News

Rettet die Wiener Gasthäuser

Vergangenen Dienstag lud DenkMalNeo zur Podiumsdiskussion „Denkmal für Kenner“ zum Thema „Rettet die Wiener Gasthäuser“.
Michael Neubauer
Napoleon.jpg
Napoleon.jpg
© Rudolf Tanzer

Nach der Begrüßung durch Helga Noack, Geschäftsführerin von DenkMalNeo diskutierten Architekt Erich Bernard, Gründer und Managing Partner von BWM Architekten, Bernhard Hiehs, Geschäftsführer von Derenko, Barbara Prilisauer, Gastronomin und Vertreterin der Fachgruppe Gastronomie der Wirtschaftskammer Wien, Irmgard Querfeld-Micko und Berndt Querfeld Gastronomen der NAPO Gastronomie.

DenkMalNeo ist ganzheitlicher Gesamtdienstleister mit dem Fokus alte Bausubstanz zu sanieren und zu schützen. Den Zusammenhang zum Thema „Rettet die Wiener Gasthäuser“ erklärt Helga Noack bereits in ihrer Begrüßung: „Als älteste Gaststätte Mitteleuropas gilt das Salzburger Sankt-Peter-Stiftskulinarium. Erstmals urkundlich erwähnt 803 wurde es seither durchgängig als Weinwirtschafts- und Gaststättenbetrieb geführt, heute mit ausgezeichneter Küche. Im selben Gebäude: DAS ist nachhaltiges Bauen.“

Am Beginn der Diskussion wurde der Unterschied zwischen Gasthaus und Restaurant thematisiert. 2021 gab in Wien 415 aktive Gasthäuser 1.980 Restaurants. 2012, waren es 1.500 Restaurants und 634 Gasthäuser. „In einem Restaurant wird erwartet, dass der Gast auch isst, in einem Gast- oder Wirtshaus kann man auch nur Getränke konsumieren“, bringt Barbara Prilisauer die Sicht der Kammer ins Spiel. Einen weiteren Aspekt bringt Erich Bernard: „Die Architektur ist gefragt diese Differenzierung herauszuarbeiten.“

„Es ist oft schwieriger mit einem Wirtshaus, Heurigen oder mit einem Gasthaus umzugehen, als mit einem Restaurant. In einem Restaurant kann ich alles neu machen – ein Gast oder Wirtshaus lebt von seiner niederschwelligen Atmosphäre, die es zu bewahren gilt. Es geht ums Feeling“, so Bernhard Hiehs.

Jedoch scheitert es meist daran „Altes zu bewahren“, die Mission von DenkMalNeo. Gründe dafür sind meist das Fehlen des notwendigen Kapitals und aber auch unrealistische Preisvorstellungen der Abgeber. „Die Kosten für eine umfangreiche Sanierung, die über das Ausmalen hinausgeht, sind nicht zu beziffern“, sind sich Bernard und Hiehs einig.

„Bevor ich ein komplett neues Lokal aufmache, würde ich ein Altes suchen, das ich übernehmen kann“, rät Erich Bernard. „Es sind andere Investitionen, wenn man ein Lokal übernimmt, wo schon einmal eine Betriebsanlagen Genehmigung da ist.“

„Viele Gasthäuser finden keinen Nachfolger“, weiß Prillisauer zu berichten. „Die Ursache sind meist Pensionierungen. Potentielle Nachfolger in der Familie entscheiden sich sehr selten für ein altes Gasthaus. Die wollen eher was Schickes. Möglichst innerhalb des Wiener Gürtels. Etwas das lässig, hipp und cool ist. Gasthäuser werden interessanter, wenn man erwachsener wird. Oft fehlt es auch am notwendigen Kapital aber auch an den unrealistischen Preisvorstellungen der Abgeber. „Die Jungen wollen gerne in ein schickes Gasthaus gehen, selbst betreiben wollen sie es nicht. Es ist auch verdammt viel Arbeit“.

Renovieren kostetet Geld – eine ganze Menge Geld. Denn häufig wurde jahrelang nichts oder nur kaum investiert. „Die Kosten für eine umfangreiche Sanierung, die über das Ausmalen hinausgeht, sind nicht generell zu beziffern“, sind sich Bernard und Hiehs einig: „Da muss man ganz genau hinsehen. Oft stimmt die Realität mit den bei den Behörden aufliegenden Bauplänen nicht mehr überein. Das kann zu einem großen Problem werden“. Aber dennoch: „Bevor ich ein komplett neues Lokal aufmache, würde ich ein Altes suchen, das ich übernehmen kann“, rät Bernard. „Es sind andere Investitionen, wenn man ein Lokal übernimmt, wo schon einmal eine Betriebsanlagen Genehmigung da ist. Das macht viel mehr Sinn.“ Ein eigenes Team stehe in der Wirtschaftskammer Wien bereit, Gastronomen mit Rat und Tat zu unterstützen. Prilisauer: „Ein Angebot, das sehr gerne angenommen wird.“

Der Kapitalbedarf bei Renovierungen ist derzeit nicht alleine schuld am Gasthaussterben in der Hauptstadt. „Man muss genau kalkulieren, im Moment galoppieren einem die Kosten davon. Die Personalkosten sollten 40 Prozent der Gesamtkosten nicht überschreiten. Davon sind wir weit entfernt. Viel stärker schlagen derzeit aber die gestiegenen Kosten beim Wareneinsatz zu Buche. Dazu kommen Investitionen Energie, Instandhaltung, Versicherung und so weiter – und das Betriebsergebnis wird deutlich einstellig. Im Moment ist die Branche im Blindflug – niemand kann mit Sicherheit sagen, wo die Reise hingeht,“ fasst Berndt Querfeld die Situation zusammen.

„Man ist und bleibt Gastronom aus Leidenschaft“, stimmt Irmgard Querfeld-Micko ihrem Mann zu. „Viele Kosten können nicht 1:1 weitergeben werden und die Preise werden aber steigen müssen, da sich die Kalkulation nicht mehr ausgehen wird.“