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Mit Augenmaß

Mietrechtsreform. Eigentlich sollte keiner darüber schreiben. Je weniger Staub aufgewirbelt wird, je weniger Zwischenrufer die Arbeit stören, desto besser. Aber ich tu es doch. Ich kann nicht anders.
Michael Neubauer

Eigentlich sollte keiner darüber schreiben. Je weniger Staub aufgewirbelt wird, je weniger Zwischenrufer die Arbeit stören, desto besser. Aber ich tu es doch. Ich kann nicht anders. Wohlgemerkt nicht als Zwischenrufer. Es sieht tatsächlich so aus, als ob die in Türkis / Blaue-Koalition eine Mietrechtsreform schaffen könnte. Wer hätte das in den letzten Jahrzehnten je gedacht. Natürlich haben es die türkisen und blauen Unterhändler leichter als ihre rot-schwarzen Vorgänger, da sie in vielen Bereichen auf einer Wellenlänge schwimmen, oder sich zumindest verständigen können. Oder glaubt tatsächlich jemand hier in diesem Land, dass die AUVA unter einer Großkoalitionären-Regierung den Sparkurs akzeptiert und ein Einsparungspotential von knapp 430 Millionen Euro gefunden hätte? Wann, wenn nicht jetzt, hätte es je eine echte Arbeitszeitflexibilisierung, welche den modernen Anforderungen gerecht wird, gegeben?
Noch ist beim Mietrecht nicht alles in trockenen Tüchern. Doch einige Eckpfeiler der Reform dürften bereits außer Streit stehen. So soll das umstrittene Lagezuschlagsverbot bei Gründerzeithausvierteln fallen, zu Recht geht es auch dem „Mietadel“ an den Kragen: Die Weitergaberechte sollen entscheidend beschnitten werden. Eines scheint den Verhandlern klar: Auch wenn aufgrund der politischen Konstellation deutlich schärfer an den Bestimmungen gedreht werden könnte, wird die Regierung, wie auch bei den anderen Politikfeldern, Augenmaß halten, damit das Pendel unter anderen politischen Rahmenbedingungen nicht zu weit in die andere Richtung – und unter Umständen darüber hinaus – ausschlagen könnte.
Dass so wenig über Zwischenergebnisse nach außen dringt, ist positiv zu vermerken. Galt es doch in der Vergangenheit Etappensiege sofort in politisches Kleingeld zu verwandeln. Vielleicht gelingt jetzt doch der große Wurf – ich wünsche es diesem Lande und im Sommerloch traue ich mir dies zu schreiben, da ich sehe, dass noch immer viele auf Urlaub sind!