Ein Zurück zur Vorkrisenzeit sei nicht denkbar, meinen viele. Gestützt wird diese Einschätzung von Medienberichten, in denen international agierende Konzerne bereits eine Reduktion der Büroflächen ankündigen. Ich bin mir bei all dem nicht ganz so sicher. So kenne ich etwa Fälle, in denen die angekündigte Flächenreduktion nicht kausal auf Corona, sondern vielmehr auf einen bereits vor Corona geplanten Personalabbau zurückzuführen ist, weil sich die Geschäftslage oder die Geschäftsmodelle ändern. Im Kontext mit Corona macht die Ansage nun aber einen deutlich schlankeren Fuß.
Dass einzelne Beschäftigte mit weitgehend unabhängigem Arbeitsbereich künftig etwas öfter ins Home-Office abtauchen werden – geschenkt –, genauso wie das eine oder andere Präsenzmeeting durch eine Videokonferenz ersetzt werden wird. Grundsätzlich ändert das die Büro-Arbeitswelten jedoch nicht. Denn beides gab es in einigen Unternehmen bereits vor Corona. Möglicherweise sind es in Zukunft mehr (Unternehmen und Beschäftigte). Aber speziell jene Betriebe, die bereits langjährige Erfahrung mit Teleworking und Videokonferenzen haben, bestätigen, dass diese Werkzeuge nur selektiv zum Einsatz kommen sollten. Langfristig nehmen sonst das Unternehmensklima, die Beziehungen zu Kunden und Lieferanten und vor allem die Produktivität erkennbaren Schaden. Wie ich in einen früheren Kommentar an dieser Stelle bereits ausführte: Evidenzbasierte Messungen aus 2017 in einem deutschen Chemiekonzern ergaben einen Produktivitätsverlust im Home-Office von durchschnittlich knapp dreißig Prozent. Davon ausgenommen waren im Wesentlichen lediglich Arbeitnehmer, die sich von Berufs wegen wenig im Büro aufhielten, etwa Key Account Manager oder Arbeitnehmer, die im Büro weitgehend eigenständig und unabhängig arbeiten. Umso stärker waren Produktivitätsverluste dafür bei Dienstnehmern, deren Tätigkeit mit der Büroorganisation, etwa durch Koordinierungsfunktionen, verwoben war, und je mehr die Beschäftigten zu Hause mit privaten Betreuungspflichten konfrontiert waren.
Insofern gehe ich davon aus, dass, sobald die Pandemie offiziell als beendet erklärt wird, der überwiegende Teil der Arbeitnehmer mit Büroarbeitsplatz wieder an diesen zurückkehren wird (müssen). Das Büro, wie wir es kennen, ist mitnichten ein Auslaufmodell. Es veränderte sich bereits in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich und wird das auch in Zukunft tun, aber immer evolutionär, nie spontan radikal. Auch ein Virus wird daran nichts ändern.
Andreas Kreutzer ist Geschäftsführer des Beraternetzwerks Kreutzer Fischer & Partner mit Sitz in Wien. Seit nahezu 30 Jahren unterstützt KFP unter anderem Unternehmen bei Marktanalysen und Projekten.