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Punktewolken werden Standard

Datenanalyse. Mittels Punktewolken kann der Zustand eines Gebäudes ohne direkte Eingriffe festgestellt werden. So geschehen etwa beim Palast von Belem, dem heutigen Amtssitz des portugiesischen Präsidenten, in Lissabon.
Pedro Vaz

Datenanalyse. Mittels Punktewolken kann der Zustand eines Gebäudes ohne direkte Eingriffe festgestellt werden. So geschehen etwa beim Palast von Belem, dem heutigen Amtssitz des portugiesischen Präsidenten, in Lissabon.

Der Gebrauch von Punktewolken (point clouds, PC) entwickelt sich zur Standardmethode, um geometrische Informationen von Bauwerken zu sammeln. Wie etwa beim Palast von Belem in Lissabon. „2011 wurde im Zuge verschiedenster Erhaltungs- und Konservierungsmaßnahmen sowie weiterer Adaptierungen beschlossen, einen 3D-Scan des gesamten Komplexes anzufertigen“, erzählen Pedro Vaz, Presidency of Portugal, und Luís Mateus,  Universität Lissabon. Einige Jahre später wurde das damals gewonnene Bild aus Punktewolken verwendet, um den gesamten Komplex wie ein Modell manipulieren zu können. „Gleichzeitig hat es eine Ansicht aus verschiedenen Perspektiven, inklusive 2D Erhebungen, ermöglicht“, so Vaz und Mateus. Unter anderem wurden dadurch eine Abweichung einiger Wände von der Vertikalen und dekorativer Elemente sowie die Krümmung der Decke eines der Haupträume entdeckt. All das war aus Bodenhöhe nicht ersichtlich. „Um die Entwicklung der Problemzonen beobachten zu können, wurde später eine weitere PC erstellt“, so die Experten.

Auch 2014 kam diese Analysemöglichkeit in Belem zum Einsatz: Damals erstellte das Nationale Bauingenieur Labor im Auftrag des Präsidenten ein Gutachten bezüglich struktureller Schwachstellen im Falle eines Erdbebens. Das aus einem ganz besonderen Grund: 1755 gab es in Lissabon ein starkes Erdbeben mit großen Schäden. Die meisten Gebäude im Stadtkern wurden danach mit einem anti-seismischen System wieder aufgebaut. Belem war allerdings von dem Erdbeben verschont worden und ist auch wegen seines Alters nicht mit diesem System ausgerüstet. „Aufgrund seiner Entstehungszeit beruht die Stabilität des Gebäudes auf alten Methoden und Techniken mit traditionellen Materialien“, sagen Vaz und Mateus. Um das strukturelle Verhalten jedes Teils des Komplexes zu testen, wurde daher ein 3D-Modell angefertigt. Einige Schwachstellen wurden identifiziert, die einer genaueren Analyse bedurften. Bevor schließlich detaillierte Lösungsvorschläge gemacht wurden, wurde ein weitaus detaillierteres Gutachten der Technischen Universitäten erstellt, um Tragkraft, Modulation, Konservierungsstatus, Verbindungen sowie Allgemeinzustand jedes einzelnen Teiles zu identifizieren und um jede Komponente exakt zu charakterisieren. Die gesamte Arbeit wurde fotografiert, geordnet und zu einem 3D Modell zusammengefügt, um das strukturelle Verhalten erneut zu überprüfen.

„Die Technologien, die mit PC-Daten verbunden werden, haben ihre Entwicklung im letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts begonnen. Heute gibt es eine breite Palette an Methoden, Techniken und Geräten, mit denen man diese Art von Daten generieren kann“, sagen Vaz und Mateus. PC können mit Laserscannern, mittels Fotografie, selbst mit einem Handy erzeugt werden. Erstere werden im Allgemeinen bevorzugt, da die Genauigkeit der Punktewolken offensichtlich von der Art des verwendeten Gerätes abhängt. „Auch der Gebrauch von Drohnen erfreut sich wachsender Beliebtheit, da sie Blickwinkel erlauben, die auf keine andere Weise erreicht werden können“, so die beiden Experten. Dass PCs zur Aufzeichnung und Dokumentation architektonischen Erbes so beliebt sind, liegt nach Ansicht beider an der eingriffsfreien Methode, mit der nicht interpretierte und damit objektivere Informationen geliefert werden können. „Die Interpretation erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt“, sagen Vaz und Mateus. Die größere Objektivität dieser Art der Dokumentation ermöglicht einer größeren Interessensgruppe, diese zu nutzen, und zwar für Bereiche, die zu Beginn nicht vorhersehbar waren. Die große Datenmenge, die gesammelt werden kann, eignet sich außerdem hervorragend für verschiedene Analyseansätze, die entscheidend für die Konservierung dieses Erbes sind. Hierbei handelt es sich um Analysen des Konservierungszustandes, Strukturanalysen, archäologische Analysen etc. „Ein weiterer Vorteil liegt in der Anlage einer digitalen Aufzeichnung, die den tatsächlichen Zustand eines Gebäudes wiedergibt und so überarbeitet und aktualisiert werden kann, um die Evolution des Gebäudezustandes erfassen zu können“, sagen die Experten.