IMMOunited

RICS: Europa führt weltweit bei Nachfrage nach grünen Immobilien

Investorennachfrage nach grünen Immobilien: Europa führt, Amerika hinkt hinterher
Michael Neubauer
RICS: Europa führt weltweit bei Nachfrage nach grünen Immobilien
© AdobeStock

Der aktuelle Sustainability Report der RICS, an dem rund 4.000 Immobilienexperten weltweit teilgenommen haben, zeigt als zentrales Ergebnis einen deutlichen Anstieg der Nachfrage nach nachhaltigen Immobilien besonders in Europa.

Der RICS Sustainable Building Index misst die Nachfrage von Mietern und Investoren nach grünen Gebäuden. Der Begriff „grüne Gebäude“ umfasst hierbei Immobilien, die energie- und ressourceneffizient sind, eine geringe CO₂-Bilanz aufweisen und hohe Bewertungen nach verschiedenen internationalen Zertifizierungen für nachhaltiges Bauen erreichen. Im Jahr 2024 wies der Index global einen Netto-Saldo von +41 auf, was eine steigende Nachfrage nach klimaanpassungsfähigen Immobilien verdeutlicht. Dieser Trend folgt auf eine Reihe positiver Werte wie +44 im Jahr 2023, +48 im Jahr 2022 und +55 im Jahr 2021. Obwohl die Werte in den letzten vier Jahren leicht gesunken sind, zeigt der positive Saldo weiterhin eine anhaltende Nachfrage nach nachhaltigen Gewerbeimmobilien.

Nachfragewachstum in allen Regionen, besonders in Europa

Die gestiegene Nachfrage nach nachhaltigen Immobilien wird in allen Regionen beobachtet. Ähnlich wie in den letzten drei Jahren ist dabei Europa führend. Der Sustainable Building Index für Europa erreichte +63, verglichen mit einem Wert von unter +50 im Nahen Osten und Afrika, Asien-Pazifik sowie Amerika. Weltweit berichten fast die Hälfte der Befragten von einer gestiegenen Nachfrage nach grünen Gebäuden in den letzten 12 Monaten. 41 % bemerken einen moderaten Anstieg, während 8 % einen deutlich stärkeren Zuwachs feststellen. Regionale Ergebnisse zeigen, dass etwa 50 % oder mehr Befragte in Europa, APAC und im Nahen Osten sowie Afrika in den letzten Jahren eine steigende Nachfrage nach nachhaltigen Immobilien wahrgenommen haben. Die Region Amerika bildet die einzige Ausnahme, wo lediglich 34 % der Befragten einen Anstieg verzeichnen.

Investorennachfrage nach grünen Immobilien: Europa führt, Amerika hinkt hinterher

Die Ergebnisse auf der Investorenseite sind ähnlich. Rund die Hälfte der Befragten weltweit verzeichnete im letzten Jahr eine steigende Nachfrage von Investoren nach grünen Gebäuden. 40 % berichteten von einem moderaten Anstieg, während 9 % von einem deutlicheren Anstieg sprachen. Die Untersuchung von 2023 zeigte, dass die Nachfrage der Investoren in der Region Amerika hinter anderen Regionen zurückblieb. Die diesjährigen Ergebnisse belegen, dass sich daran wenig geändert hat. In der Region Amerika geben lediglich 36 % der Befragten einen Anstieg des Interesses an grünen Gebäuden an – ein Anteil, der niedriger ist als in den anderen untersuchten Regionen. 55 % der Befragten sagen, dass es im letzten Jahr keine Veränderung beim Investoreninteresse an grünen Gebäuden gab, was über dem globalen Durchschnitt von 42 % liegt. Europa liegt am anderen Ende der Skala: 68 % der Experten in der Region geben an, dass das Interesse der Investoren an grünen Gebäuden im letzten Jahr gestiegen ist. Ein moderater Anstieg wurde von 48 % verzeichnet, während 20 % von einem deutlichen Zuwachs sprechen.

In Deutschland gaben 32 % der Umfrageteilnehmer an, dass die Investorennachfrage nach grünen Immobilien deutlich gestiegen ist, von einem moderaten Anstieg berichten 52 %. Damit liegen diese Werte weit über dem globalen Durchschnitt.

