Zum zweiten Mal in Folge ist der Wohnungsmarkt in Österreich nicht gewachsen, sondern zurückgegangen und zwar auf knapp über das Niveau von 2016, das viertbeste Ergebnis bisher – so die RE/MAX-Immobilien-Experten. Die verkauften Mengen konsolidieren sich wieder, die Durchschnittspreise steigen noch (+4,4 %), aber nur mehr gut halb so stark wir im Vorjahr (+7,6 %). Damit liegt die Preissteigerung im ersten Halbjahr 2020 zwischen jener von 2018 und 2019. Laut IMMOunited, den Experten für Immobiliendaten, die die Daten als Vollerhebung und nicht nur als Stichprobe aus dem Grundbuch ausgelesen haben, und den Analysten des RE/MAX-ImmoSpiegel, wurden im ersten Halbjahr 2020 in den amtlichen Grundbüchern 23.868 Wohnungskäufe registriert, um -4,0 % weniger als 2019 und -8,8 % weniger als im Rekordjahr 2018. Der Transaktionswert ging bei rückläufigen Mengen und steigenden Preisen minimal von 5,66 auf 5,63 Mrd. Euro zurück.
Finanziell hat der Wohnungsmarkt an Bedeutung am Gesamt-Immobilienmarkt weiter eingebüßt. Sein Wertanteil ist im ersten Halbjahr weiter zurückgegangen, vom Höhenflug 2017 mit 38,1 % über 35,5 % (2018) und 34,6 % (2019) auf 34,4 % heuer.
Eigentumswohnungen kosten um 9.000 Euro mehr
Im Jahresvergleich zum ersten Halbjahr 2019 haben die typischen Preise für Eigentumswohnungen laut RE/MAX Austria um +4,4 % oder 9.045 Euro zugelegt. Damit sind die Anschaffungskosten für Wohnungen in den letzten fünf Jahren um +26,9 % gestiegen.
Preissegment unteres Viertel: plus 6.341 Euro
Ein Viertel aller neu verbücherten Wohnungen kostete in Österreich im ersten Halbjahr 2020 weniger als 135.000 Euro. Dieser Grenzwert hat um +4,9 % zum Vorjahres-Vergleichszeitraum zugelegt, also nur geringfügig mehr als der typische Preis über alle Wohnungsgrößen. Dies ist insofern bemerkenswert, weil diese Grenze in den letzten Jahren immer wesentlich stärker als der Durchschnittspreis nach oben gewandert ist und ein Indikator dafür war, dass sich die Eintrittsbarrieren zu Wohnungseigentum überproportional erhöht haben. Im Fünfjahresvergleich stieg die Obergrenze des untersten Quartils um +36,4 %.
Preissegment oberes Viertel: plus 12.243 Euro
Das obere Preisviertel aller Wohnungen hatte in der Vergangenheit regelmäßig niedrigere Preissteigerungen als der Durchschnitt zu verzeichnen und erst recht als das Viertel des Einstiegspreissegments. Heuer ist die Situation völlig ausgeglichen und daher anders als in den Jahren zuvor: Von 277.000 auf 289.243 Euro erhöhte sich, den RE/MAX-Experten zufolge, die untere Schwelle zum obersten Preisquartil und das entspricht +4,4 %.
Foto: RE/MAX
Steigende Preise und sinkende Mengen
Das erste Halbjahr 2020 war schwächer als das Vorjahr. Aber 2019 fehlten noch -707 Wohnungsverkäufe auf 2018, heuer sind es nur -267 auf 2019. Gegenüber dem All-Time-High aus ersten Halbjahr 2018 mit 7.790 verbücherten Wohneinheiten sehen die 6.816 heuer doch eher bescheiden aus, allerdings sind sie um +9,4 % mehr als vor fünf Jahren und um +30,1 % mehr als 2010 und somit der vierthöchste Umschlagswert bisher. Auch der Transaktionswert aller Wiener Wohnungskäufe ist gefallen, nämlich um -3,0 % auf 1,82 Mrd. Euro. Somit fehlen auf den Spitzenwert von 2018 ziemlich exakt 103 Mio. Euro. Im Fünfjahresvergleich sind das allerdings noch immer um 407 Mio. Euro mehr.
