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Sanieren ohne Auftrag

Rechtsanwalt Peter Vcelouch beleuchtet im Interview die gängige Praxis von Sanierungsfirmen, Arbeiten durchzuführen ohne offiziell beautragt worden zu sein.
Lisa Grüner
Vcelouch
Vcelouch
© Cerha Hempel

Entsteht ein Schaden wie ein Brand oder Wasseraustritt etc. stehen Sanierungsfirmen oft gleichzeitig mit Feuerwehr oder Wien Strom vor der Türe. Oft nutzen diese Firmen die Ausnahmesituation und fangen einfach an zu arbeiten. Niemand hat diese aber beauftragt. Wie sieht das rechtlich aus? 

Für den Fall, dass nicht nachträglich doch noch ein Vertrag abgeschlossen wird, könnte es sich allenfalls um einen Fall der Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) iSd §§ 1035 ff ABGB handeln. Durch die eigenmächtige Besorgung fremder Angelegenheiten mit der Absicht, fremde Interessen zu wahren, entsteht bei der GoA ein gesetzliches Schuldverhältnis. Die Sanierung kann uU sowohl Eigen- (Entgelt für Sanierungsarbeiten) als auch Fremdinteressen (alsbaldige Sanierung des Schadens des Eigentümers) dienen, wobei die GoA-Regeln aufgrund der Abgrenzbarkeit und mangels Deckungsgleichheit trotzdem zur Anwendung gelangen können. 

Das wirtschaftliche Eigeninteresse der Sanierungsfirma schließt den Fremdgeschäftsführungswillen nicht (zwingend) aus.  Eine nützliche Geschäftsführung gem § 1037 ABGB kann etwa dann vorliegen, wenn das Handeln des Sanierungsunternehmens als Geschäftsführer ohne Auftrag zum klaren und überwiegenden Vorteil des Geschäftsherrn ist. Die Vorteilhaftigkeit wird anhand eines objektiven Maßstabes beurteilt. Die vorzunehmenden Abgrenzungen sind aber vielschichtig.

Unter welchen Voraussetzungen ist es gerechtfertigt, dass diese zum Arbeiten anfangen? 

Droht dem Geschäftsherrn ein Schaden und kann seine Zustimmung nicht mehr rechtzeitig eingeholt werden, kann allenfalls sogar ein Fall der Geschäftsführung im Notfall gem § 1036 ABGB vorliegen. Das Vorliegen eines drohenden Schadens ist aus der Sicht eines objektiven redlichen Beobachters zu beurteilen. Die Dringlichkeit ist nur dann gegeben, wenn die Einholung der Zustimmung des Geschäftsherrn nicht möglich oder tunlich ist. Auch hier kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an.

Sind die Aufwendungen zur Schadensbeseitigung ungeeignet, entsteht kein Ersatzanspruch gegenüber dem Geschäftsherrn. 

Wer ist verpflichtet diese Leistungen zu bezahlen (zB wenn die Versicherung nicht bezahlt)?   

Sofern die Tätigkeit des Sanierungsunternehmens nicht nachträglich, zB nach Arbeitsbeginn, durch den Abschluss eines Vertrages auf eine vertragliche Grundlage gestellt wird, gilt grundsätzlich das Folgende:   Im Falle einer Geschäftsführung im Notfall gem § 1036 ABGB (Abwendung eines unmittelbar drohenden Schadens) hat die Sanierungsfirma Anspruch auf Ersatz aller objektiv notwendig und zweckmäßig erscheinenden Aufwendungen, auch wenn diese letztendlich ohne Erfolg geblieben sind. Sind die Aufwendungen zur Schadensbeseitigung ungeeignet, entsteht kein Ersatzanspruch gegenüber dem Geschäftsherrn.    

