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Schweden

Schweden ist das flächen- und einwohnermäßig größte Land Skandinaviens, dessen Exportschlager von IKEA über Volvo die skandinavischen Tugenden von praktischem Design, Qualität und Sicherheit auch bei uns sprichwörtlich machten.
Harry Weber

Schweden ist das flächen- und einwohnermäßig größte Land Skandinaviens, dessen Exportschlager von IKEA über Volvo die skandinavischen Tugenden von praktischem Design, Qualität und Sicherheit auch bei uns sprichwörtlich machten. Ein sehr gut ausgebautes Sozialsystem, das „schwedische Modell“, prägt unser Bild vom Drei-Kronen-Land ebenso wie der Eindruck von sozialem Frieden und Wohlstand.

Politisch seit den Napoleonischen Kriegen neutral und militärisch bündnisfrei, also im Unterschied zu allen Nachbarn - Norwegen, Finnland und Dänemark - nicht in der Nato, ist die parlamentarische Monarchie seit 1995 in der Europäischen Union.

Schweden hat die Wirtschaftskrise relativ gut überstanden und hält derzeit stabil bei einer Staatsverschuldung von 44 Prozent des BIPs (jährliche Neuverschuldung 0,7%), einer Arbeitslosenquote von 7,7 Prozent und einer Inflationsrate von 1,5 Prozent bei einem prognostizierten Wirtschaftswachstum vom 3 Prozent für 2016.

Investment Markt

Das Jahr 2015 endete mit einer Gesamtinvestitionssumme von 128,4 Milliarden Schwedische Kronen (Euro 13,7 Milliarden) wieder als extrem starkes Jahr auf dem Transaktionsmarkt, charakterisiert durch große Portfolio- und Cross-Border Deals. 25 Prozent des gesamten Transaktionsvolumens bildeten Cross-Border-Deals. Investitionen im Retail-Markt sind ebenso angestiegen, wie im industriellen und Logistik-Bereich, aus denen, ebenso wie vom Wohnungsmarkt, ein Rekordjahr an gehandeltem Volumen vermeldet wurde. Die gute Verfügbarkeit von billigem Kapital in Kombination mit überwiegend Käufern mit einem langen Investmenthorizont haben allerdings die Renditen gedrückt.

Für 2016 wird in allen Marktsegmenten anhaltend starke Investitionstätigkeit erwartet. Die rege Aktivität von sowohl inländischem als auch ausländischem Kapital - 28 Prozent der Investoren kamen 2015 aus dem Ausland - wird nur von der relativ geringen Verfügbarkeit von Objekten gebremst. Die Nachfrage übersteigt das Angebot.

Wohnungsmarkt Schweden

Zusätzlich zu den Besonderheiten des schwedischen Mietrechts setzen demographische Veränderungen den Wohnungsmarkt kräftig unter Druck. Das zu erwartende relativ starke Bevölkerungswachstum von 1,3 bis 1,5 Prozent in den kommenden Jahren - Schweden wird im Jahr 2016 die Zehn-Millionen-Einwohner-Grenze überschreiten, bis 2025 soll es 11 Millionen Schweden geben -und der weltweite Trend zur Urbanisierung machen Stockholm zur am schnellsten wachsenden Stadt Europas, gefolgt von Kopenhagen, Oslo und London. Nachdem de facto keinerlei Leerstand auf dem Wohnungsmarkt zu vermelden ist, errechnete Boverket, die schwedische nationale Behörde für Wohnen, Bauen und Planen, dass bis 2025 an die 700.000 neue Wohneinheiten geschaffen werden müssen, davon 262.000 alleine in Stockholm, also ungefähr 26.000 neue Wohnungen pro Jahr. Mehr als das Doppelte der bisherigen Bauleistung. Neben Wohnraum müssen natürlich auch vermehrt soziale Einrichtungen von Kindergärten über Schulen bis zu Krankenhäusern und Altersheimen entsprechend geschaffen werden.

Schwedisches Mietrecht:

Die teilweise großen Unterschiede zum mitteleuropäischen Wohnimmobilienmarkt sind in einigen Besonderheiten des schwedischen Mietrechts zu finden, dessen Auswüchse den gelernten Europäer in Erstaunen versetzen, sobald er sich, in Stockholm angekommen, auf Wohnungssuche macht, wo laut schwedischer Handelskammer alleine 110.000 Wohnungen fehlen.

Staatliche Vergaberichtlinien und Preisdiktate machen die Wohnungssuche in Schwedens Städten zu einem Lotteriespiel. Der Mietpreis wird vom Staat bestimmt, Wohnen im Zentrum kostet nicht wesentlich mehr als in der Peripherie. Diese Regulierungen bringen es mit sich, dass es nur relativ wenige private Anbieter von Wohnraum gibt. Die meisten Wohnhäuser gehören kommunalen Wohnungsverwaltungen oder Immobilienfirmen, die offizielle Wartelisten führen. Die durchschnittliche Wartezeit in Ballungszentren liegt bei drei Jahren, von dem beliebten Stockholmer Stadtteil Östermalm werden bis zu 22 Jahre vermeldet. Rund eine halbe Million Menschen stehen alleine in der Hauptstadt auf einer Warteliste für eine mietpreisgebundene Wohnung.