„Grüner Aufschlag“ für nachhaltige Gebäude

In der Untersuchung von 2023 gaben viele Befragte an, dass Nachhaltigkeitsmerkmale eines Gebäudes einen erheblichen Einfluss auf Mieten und Kapitalwerte haben. Die diesjährige Umfrage untersuchte, ob grüne Gebäude höhere Marktwerte erzielen. Weltweit geben 44 % der Befragten an, dass grüne Gebäude im Vergleich zu vergleichbaren nicht-grünen Gebäuden mit einem Mietaufschlag belegt werden. 31 % glauben, dass dieser Aufschlag bis zu 10 % beträgt, während 13 % davon ausgehen, dass der Aufschlag sogar höher sein könnte. Selbst wenn es keinen Mietaufschlag gibt, geben 31 % der Fachleute an, dass wahrscheinlich ein „brauner Abschlag“ (Mietminderung für nicht-grüne Gebäude im Vergleich zu grünen) besteht. 25 % der Befragten sehen weder einen Aufschlag noch einen Abschlag. Die Ergebnisse sind etwas robuster, wenn es um den Einfluss grüner Merkmale auf die Preise geht. Weltweit glauben fast 50 %, dass grüne Gebäude im Vergleich zu nicht-grünen Gebäuden mit einem Preisaufschlag bewertet werden. 34 % schätzen den Aufschlag auf 0 % bis 10 %, während 14 % von einem höheren Aufschlag ausgehen. 30 % der Befragten geben an, dass es keinen Preisaufschlag für grüne Gebäude gibt, jedoch einen „braunen Abschlag“. 22 % sehen weder einen Aufschlag noch einen Abschlag.

Höhere Preisaufschläge in bestimmten Regionen

Im Nahen Osten und Afrika weisen 64 % der Befragten auf einen Preisaufschlag für grüne Gebäude hin. Dies zeigt eine stärkere Betonung der Nachhaltigkeit im Bauwesen und die zunehmende Bedeutung nachhaltiger Immobilien in der Region, die versucht, die Herausforderungen des Klimawandels und der schnellen Urbanisierung zu bewältigen. In der APAC-Region glauben 56 %, dass grüne Gebäude mit einem Preisaufschlag bewertet werden. Auch in Europa ist ein bemerkenswerter Trend zu beobachten: Durchschnittlich 50 % der Befragten geben an, dass grüne Gebäude mit einem Miet- und Preisaufschlag verbunden sind. Die ehrgeizigen Richtlinien der Europäischen Kommission zur Dekarbonisierung des Gebäudesektors könnten diesen Trend antreiben.

Nachfrage von Kunden und Stakeholdern treibt Boom von ESG-Investitionen an

Die Befragten wurden gebeten, die treibenden Kräfte hinter der wachsenden Beliebtheit von ESG-Fonds zu benennen. Diese Fonds haben einen Wert von über 30 Billionen US-Dollar erreicht. Weltweit geben 38 % der Befragten an, dass die Nachfrage von Kunden und Stakeholdern einer der Hauptgründe für diesen Boom ist. Gesetzliche Anforderungen stehen an zweiter Stelle der einflussreichsten Faktoren. 25 % der Befragten weltweit halten sie für entscheidend für das Wachstum von ESG-Investitionen. Dicht dahinter folgen weiterhin hohe Energiepreise und hohe Baukosten. Regulatorische Anreize und Subventionen sowie die zunehmende Verfügbarkeit von ESG-bezogenen Daten sowie Forschungsergebnissen landen am Ende der Liste. Nur etwa 10 % der Befragten weltweit nennen diese Faktoren als wichtige Treiber.

„Nachfrage nach nachhaltigen Immobilien bleibt – es gibt keinen Grund auszuruhen“

Susanne Eickermann-Riepe FRICS, Vorsitzende des RICS European World Regional Board (EWRB): „Ein weiteres Jahr in Folge zeigt der RICS Sustainability Report 2024 ein gemischtes Bild. Die Nachfrage nach nachhaltigen Immobilien wird als wichtigster Treiber global gesehen, aber die Umsetzung der notwendigen Maßnahmen ist wenig überzeugend. Die Nachfrage nach grünen Immobilien steigt zwar langsamer an, aber die Akzeptanz der Notwendigkeit von Klimaresilienz ist in den Regionen besonders ausgeprägt, die die Auswirkungen des Klimawandels bereits zu spüren bekommen. In Europa steht als Treiber die Regulierung an erster Stelle, die mit dem Green Deal und den zugehörigen Direktiven auch die Vorreiterrolle im globalen Ranking untermauert. Die viel diskutierten Risiken, wie die beschleunigte Wertminderung von Vermögenswerten, insbesondere für ungenutzte (Stranded) Assets, deutlich höhere Kapitalkosten und Versicherungsprämien stehen bei Investoren, Banken und Asset Manager mittlerweile oben auf der Checkliste. In der Bauindustrie zeigt sich weiterhin, dass die Kohlenstoffmessung noch nicht Einzug gehalten hat, um Entscheidungen zu treffen. Auch Biodiversität ist nur in einigen Projekten von besonderer Bedeutung. Hohe Kosten und der Mangel an Daten bleiben weiterhin ein Hindernis. Wir bewegen uns in die richtige Richtung, müssen aber schneller vorankommen.”