Wiener Bezirksverkaufszahlen: neunmal Plus
Dem RE/MAX-ImmoSpiegel zufolge sind im ersten Halbjahr 2020 in neun der 23 Bezirke die Verkaufszahlen bei Wohnungen nach oben gegangen: Am stärksten in Leopoldstadt nach einem Durchhänger im Vorjahr: +111 auf 448. Die Donaustadt baut ihre gute Vorjahresposition aus und holt sich mit +99 und 795 Verkäufen beim Wachstum den Vizebezirksmeistertitel. Meidling mit +66 kommt auf 384 und Penzing mit +64 auf 427 Verbücherungen. Simmering erhöht um +43 auf 302 und schafft den fünften Zuwachs-Rang. Am unteren Ende der Skala rangiert der Vorjahressieger Favoriten. Heuer fehlen ihm -215 Wohnungen auf das Vorjahresergebnis, schafft aber trotzdem Platz zwei mit 682 Verkäufen. In Floridsdorf (351) kann das hervorragende Vorjahresergebnis nicht erreicht werden; heuer sind es um -76 Verbücherungen weniger als zum Vorjahreshalbjahr. Rudolfsheim-Fünfhaus meldet mit Ende Juni 254 Verbücherungen (-66) und Brigittenau 244 (-60). Die anderen Bezirke weisen geringere Abweichungen zum Vorjahr auf (zwischen -48 und +33).
Wiener Wohnungspreise: Schlanke zwei Prozent mehr
Die Wiener Wohnungspreise stehen immer wieder im Mittelpunkt von Diskussionen. Im ersten Halbjahr 2020 sind sie im Durchschnitt um +2,1 % zum Vorjahrszeitraum nach oben gegangen: 241.661 kostete eine Wohnung RE/MAX zufolge m Durchschnitt und damit um +22,3 % mehr als vor fünf Jahren. Auch die Leistbarkeit ist immer wieder Thema: Ein Viertel aller Wiener Wohnungen kostete heuer in den ersten sechs Monaten weniger als 162.500 Euro. Dieser Wert ist überproportional nach oben gegangen, nämlich um +8,3 %. Im oberen Preissegment sind die Steigerungsraten wie so oft weit geringer: Ab einem Kaufpreis von 308.160 Euro darf man seine neue Wohnung in Wien dem oberen Preisquartil zurechnen. Diese Untergrenze ist zum Vorjahreswert nur um +0,9 % nach oben gegangen.
Bezirksauswertung: Josefstadt, Wieden, Brigittenau, Döbling geben Gas
In zwölf Wiener Bezirken legen die Preise zu, in elf zeigt der Trend nach unten. In absoluten Zahlen führend, wie eh und je, ist der erste Bezirk, zum zweiten Mal nach 2018 mit Durchschnittspreisen von über einer Million Euro, aber -0,1 % unter dem alten Rekord. Bei 1.096.304 Euro Kaufpreis eigentlich unerheblich. Gegenüber 2019 bedeutet das ein Plus von 15,0 %. Die höchsten Steigerungsraten bei den erzielten Durchschnittspreisen zeigen mit +30,9 % die Josefstadt (365.442 Euro), Wieden mit +23,8 % (417.898 Euro), Brigittenau mit +15,9 % (202.155 Euro), Döbling mit +15,4 % (375.457 Euro) und wie erwähnt die Innere Stadt. Auch Meidlings Wohnungspreise ziehen im Durchschnitt noch zweistellig an (+13,1 %, 223.420 Euro). Landstraße, Floridsdorf, Mariahilf, Simmering und Margareten liegen zwischen +5 % und +10 %. In Penzing, Ottakring und Liesing bleiben die Preise wie sie waren. In Hietzing, Neubau, Donaustadt, Alsergrund und Rudolfsheim-Fünfhaus gaben sie zwischen -1 % und -5 % nach, in Währung, Hernals, Favoriten und Leopoldstadt sogar mehr. Zweimal die günstigsten Drei Die drei Bezirke mit den niedrigsten Durchschnittspreisen waren im ersten Halbjahr 2020 Rudolfsheim-Fünfhaus (169.896 Euro, -4,3 %), Favoriten (181.203 Euro, -7,4 %) und Ottakring (194.059 Euro, -0,1 %). Auch in der Einstiegspreisklasse im unteren Preisviertel führt laut den RE/MAX-Experten Rudolfsheim-Fünfhaus mit 100.068 Euro (-12,7 %), dahinter wieder Favoriten mit 109.906 Euro je Wohnung (-15,4 %) und auf dem drittbilligsten Platz Hernals mit 110.000 Euro (-26,0 %). Ottakring ist bereits deutlich teurer mit 127.000 Euro.
Fotos: RE/MAX