Im Zuge der Preisanpassungsprozesse auf den europäischen Gewerbeimmobilienmärkten konnten in diesem Jahr in den verschiedenen Assetklassen ganz unterschiedliche Entwicklungen beobachtet werden. Der Retail-Investmentmarkt ordnet sich mit einem Anteil von rund 20 % am Gesamttransaktionsvolumen (147 Mrd. € seit Q3 2023) weiterhin auf Rang drei hinter Logistik- (rund 25 %) und Büroimmobilien (ebenfalls gut 25 %) ein. Im Vergleich dazu fiel der Umsatzbeitrag des Retail-Sektors mit rund 14 % in der Schlussphase der Coronakrise Ende 2021 jedoch deutlich geringer aus. Während die Dynamik auf den Retail- und den Logistik-Investmentmärkten im Jahresverlauf somit spürbar zulegen konnte, dauert die Erholungsphase in der Office-Sparte insgesamt deutlich länger an. Auf die Einzelhandels-Investments folgen im Assetklassen-Ranking Hotelimmobilien, die sukzessive wieder verstärkt in den Investorenfokus rücken. Sie konnten ihr Volumen im 12-Monatsvergleich um 40 % ausbauen und machen damit 12 % des Gesamtergebnisses aus. Die gestiegene Bedeutung von Retail-Investments im Vergleich der Top-Objektarten lässt sich auch auf dem deutschen Markt ablesen: Mit einem Umsatzanteil von (4,9 Mrd. €; 27 %) setzen sie sich bereits im dritten Quartal in Folge vor die Logistik- (4,4 Mrd. €; 25 %) sowie die Office-Investments (3,6 Mrd. €; 20 %).
In absoluten Zahlen wurden mit insgesamt 28 Mrd. € europaweit rund 9 % weniger Kapital in Einzelhandelsimmobilien investiert als im Vorjahr. Dahinter verbergen sich allerdings ganz unterschiedliche Markttrends in den einzelnen Ländern. So konnte in Deutschland ein Anstieg um rund 10 % verbucht werden, während Großbritannien leichte Einbußen hinnehmen musste (-3 %) und in Frankreich der Rückgang mit -18 % noch deutlich höher ausfiel. In der Addition machten diese drei Länder rund zwei Drittel der europaweiten Investitionen in Retail-Objekte aus. Starke Zuwächse waren dank eines Rekordabschlusses in der Via Monte Napoleone in Italien (+272 %) zu verzeichnen. Auch Spanien (+47 %), wo derzeit ein starkes Investoreninteresse an Einkaufszentren registriert wird, erzielte eine deutliche Umsatzsteigerung. Bemerkenswerte Ergebnisse liefert vor allem auch der Blick auf die unterschiedlichen Segmente des Retail-Investment-Sektors: So hat insbesondere die Highstreet-Sparte ihren Umsatz in den wichtigsten europäischen Ländern (rund 8,6 Mrd. € in Deutschland, Spanien, Frankreich, Italien, Polen und Großbritannien) gegenüber dem Vorjahr um beachtliche 29 % ausgebaut. Etwa die Hälfte dieses Volumens ging hierbei auf das Konto des Luxuseinzelhandelssegments. Eine hohe Dynamik im Highstreet- und Luxussektor ist nicht zuletzt in Deutschland zu verzeichnen, wo mit dem KaDeWe in Berlin sowie der Maximilianstraße 12-14 und den Fünf Höfen in München gleich mehrere großvolumige Deals registriert werden konnten, die in diese Kategorie fallen. Die Investments in den dezentralen Lagen summierten sich in den vergangenen zwölf Monaten auf 7,1 Mrd. €. Obwohl der Umsatz in dieser Sparte um 26 % nachgegeben hat, stehen insbesondere lebensmittelgeankerte Retail-Objekte bei Anlegern nach wie vor sehr hoch im Kurs. Darüber hinaus verzeichnete der Shoppingcenter-Sektor als weitere wichtige Säule des Retail-Investmentmarkts mit 4,5 Mrd. € einen leichten Rückgang von 5 % gegenüber 2023.