Ein Erstmietvertrag, direkt vom Eigentümer gemietet, ist wie ein Lottosechser. Der Mieter ist so gut wie unkündbar, zahlt eine geringe Miete und kann die Wohnung teuer weitervermieten. Ein Stockholmer Wohnungseigentümer aus dem Stadtteil Södermalm, der für zwei Jahre ins Ausland ging, wollte seine Eigentumswohnung, die ihn monatlich 600 Euro kostete, untervermieten, durfte aber gemäß der Mietpreisbindung für Erstvermietungen nicht mehr als 300 Euro Miete verlangen.

Die durch diese Regulierungen verschärfte Mietraumknappheit drängt viele Wohnungsuchende zum alternativen Kauf einer Immobilie, zumal Kredite dafür günstig und einfach zu bekommen sind und die Zinsen auf niederem Niveau stehen. Viele Schweden verschulden sich durch Wohnraumkauf hoch, ein Kreditvolumen von sogar 100 Prozent des Kaufpreises ist nicht unüblich, die Banken verlassen sich offenbar auf Zinseinnahmen. Die Mahner vor einer Immobilienblase mehren sich.

Eine weitere Besonderheit ist das sogenannte Bostadsrätt. Man erkauft sich eine Mitgliedschaft in einer Eigentümervereinigung und damit verbunden ein Dauerwohnrecht in einer Wohnung im Haus der Vereinigung, also eine Art Genossenschaft mit dem Spezifikum, dass die Weitervermietung und der Verkauf erschwert sind, da die Vereinigung dafür ihre Zustimmung geben muss, was nicht immer selbstverständlich ist. Und das bei Preisen von derzeit 10.000 Euro pro Quadratmeter in gefragten Lagen, also kaum ein Unterschied zu Eigentum.

Office

Mit geschätzten 12,3 Millionen Quadratmetern im Großraum Stockholm, davon 6,2 im Stadtgebiet, konzentriert sich der schwedische Büromarkt um die Hauptstadt. Göteborg mit ungefähr 4,6 Millionen Quadratmetern und Malmö mit knapp unter zwei Millionen Quadratmetern folgen. Viele große Unternehmen verlassen die Innenstädte und konzentrieren ihre oftmals im Stadtgebiet verstreuten einzelnen Büroeinheiten in neuerbauten Firmenzentralen in Außenbezirken. Das führte kurzfristig zu einer Leerstandsrate von vier Prozent in den Innenbezirken, in denen nun vermehrt leerstehende Gebäude neu projektiert und umgebaut werden. 2016 soll im Großraum Stockholm ungefähr ein Prozent des Gesamtmarktes an neuen Büroflächen entstehen, also an die 136.000 Quadratmeter. Das hauptsächlich im Norden der Stadt zwischen Zentrum und dem Flughafen Arlanda.

Die durchschnittliche Miete in guten Lagen Stockholms liegt bei 5.000 Schwedische Kronen pro Quadratmeter (540 Euro pro Quadratmeter und Jahr), ein leichter Anstieg wird gegen Jahresende erwartet. Von einzelnen Spitzenmieten über 6.000 Schwedische Kronen wird berichtet. In Göteburg und Malmö liegen die Durchschnittsmieten etwa bei der Hälfte der Hauptstadt.

Retail

Die Handelsumsätze sind in Schweden 2015 gewachsen und mit dem stabilen schwedischen Wirtschaftswachstum wird der private Konsum einen wichtigen Faktor des Wachstums in den kommenden Jahren darstellen. Die Haushalte sind finanziell konsolidiert und mit anhaltend niederen Zinsen und geringer Inflation bleibt der Wunsch nach Konsum hoch. Für 2016 wird erwartet, dass der Konsum preisbereinigt um 3,5 Prozent steigen wird.

Urbanisierung, Bevölkerungswachstum und Online-Handel führen zu einem harten Verdrängungskampf zwischen den verschiedenen Typen von Einkaufsdestinationen am Markt. Die Faktoren Standort und Qualität werden immer wichtiger, sowohl bei Kunden als auch bei Betreibern. Die Marktgrößen steigen und die Objekte in den größten Städten erzielen Topmieten. Neugebaute oder renovierte Shopping-Center in attraktiven Lagen haben kein Problem, ihre Geschäfte zu vermieten und die besten Center außerhalb Stockholms vermieten zu Quadratmeterpreisen von innerstädtischen Lagen. Der allgemeine Trend weg vom einfachen Einkaufen zu mehr Entertainment und Freizeitaktivitäten verändert auch in Schweden die Strukturen der Shopping-Center.

Wie überall muss auch hier, um bei steigenden Umsätzen über das Internet im Rennen zu bleiben, einiges geboten werden, um seitens des Retail-Sektors attraktiv und konkurrenzfähig zu bleiben. Der Verkauf im Net hält in Schweden bei derzeit sieben Prozent und wächst – im Vergleich dazu weltweit führend ist England mit 15 Prozent. Bedenkt man, dass in den siedlungsarmen Gebieten Nordskandinaviens der Internethandel sicherlich teilweise die einzige Alternative ist, am breiten Marktangebot teilzunehmen, ist davon auszugehen, dass der Konkurrenzkampf der Absatzsysteme noch härter wird.