Im Falle der nützlichen Geschäftsführung gem § 1037 ABGB (ohne Notfall, aber zum klaren und überwiegenden Vorteil des Geschäftsherrn) ist der Geschäftsherr dem Geschäftsführer ebenso zum Ersatz der Kosten verpflichtet. Diesfalls ist der Ersatzanspruch allerdings mit den wirklich getätigten und zum Vorteil des Geschäftsherrn fortwirkenden Aufwendungen begrenzt.   Weigert sich die Versicherung die Leistungen zu bezahlen, so haftet der Geschäftsherr der Sanierungsfirma auf den Ersatz der Aufwendungen. 

Die Sanierungsfirma bietet dann eine direkte Abrechnung mit der Versicherung an. Meist wird dem Geschädigten ein Direktabrechnungsformular zur Unterschrift vorgelegt. Oft kommt es vor, dass Leistungen verrechnet werden, die nicht durchgeführt wurden bzw. die Leistungen überteuert sind. Entsteht dem Versicherungsnehmer dadurch ein Schaden? 

Es ist davon auszugehen, dass die Versicherung die Abrechnung prüfen und nur jene Kosten ersetzen wird, die auch tatsächlich angefallen und preisangemessen sind.   Zu einem Schadenseintritt oder zumindest finanziellen Nachteil beim Versicherungsnehmer wird es dann kommen, wenn er mangels Deckung durch die Versicherung auf einem bestimmten Teil der Kosten „sitzen bleibt“.    Der guten Ordnung halber ist aber auch festzuhalten, dass das Verrechnen nicht durchgeführter Leistungen idR strafrechtlich relevant sein wird.

Gelangt der Geschädigte Kenntnis von falschen Abrechnungen des Sanierungsunternehmens, kann das eine schadenersatzrechtliche Haftung des Geschädigten und gegebenenfalls auch dessen strafrechtliche Verantwortlichkeit begründen. 

Wie ist die Situation, wenn der Geschädigte Kenntnis über falsche Abrechnungen erlangt? 

Wenn der Geschädigte Kenntnis von falschen Abrechnungen des Sanierungsunternehmens erlangt und dies gegenüber der Versicherung nicht aufklärt, kann dies – nach Maßgabe des konkreten Sachverhalts – eine schadenersatzrechtliche Haftung des Geschädigten und gegebenenfalls auch dessen strafrechtliche Verantwortlichkeit begründen. Es kommt hier jeweils auf die konkreten Umstände des Falles an, sodass pauschale und allgemein gültige Antworten nur sehr eingeschränkt gegeben werden können.

Eine Versicherungsfirma hat potenzielle Streitfälle, die Vergangenheit betreffen und verschweigt diese bei einem Verkauf der Firma. Wie sieht das rechtlich aus? Wie kann sich der Käufer vor solchen Problemherden schützen? 

Dem Käufer ist eine Due-Diligence-Prüfung vor dem Unternehmenskauf zu empfehlen, um derartige Risken noch vor Vertragsabschluss aufzudecken. Das Ergebnis einer solchen Due-Diligence-Prüfung hat üblicherweise Einfluss auf die Kaufentscheidung oder zumindest auf die Höhe des Kaufpreises.   Grundsätzlich gehen nämlich unternehmensbezogene Rechtsverhältnisse, und somit auch Verbindlichkeiten, des Veräußerers auf den Käufer über (§ 1409 ABGB, § 38 Abs 1 UGB). 

Allerdings haftet der Veräußerer idR – zumindest für einen bestimmten Zeitraum – neben dem Käufer auch für übernommene Verbindlichkeiten. Die Werthaltigkeit dieser Haftung hängt allerdings von den finanziellen Verhältnissen des Veräußerers ab.   Sollen unternehmensbezogene Rechtsverhältnisse des Veräußerers vom Käufer nicht übernommen werden, ist es zB gem § 38 Abs 4 UGB möglich, den Käufer durch eine entsprechende Eintragung im Firmenbuch, eine Bekanntmachung auf verkehrsübliche Weise oder eine Mitteilung an den Dritten, von einer Haftung zu befreien.