Die Errichtung und der Betrieb öffentlicher Gebäude und Infrastruktureinrichtungen ist ebenso wichtig wie finanziell aufwendig. Mithilfe der Konstruktion PPP soll allen Beteiligten – vom (öffentlichen) Bauherrn über den Errichter bis letztlich zum Steuerzahler – zu einer Win-win-Situation verholfen werden.
Der öffentlich-rechtliche Sektor ist durch die Maastricht-Kriterien dazu verpflichtet, die Gesamt- und Neuverschuldung des Staates im Zaum zu halten. Alle Staatsausgaben belasten auch in dem Jahr, in dem sie getätigt werden, das Budget und können nicht - wie im privaten Sektor - über Jahre hinweg abgeschrieben werden (sie werden nur als Passiva verstanden). PPP-Modelle bieten sich vor diesem Hintergrund als interessante Alternative an, erläutert Bauherrnberater Karl Friedl, Geschäftsführer von M.O.O.CON: „Im Rahmen solcher Modelle sind private Anbieter für die Finanzierung, Planung, Errichtung und den Betrieb von beispielsweise Infrastruktur- und Immobilienprojekten zuständig, die der Staat in Form eines jährlichen Verfügungsentgeltes nutzen kann.
[caption id="attachment_1432" align="alignleft" width="300"] (c) PORR[/caption]Sein Budget wird ,nur‘ durch diese Form der jährlichen Miete und nicht mit der gesamten Investitionssumme auf einmal belastet, wenn auch die Zinsen, die er für diese Finanzierungsform bezahlt, höher als beim Staat sind.“ Dadurch könne er es sich aber wieder leisten, in wichtige Projekte wie etwa Schulen, Krankenhäuser und Straßen zu investieren, ohne dass seine Neuverschuldung explodiert.
Das heißt, vom Verständnis her ist PPP kein Finanzierungs- sondern ein Beschaffungsmodell. Ein Beispiel: Die öffentliche Hand braucht eine Schule. Es wird ein privater Errichter damit beauftragt, diese Schule „bereitzustellen“.
Formale Grundlage ist ein Fixpreisvertrag, ohne viel Diskussion: fixes Projekt, fixe Vorgaben, fixe Preise. Dadurch ist der Auftragnehmer quasi „gezwungen“, die Schule zu bauen/zu finanzieren, fertigzustellen und im Anschluss daran für das Gebäudemanagement und die Instandhaltung aufzukommen. Die primäre Leistung ist aber nicht die Finanzierung, sondern die Gebäudebereitstellung. Typische Projekte im PPP-Stil sind Infrastrukturprojekte, hauptsächlich im Straßenbau (auf Bundes- und Landesebene) und Sozialbauten wie Krankenhäuser oder Schulen. Vor allem in Wien sind Bildungsbauten auf PPP-Ebene schwer angesagt. Experten berichten von etwa zehn derartigen Projekten in der Bundeshauptstadt, die teilweise schon abgewickelt sind.
Die Vereinbarungen solcher PPP-Verträge können dabei durchaus detailreich sein. Die Nutzungsvereinbarung kann beispielsweise bis auf Räume heruntergebrochen werden: Wenn ein Raum ausgemalt wird zu einer Zeit, in der Schulbetrieb besteht (und der Raum daher nicht genutzt werden kann), wird für diese „Nichtnutzungs-Zeit“ eben nichts bezahlt. Werden in einem Raum 21 Grad Raumtemperatur garantiert und die Heizung fällt aus und es hat plötzlich nur mehr 16 Grad, dann bezahlt der Bauherr für diese Zeit nichts bzw. es gibt Kostenreduktion laut „Preisliste“ (z.B. pro Tag 1.000 Euro „Nachlass“). Durch diesen vertraglichen „Druck“ sind alle Parteien daran interessiert, ein Projekt optimal durchzuführen.
