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RegioPlan Analyse: Aktuelle Insolvenzen verändern Österreichs Handelslandschaft

Durch Insolvenz, Rückzug der Unternehmen aus Österreich oder einfach nur Filialreduktion stehen aktuell mindestens 550.000 Quadratmeter Verkaufsfläche zur Disposition.
Michael Neubauer

Durch die Insolvenz und die erfolgten bzw. geplanten Schließungen ist der größte Brocken mit aktuell etwa 300.000 Quadratmeter Verkaufsfläche die Kika/Leiner-Gruppe, wobei auch die verbliebenen Standorte aus heutiger Sicht keineswegs sicher scheinen. Dazu kommen durch den Rückzug von XXL-Sport 33.000 Quadratmeter, Salamander und Delka 14.000 Quadratmeter, Reno 14.000 Quadratmeter, Gerry Weber, Hallhuber und Tally Weijl mit insgesamt 14.000 Quadratmeter. Auch bei Forstinger scheinen nach der wei-teren Insolvenz nicht mehr alle Standorte mit etwa 50.000 Quadratmeter sicher, die Reduktion um ca. 5.000 Quadratmeter ist jedoch bereits fixiert. Dazu kommen viele kleinere Filialisten wie etwa Gamestop, Cherry, Dominici, Sergent Major oder Northland plus alle nicht-filialisierten Händler, die in naher Zukunft Verkaufsflächen abbauen. Insgesamt ergibt das weit über 550.000 Quadratmeter oder knapp 4 Prozent der gesamten Verkaufsfläche in Österreich. Rechnet man den weitgehend stabilen Lebensmittelhandel heraus, sind es gar über 5 Prozent.

Flächenrückgang hält schon lange an

Nicht nur die aktuellen Insolvenzen und Rückzüge aus der Fläche verändern den österreichi-schen Einzelhandel, denn dieser Trend besteht schon seit 10 Jahren – völlig unabhängig von Corona und Teuerung. Selbst große Unternehmen wie H&M, C&A, Zara, Douglas oder Mari-onnaud reduzieren ihre Flächen seit Jahren oder ziehen sich völlig aus der Fläche zurück wie etwa CCC, Yves Rocher oder Conrad.

Neue Konzepte sind kein Ersatz

Die Expansion vor allem der Non-Food-Diskonter wie Action, PepCo, Tedi, NKD oder Kik kann diese frei werdenden Flächen bei weitem nicht auffüllen, ebenso wenig wie Gastronomie. Auch neue Konzepte, die in Österreich auf den Markt kommen, eröffnen meist nur wenige oder gar nur einen Standort, etwa in der Wiener Innenstadt oder in der Shopping City Süd in Vösendorf.

Die Gründe liegen im Kundenverhalten

Die Gründe für diese Entwicklung liegen aber nicht – wie so oft vermutet – in den Nachwirkun-gen von Corona oder der Teuerung, sondern zum größten Teil im veränderten Kundenverhal-ten, das sich in zwei Ausprägungen zeigt: Erstens, die langfristig steigenden Onlineanteile und zweitens die latente Kaufzurückhaltung immer größer werdender Kundenschichten.

Die Ursache dieser Kaufzurückhaltung liegt in einem gesellschaftlichen Wertewandel: Weniger zusätzliche Dinge kaufen (Stichworte: Fast Fashion, Umweltbewusstsein), stattdessen mehr Genuss (Stichworte: Freizeit, Gastro, Urlaub, Entertainment) – und zusätzlich steigen langfristig die Onlineanteile. Die Umsatzpotenziale für den klassischen Handel werden damit geringer und wenn dann für die Händler auch noch steigende Kosten durch die Mieten, Energie, Per-sonal, Inflation sowie weitere Positionen hinzu kommen, müssen Standorte geschlossen wer-den.

Handelszonen unter Druck

Die freiwerdenden Handelsflächen setzen sowohl die gewachsenen, als auch die synthetischen Handelszonen gehörig unter Druck. In Summe gesehen werden die aktuellen und künftigen Flächenschließungen die Leerstandsquote von derzeit 5 % auf 10 % erhöhen. Am stärksten betroffen werden dabei die kleineren Innenstädte und kleine Shopping Malls sein. Die Innen-städte haben dabei noch die viel besseren Karten: Durch Umnutzungen, Gestaltung und Ver-kehrsmaßnahmen kann die Attraktivität wieder gesteigert werden.