also knapp 500. Jetzt bekommt er das Paket um 269 Euro“. Dass es im Einzelfall zu deutlich höheren Preissteigerungen gekommen sein könne, will Schenner nicht ausschließen. „Viele, vor allem kleine Makler, haben jahrelang Tarife, die weit unter dem Listenpreis lagen, bezahlt. Diese wurden nun auf den Tarif angehoben.“

Da könne die Erhöhung dann auch schon einmal 30 oder 40 Prozent ausgemacht haben, will Schenner gar nicht bestreiten. Dafür bekommen diese auch einiges geboten. „Wir sind mit rund 80 Prozent Marktabdeckung absoluter Marktführer. Je nach Monat haben wir bis zu 2 Millionen Visits pro Monat. Das kann sich schon sehen lassen.“ Welche Plattform kann das bieten? Dass man über die Kleinen drüberfahre und zu knapp bemessene Fristen setze, will sich Schenner nicht gefallen lassen.

„Wir haben uns mit den meisten unserer rund 1650 Makler bereits geeinigt.“ Mit einigen Maklern müsse man noch Gespräche führen. „Wir reden und suchen eine Lösung – auch wenn die Frist schon abgelaufen ist.“