Was hat der Bauherr, sprich: die öffentliche Hand, von einer PPP-Errichtung? Zunächst einmal eine gewisse Planungssicherheit, weil eben ein Fixpreis über beispielsweise 25 Jahre ausgemacht wird (freilich inklusive Wertsicherungsklauseln). Alles, was bei „klassischen“ Bauvorhaben so lästig ist wie Baukostenüberschreitungen und Mehrkosten-Nachforderungen, fallen demnach weg. Denn der Errichter (Bauunternehmer) ist zu einer gewissen Kostentransparenz gezwungen: Etwaige Nachkostenforderungen müssen schon einkalkuliert werden, weil es später keine Nachverhandlungen mehr gibt (Fixpreisvertrag). Das frühere „Ausschreibungsspiel“, das so manche Bauunternehmen professionell betrieben haben, erzählt ein Branchenkenner, fällt weg: Die Claiming-Abteilung hatte dabei den Auftrag, das Anbot so zu formulieren, um später möglichst viel Diskussionspotenzial (und Nachforderungen) zu generieren. So wurden aus 2 Prozent Marge auf einmal 5 oder 7 Prozent. Das heißt, berichtet ein PPP-Intimus, unter dem Gesichtspunkt des Vertrages ist PPP bei den errichtenden Unternehmen nicht so beliebt, vom Volumen her aber dennoch. Denn die Alternative hieße, dass gar nicht gebaut wird …
Ähnlich beschreibt dies auch Karl Friedl: „Die Herausforderung bei PPP-Projekten ist, eine exakte Bestellqualität von Objekt und Services im Vorhinein festzulegen und nicht, wie am Bau oft üblich, im Zuge des Planungs- und Bauprojektes zu ,improvisieren‘ und teurer zu werden. Dies bedeutet, dass der Bauherr zukünftige Anforderungen und Prozesse exakt durchdenken, an seine Unternehmensstrategie anpassen und diese in ein sauberes Briefing übersetzen muss.“
PPP-Modelle haben dann Zukunft, wenn sich wesentliche Prozesse, Rollen und Verantwortlichkeiten in der Bauindustrie ändern, so Friedl weiter. Aktuell sei das gewohnte Bild, dass zuerst geplant, dann konstruktiv ausgeschrieben, danach von den Errichtungsunternehmen über Claims Nachträge gefordert werden und über den Betrieb überhaupt erst dann nachgedacht wird, wenn alles schon fertig errichtet wurde. Seine Antwort: ganzheitliche lebenszyklusorientierte Modelle. „Sie bringen die Verantwortungen Planung, Errichtung, Betrieb und Finanzierung gleichzeitig und gleichwertig zusammen – und zwar von Anfang an.“
Auch teamgnesda Geschäftsführer Andreas Gnesda bestätigt die guten Einsatzmöglichkeiten von PPP-Modellen: „Sie sind eine hervorragend geeignete Konstruktion bei komplexen Aufgabenstellungen mit speziellen Anforderungen. Da, wo einerseits hoher Finanzierungs- und Kapitalbedarf und andererseits langfristige Ertrags- und Renditemöglichkeiten gegeben sind und gleichzeitig der öffentliche Auftraggeber seinen Einfluss nicht verlieren will. Andererseits da, wo sehr komplexe Aufgabenstellungen zu bewältigen sind, deren Tragweite und Auswirkung schwer vorauszusehen sind, und wo die Öffentlichkeit dafür einen Partner braucht und gleichzeitig ihren Einfluss nicht verlieren will.“ Branchenkenner sehen in PPP-Modellen die Zukunft. Denn (nicht nur) die öffentliche Hand wird sich ganz stark professionalisieren, in fünf bis zehn Jahren wird PPP eine Standardbeschaffung sein. In Großbritannien gibt es Schätzungen zufolge ein Potenzial von 15 Prozent des Investitionsvolumens, das PPP-tauglich wäre. In Österreich wird ähnliches Volumen gesehen.