Spitzenrenditen: Steigende Tendenzen neigen sich dem Ende zu
„Die Preisfindungsphase, die sich im Anstieg der Netto-Spitzenrenditen 2022 und 2023 widergespiegelt hat, scheint sich dem Ende zuzuneigen. Demnach sind die Spitzenrenditen im Fachmarkt- und im Shoppingcenter-Segment im 12-Monatsvergleich nahezu konstant geblieben und bieten Investoren damit ein sehr attraktives Risiko-Rendite-Profil, das zu den besten aller Objektarten im gewerblichen Immobiliensektor zu zählen ist”, betont Patrick Delcol, Head of European Retail bei BNP Paribas Real Estate. Die niedrigsten Spitzenrenditen werden unverändert im Highstreet-Sektor erzielt, auch wenn diese in den vergangenen Jahren ebenfalls angezogen haben. Hervorzuheben sind hierbei in erster Linie die teils sehr großvolumigen Transaktionen in den Luxuseinkaufsstraßen der wichtigsten europäischen Metropolen. Diese oft sehr großvolumigen Ausnahmedeals stellen jedoch einen Nischenmarkt dar, der im Regelfall nicht mit den Investmenttätigkeiten in innerstädtischen Konsumlagen zu vergleichen ist. Auf Seiten der unterschiedlichen Investorenprofile gehen wir davon aus, dass sowohl institutionelle Anleger das Marktgeschehen auf dem Retail-Investmentmarkt weiterhin aufmerksam beobachten, aber auch opportunistisch agierende Käufer die Gunst der Stunde nutzen und zunehmend in Erscheinung treten. „Vor dem Hintergrund der skizzierten Rahmenbedingungen ist nicht auszuschließen, dass der Retail-Investmentmarkt seine Stellung im Assetklassenvergleich noch weiter ausbauen könnte“, so Delcol.
Tourismus- und Luxusbranche bleiben die wichtigsten Driver auf dem Vermietungsmarkt
Die Tourismusbranche hat ihren robusten Trend auch im Jahr 2024 weiter fortgesetzt. Nach Angaben der Welttourismusorganisation verzeichnete Europa in den ersten sieben Monaten des Jahres 2024 einen Anstieg der internationalen Ankünfte um 5 %, was 99 % der Besucherzahlen von 2019 entspricht. Insgesamt leistet der globale Tourismus einen wichtigen Beitrag zu den europäischen Volkswirtschaften, mit geschätzten Einnahmen von fast 630 Milliarden Euro im Jahr 2023 (+12 % gegenüber 2022). „Diese positiven Touristenzahlen sind gut für den Einzelhandel und die Passantenfrequenzen wichtiger europäischer Einkaufsstraßen. Dies spiegelt sich auch in der Nachfragesituation für die absoluten Top-Lagen und Shoppingmeilen wider, die insgesamt einen Aufwärtstrend verzeichnet. So sind beispielsweise die Spitzenmieten der wichtigsten Luxuseinkaufsstraßen in vielen europäischen Märkten um durchschnittlich 11 % gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Dies unterstreicht die Strahlkraft und Attraktivität des Luxussektors, der von einer internationalen Klientel angetrieben wird, die Prestige und Qualität schätzt“, beobachtet Patrick Delcol.
Der Londoner Retailmarkt wird von der Top-Lage Bond Street dominiert, wo die Spitzenmieten bei Werten von teils mehr als 30.000 €/m²/Jahr anzusetzen sind, was einem Anstieg um 19 % im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Der hohe Nachfragedruck wird durch die zahlreichen Luxusmarken unterstrichen, die Schlange stehen, um in diesem ikonischen Viertel vertreten zu sein. Als Beispiel hierfür ist die jüngste Eröffnung des ersten Londoner Flagship-Stores von Jacquemus zu nennen. In Mailand verbleiben die Spitzenmieten derweil stabil auf einem hohen Niveau und erreichen in der Via Monte Napoleone Werte von bis zu 13.000 €/m²/Jahr. Und auch in den wichtigsten Einkaufslagen von Paris liegt das Top-Level bei rund 14.000 €/m²/Jahr, wobei eine weiterhin dynamische Entwicklung registriert werden kann. Insgesamt verfestigen sich im Segment der Spitzenmieten nach der Corona-Krise die Stabilisierungstendenzen weiter, und gerade bei den Luxus-Shoppingmeilen der größten Metropolen scheint sogar noch Luft nach oben zu sein.
„2025 dürften die makroökonomischen Aussichten mit den im laufenden Jahr begonnenen Zinssenkungen der Zentralbanken und der allmählichen Rückkehr der Inflation auf ein vernünftiges Niveau der Kaufkraft der Verbraucher und damit auch den Einzelhändlern zugutekommen“, so Patrick Delcol abschließend.