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RLB-NÖ-Wien-Chef - Wohnkredit-Lockerungen "absolut unbefriedigend"

KIM-VO "besachwaltet" Tätigkeit der Bankmanager - Vergabekriterien der Banken seien nachweislich "absolut in Ordnung" - Bank will verstärkt auf neue Kredit-Produkte bauen
Patrick Baldia

Für den Generaldirektor der Raiffeisen Holding und der Raiffeisen Landesbank Niederösterreich-Wien (RLB NÖ-Wien), Michael Höllerer, sind die vom Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) vorgeschlagenen Lockerungen für die Wohnkreditvergaberegeln "absolut unbefriedigend". Die Grundintention der Verordnung sei zwar nachvollziehbar, eine solche Regulierung lebe allerdings vom "Zeitpunkt und von der Ausgestaltung", sagte Höllerer am Mittwoch im Klub der Wirtschaftspublizisten.

Vergangene Woche hat das FMSG zwei Lockerungen zu der seit August bestehenden KIM-VO (Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung) empfohlen. Diese betreffen die Zwischenfinanzierungen sowie Vorfinanzierungen von nicht-rückzahlbaren Zuschüssen durch Gebietskörperschaften. Die damals auch beschlossenen strengeren Quoten für den Eigenmittelanteil und die Rückzahlungsraten wurden nicht angetastet.

"Ich glaube, dass die Verordnung in Wahrheit die Tätigkeit eines Bankmanagers bzw. eines Geschäftsleiters eigentlich besachwaltet", so Höllerer. Die Banken wüssten sehr wohl und könnten anhand der Risikokosten auch beweisen, dass ihre Vergabekriterien und die Qualität der Wohnkredit-Vergabe "absolut in Ordnung sind". Gepaart mit der Zinswende im vergangenen Jahr schiebe die KIM-VO aber nun einen Riegel für mögliche Kredite vor, die man sonst trotz der Zinsanpassungen hätte abschließen können. "Kurz gesagt, es braucht keine KIM-Verordnung", so Höllerer. "Hätte man sie vor drei Jahren gemacht, dann wäre es wahrscheinlich nachvollziehbarer gewesen".

Die vom FMSG vorgeschlagenen Lockerungen sind laut Höllerer nur wenig nützlich. Bei Zwischenfinanzierungen müsse der Wert der alten Immobilie voll als Sicherheit anerkannt werden. Das FMSG schlug hingegen vor, dass 80 Prozent des Marktwerts der alten Immobilie beim Kauf einer neuen als Eigenkapital angerechnet werden können.

Um den Restriktionen der Verordnung zu begegnen und die Kunden weiterhin bei der Schaffung von Eigentum zu unterstützen, will die Bank künftig alternative Produkte zum klassischen Wohnkredit anbieten. Eine Option wäre laut Höllerer die stärkere Einbeziehung mehrerer Generationen in einen Kreditvertrag, beispielsweise wenn Eltern ihren Kindern beim Wohnungskauf mit Eigenmitteln aushelfen. Eine weitere Möglichkeit wäre ein "umgekehrter Hypothekarkredit" ("reverse mortgage"). Bei einem solchen erhält der Kreditnehmer ein Darlehen, wobei die bereits abbezahlte Immobilie als Sicherheit gilt. Nach Ableben des Eigentümers wird der Kreditbetrag dann durch Verkauf der Immobilie zurückgezahlt.

Potenzial für neue Produkte sieht Höllerer auch im Unternehmensbereich. Die RLB NÖ-Wien will sich vor allem auf Firmen im kleinen und mittelständischen Bereich mit Wachstumspotenzial konzentrieren. Für solche könne es beispielsweise einen Fonds geben, über den sogenanntes "Mezzaninkapital" - eine Mischform zwischen Eigen- und Fremdkapital - für eine Expansion zur Verfügung gestellt wird. Finanzierungen für ein Unternehmen könnten zwischen 250.000 und 500.000 Euro liegen.

Künftig sollen verstärkt aber auch zusätzliche Leistungen, die über das klassische Bankgeschäft hinausgehen, angeboten werden. Als wesentlichen Zukunftsmarkt sieht Höllerer dabei den Pflege- und Gesundheitsbereich. Das Thema betreffe jeden Einzelnen und man könne sich nicht nur auf den Staat verlassen. Kein großes Geschäft für die Bank, hingegen ein großes soziales Anliegen, seien die Energiegenossenschaften. Hier engagiere sich die RLB NÖ-Wien vor allem Niederösterreich intensiv. Zehn Energiegenossenschaften habe man bereits gegründet, bis Jahresende sollen es doppelt so viele sein.

Zur heiklen Thematik des Russland-Geschäfts der Raiffeisen Bank International (RBI) hielt sich Höllerer - wie bereits RLB-OÖ-Chef Heinrich Schaller im Jänner - sehr bedeckt. Einen Zeitrahmen, wann eine Entscheidung bezüglich der Russland-Tochter fallen könnte, wollte er nicht nennen. Der RBI-Vorstand habe hier sehr klar kommuniziert. Er selbst werde dem Management seine Meinung nicht über die Medien ausrichten, so Höllerer, der auch im Aufsichtsrat der RBI sitzt. In der RBI werde jedenfalls mit Hochdruck an der Sache gearbeitet. "Da wird nicht auf Zeit gespielt", verteidigt der RLB-NÖ-Wien-Chef den Bank-Konzern. (apa)