Die Corona-Pandemie, die seit Mitte März insbesondere durch den Lockdown der Ladengeschäfte, den Diskurs um das Aussetzen von Mietzahlungen sowie bestätigte und bevorstehende Insolvenzen die Schlagzeilen beherrscht, spiegelte sich im ersten Quartal noch nicht im Resultat des Retail-Investmentmarkts wider. In den ersten drei Monaten wurde eine Zwischenbilanz von 4,86 Milliarden Euro erzielt. Dies ergibt die Analyse von BNP Paribas Real Estate.
„Mit 4,86 Milliarden Euro konnte in den ersten drei Monaten sogar eine hervorragende Zwischenbilanz erzielt werden, die sich knapp 92 Prozent über dem Vorjahresergebnis und fast 79 Prozent oberhalb des langjährigen Durchschnittswerts einordnet. Ermöglicht wurde ein derartig hoher Umsatz allerdings nur durch ein enorm starkes Portfoliosegment, das 3,36 Milliarden Euro und damit 69 Prozent des Gesamtvolumens generierte“, sagt Christoph Scharf, Geschäftsführer der BNP Paribas Real Estate GmbH und Head of Retail Services.
Nennenswert ist in diesem Zusammenhang nicht zuletzt die Übernahme der im Einzelhandelsbereich vor allem auf Nahversorgungsobjekte spezialisierten TLG Immobilien AG durch Aroundtown. Auch wenn Einzeldeals mit rund 1,5 Milliarden Euro dagegen knapp unter dem Mittelwert der vergangenen zehn Jahre bleiben, sprechen rund 100 registrierte Transaktionen in diesem Segment dennoch für ein insgesamt lebhaftes Marktgeschehen zum Jahresauftakt.
Wie bereits im vergleichbaren Vorjahreszeitraum wurde auch zum Jahresbeginn 2020 etwas mehr als eine Milliarde Euro in Einzelhandelsimmobilien an den A-Standorten investiert. Deutlich geringer fällt mit 22 Prozent hierbei allerdings ihr Umsatzanteil am Gesamtvolumen aus, der im ersten Quartal 2019 noch bei 40 Prozent lag. Im Städtevergleich haben sich die Hierarchien der einzelnen Top-Märkte seit dem Jahresende 2019 zumindest in den Führungspositionen nicht verschoben. So setzt sich die Hauptstadt vor allem durch die Berliner Einzelhandelsobjekte des TLG-Portfolios mit 417 Millionen Euro erneut vor München (295 Millionen Euro) an die Spitze. Auf über 100 Millionen Euro kommen zudem Hamburg (149 Millionen Euro) und Düsseldorf (106 Millionen Euro), während sich Stuttgart, Frankfurt und Köln deutlich unter dieser Marke einordnen.
Mit rund 3,1 Milliarden Euro (anteilig 64 Prozent) erreicht die Fachmarktsparte nicht nur eine neue Bestmarke, sondern kommt auch abseits des TLG-Portfolios auf zahlreiche Einzel– sowie Paketverkäufe und zu einem sehr guten Resultat. Darüber hinaus wird das ausgezeichnete Gesamtergebnis vor allem durch Kaufhaustransaktionen (anteilig 23 Prozent) gepusht, wozu insbesondere eine Beteiligung an Galeria Karstadt Kaufhof Immobilien zählt. In der Summe kommen die beiden vorgenannten Objektarten auf stolze 87 Prozent, sodass sowohl Geschäftshäusern als auch Shoppingcentern niedrige Anteile von knapp 8 bzw. gut 5 Prozent bleiben.
Das Marktgeschehen auf dem Retail-Investmentmarkt wurde in den ersten drei Monaten 2020 klar von einem Spitzentrio geprägt, das zusammen fast 69 Prozent des Transaktionsvolumens beisteuerte. So zeichnen Immobilien AGs (gut 24 Prozent), Equity/Real Estate Funds (knapp 23 Prozent) und Investment/Asset Manager (fast 22 Prozent) für jeweils über ein Fünftel des Umsatzes verantwortlich. Alle drei Anlegergruppen profitieren hierbei vom lebhaften Portfoliosegment und den beschriebenen Übernahmen und Beteiligungen. Auf dem vierten Rang schließen sich Spezialfonds (rund 8 Prozent) an, die sich genau wie Family Offices zwar viele - insgesamt jedoch eher kleinere Objekte - sichern konnten. Alle weiteren Investorengruppen, zu denen u. a. Corporates (rund 4 Prozent) und geschlossene Fonds (gut 3 Prozent) zählen, sind mit weniger als 5 Prozent beteiligt. Bemerkenswert ist vor allem aber auch die Bilanz der internationalen Investoren: Mit 2,47 Milliarden Euro und damit gut der Hälfte des Gesamtvolumens erreichen diese im langjährigen Vergleich sowie auch Assetklassen-übergreifend einen beachtlichen Anteil.
Insgesamt wurden bei den im ersten Quartal abgeschlossenen Verkäufen, von denen sich eine Vielzahl bereits Anfang des Jahres in fortgeschrittenem Verhandlungsstadium befanden, vergleichbare Renditen wie Ende 2019 erzielt. Da seit den Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Krise noch keine nennenswerten neu zu verhandelnden Objekte verkauft wurden, die ein verändertes Renditeniveau belegen würden, sind demzufolge noch keine Anpassungen zu konstatieren. Vor diesem Hintergrund liegen Berlin und München weiterhin gleichauf (jeweils 2,80 Prozent) vor Hamburg (3,00 Prozent), Frankfurt (3,10 Prozent), Düsseldorf, Köln und Stuttgart (jeweils 3,20 Prozent). Gleiches gilt auch für die verschiedenen Objektarten: Hier notieren Shoppingcenter weiterhin bei 4,10 Prozent, Fachmarktzentren bei 4,30 Prozent und einzelne Fachmärkte bei 5,30 Prozent.
„Auch wenn der Jahresauftakt für den Retail-Investmentmarkt noch sehr gut gelaufen ist, ist davon auszugehen, dass die Auswirkungen der Corona-Krise im weiteren Jahresverlauf deutlich spürbar werden. Gerade im Retailbereich bleibt das Ausmaß der wirtschaftlichen Folgen aufgrund der enormen Einschnitte in das Geschäftsfeld noch abzuwarten. Mit welchem Umsatzvolumen dieses Jahr zu rechnen ist und ob bzw. in welcher Form sich die Netto-Spitzenrenditen entwickeln, kann aufgrund der nach wie vor unveränderten Unsicherheit über den weiteren Verlauf der Krise nicht seriös abgeschätzt werden“, so Christoph Scharf.