„Wir als Bauunternehmen sind extrem stark im ausführenden Prozess tätig, weil es bei uns darum geht, gewisse Elemente zusammenzufügen. Wir haben wenig Einfluss auf Materialien, die werden vom Ausschreiber und vom Planer vorgegeben. Unser Hebel ist die Ausführung, also das Zusammenfügen“, eröffnet Graf. „Wir bewegen auf den Baustellen große Massen, wir bewegen sie horizontal als auch vertikal, und dort ist der große Energiebedarf angesiedelt. Hier muss man auf die Optimierung der Bauabläufe setzen und versuchen, sowohl Ressourcen als auch Energie einzusparen. Der zweite Hebel ist die Logistik, Stichwort Transporteffizienz.“ Leyrer + Graf setzt zusätzlich auf Photovoltaik beim Betrieb der Büros und beschäftigt sich mit dem Einsatz von Grünstrom, wie man von gasbetriebenen Anlagen auf elektrische umstellen und den Fuhrpark auf E-Mobilität umstellen kann. „Etwas weitergedacht, aber nicht mehr ganz auszuschließen ist Wasserstoff“, ergänzt Stefan Graf. „Es ist noch Zukunftsmusik, aber definitiv auf unserem Schirm.“
Mezler, der auf Innenausbau spezialisiert ist, führt an, dass bei Familienunternehmen das „S“ in ESG ohnehin gelebt wird und oft als selbstverständlich gilt. „Wir sind auch Gründungsmitglied von DGNB und beschäftigen uns schon lange mit Nachhaltigkeit“, so Mezler. „Wir haben auch vor einigen Jahren begonnen, unsere Produkte mit einem Mehrwert abzubilden.“ So existieren für alle Produkte UPD (Umweltproduktdeklarationen). Darüber hinaus sind viele Produkte Cradle-to-Cradle zertifiziert und die Werke ökozertifiziert. „Zudem ist es wichtig, sich anzusehen, was die Produkte im Gebäude zusätzlich zu ihrer Grundfunktion leisten. Zum Beispiel für die Gesundheit der Mitarbeiter und was sie an visuellem und thermischem Komfort bringt.“ Nachhaltigkeit sieht er als Grundbestreben seines Unternehmens. In Baden hat Lindner mit der Gemeinde ein Wasserkraftwerk gebaut. Mit dem Strom lädt Lindner unter anderem seine Elektroautos. „Wir sind auch ein produzierendes Unternehmen, die Lindner-Gruppe macht circa ein Drittel des Umsatzes mit Industrieproduktion, da hat man andere Hebel“, so Mezler. „Da geht es natürlich um CO2 bei der Produktion, aber auch darum, was verwende ich? Holzplatten, die CO2 binden, oder Platten aus Kalziumsulfat, die ich mehrmals im Kreislauf führen und als Gebrauchtplatten einsetzen kann.“ Für ihn ist das Thema Kreislaufwirtschaft sehr wichtig. Die großen Hürden, die 2026/27 vor uns liegen, wie Deponierungsverbot von Mineralwolle und Gips, zeigen, wohin die Reise gehen kann. Damit wird die Rücknahme ihrer Produkte für die Hersteller ein Thema. Für manche Materialien wie zum Beispiel Gips kann man Wiederverwertung wahrscheinlich nur über die Entsorgungskosten steuern, da der Grundstoff so günstig ist, dass sich Recycling sonst nicht rechnet. „Da werden sich einige neue Geschäftsmodelle auftun.“
„In der Gebäudetechnik muss man effizient planen, um mit möglichst wenig Energieeinsatz auszukommen, in den letzten Jahren wird immer mehr auf Zertifizierungen Wert gelegt“, so Berger. „Für gute Haustechnik gibt man da und dort auch mehr Geld aus.“ Sieht man sich die Baustelle selber an, so erklärt er weiter, so könne die Gebäudetechnik komplett vom Gebäude getrennt werden, sodass die Materialien im Kreislauf gehalten werden können. Allplan ist neben der Gebäudetechnik in der zweiten Schiene weltweit als Consulter im Bereich Energie- und Ressourceneffizienz und CO2-Vermeidung tätig. „Wir sehen, dass wir Europäer weltweit einen besonders hohen Standard haben, wo man sich Zeit nimmt, Probleme auf eine vernünftige Art zu lösen“, so Berger. „Gerade wir Europäer müssen uns die Zeit nehmen, Lösungen zu finden und diese international bereitzustellen, vor allem für Länder, die die Mittel nicht haben.“ Der Allplan-Geschäftsführer ist zuversichtlich, dass die komplette Dekarbonisierung von einzelnen Sektoren im nächsten Jahrzehnt möglich ist. „2030 sollte es in Wien einen CO2-neutraler Zement geben. Das ist ein Riesenschritt, weil man Zement maximal 150 Kilometer transportiert, da er extrem schwer und billig ist.“ In die Entwicklung des CO2-neutralen Zements sollen sehr viele Förderungen hineinfließen. Lafarge, Verbund, OMV und Borealis, aber auch die Voest mit Stahlproduktion mit Wasserstoff haben die Chance erkannt und versuchen, die Fördertöpfe auszuschöpfen.
Mehr zum Round table Nachhaltigkeit auf Baustellen lesen Sie in der aktuellen Winterausgabe des BauTecFokus.