Wolfgang Zechmeister, Unternehmensbereichsleiter für PPP-Projekte bei der Strabag, meint, dass sich PPP dann als sinnvoll erweist, wenn das Projekt eine gewisse Größe erreicht – im Straßenbau mehr als 100 Millionen Euro, im Hochbau mindestens 10 Millionen Euro – und keine ausreichenden öffentlichen Budgets vorhanden sind: „Als weniger geeignet erachten wir PPP-Modelle, wenn sehr hohe Anschubfinanzierungen benötigt werden.“ PPP-Projekte werden immer als Ergänzung zur rein öffentlichen Finanzierung Platz haben, ist Zechmeister überzeugt: „Es bleibt zu hoffen, dass sich eine gewisse Standardisierung der Vertragsstrukturen etablieren wird.“
Claus Tinnacher, Leiter Business Development bei der Siemens Gebäudemanagement & -Services GmbH, sieht auch in der Lebenszyklus-Betrachtung die Vorteile: „Da die Betriebskosten die Errichtungskosten während des Lebenszyklus bei weitem übersteigen, können wesentliche Kostenreduktionen für die im gesamten Lebenszyklus der Infrastruktureinrichtung anfallenden Kosten erzielt werden.“ Wesentlich ist, so Tinnacher weiter, dass eine klar abgrenzbare und gesamthafte Leistung erbracht wird, die sich klar planen und darstellen lässt, wobei die Treiber für die Leistung eindeutig erfassbar, planbar, abgrenzbar und adaptierbar sind. Die Übergabe der Verantwortung für Planung, Bau und Betrieb von der öffentlichen Hand an den privaten Partner erfordert ein hohes Vertrauen von „Public“ gegenüber „Private“, dass die entsprechenden Leistungen auch tatsächlich entsprechend umgesetzt werden.
Der Siemens-Manager ist von der Zukunftstauglichkeit überzeugt: „Durch die Realisierung eines PPP-Projekts im Rahmen eines Lebenszykluskosten-Modells können die bei getrennter Vergabe üblicherweise fehleranfälligen Schnittstellen zwischen Planung und Errichtung sowie zwischen Errichtung und Betrieb minimiert, und die Lebenszykluskosten – auch durch die Anwendung von facilitären Planungsgrundsätzen und die modellimmanente frühzeitige Einbindung des späteren Betreibers in diese Planung – um ungefähr 10 bis 15 Prozent reduziert werden.“
[caption id="attachment_1434" align="alignleft" width="300"] (c) MOOCON[/caption]„ Die primäre Leistung ist aber nicht die Finanzierung, sondern die Gebäudebereitstellung.“ - Karl Friedl, Geschäftsführer von M.O.O.CON
Gerade in Zeiten knapper Budgets der öffentlichen Hand erleben PPP-Modelle ein Revival, ist auch Ludwig Steinbauer, Geschäftsführer Beteiligungen/Concession/Immobilien der Porr Beteiligungen und Management GmbH, überzeugt: „Sie ermöglichen Großprojekte, die ansonsten schwer bis gar nicht finanzierbar wären.“ In der Regel komme das Verfügbarkeitsmodell zur Anwendung. Der Vorteil für den Auftraggeber: Er bestellt ein Produkt und der Auftragnehmer übernimmt den kompletten Produktionszyklus – von der Planung, über die Finanzierung und den Bau bis hin zur Inbetriebnahme.
Darüber hinaus ist der Auftragnehmer für den durchgängigen, störungsfreien Betrieb zuständig und trägt damit die Kostenverantwortung über den gesamten Betriebszyklus. Steinbauer: „Das können nur erstklassige, bonitätsstarke Anbieter mit entsprechender Erfahrung und umfassendem Know-how gewährleisten.“ Eine große Herausforderung bei PPP-Modellen sei sicherlich die Finanzierung: „Wir sprechen hier von Großprojekten mit Volumina, die mehrere Milliarden Euro umfassen können. Da muss das Gesamtkonzept überzeugen – vom Bau, über den Betrieb bis hin zur erwarteten Rendite.“ Und das gelte für beide Seiten: für den Auftraggeber ebenso wie für den Auftragnehmer.
Hier sieht der Porr-Manager zunächst die Auftraggeber gefordert, eine ausgewogene Risikoverteilung zu ermöglichen: „In der Vergangenheit war es oft der Fall, dass von erzielten Einsparungen – beispielsweise bei Zeit oder Kosten – ausschließlich der Auftraggeber profitierte und die Folgen von Überschreitungen der Auftragnehmer alleine tragen musste.“ Natürlich liege das bautechnische Risiko beim Auftragnehmer, der Auftraggeber müsse aber dafür sorgen, das wirtschaftliche Risiko durch geeignete Key Performance Indicators (KPIs) kalkulierbarer zu machen. Ein Schritt in die richtige Richtung wurde in Österreich beispielsweise bei Straßenprojekten bereits gesetzt, erzählt Steinbauer: „Die Anzahl der Nutzer als Berechnungsbasis wich dem Faktor Verfügbarkeit, die durch den Auftragnehmer unmittelbar beeinflusst werden kann.“