Während der Immobilien- und Handelskonzern Signa rund um den Tiroler Investor René Benko unter Hochdruck frisches Geld sucht, entsteht in Luxemburg eine Auffangkonstruktion. Das berichtet das "St. Galler Tagblatt" (Mittwoch) unter Verweis auf die Globus-Warenhäuser in der Schweiz. Noch in dieser Woche muss Benko laut "Handelsblatt" 600 Mio. Euro auftreiben, ehe die Sanierung starten kann. Weitere 1,5 Mrd. Euro werden der Finanzagentur "Bloomberg" zufolge 2024 benötigt.
Der in Schieflage geratene Immobilienkonzern verhandelt laut Finanzkreisen mit dem auf Restrukturierungsdeals spezialisierten Investor Attestor über die 600-Millionen-Finanzspritze. Die Gespräche liefen und es werde ein sehr kurzfristiger Abschluss angepeilt, sagten mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen dem "Handelsblatt" (Donnerstagausgabe).
Darüber hinaus gebe es auch Diskussionen mit anderen möglichen Investoren, hieß es. Ob ein Deal gelingen werde, sei aber unklar. Signa und Attestor lehnten laut "Handelsblatt" Stellungnahmen ab.
Benko versucht offenbar, seinen verschachtelten Konzern nicht nur mit frischem Kapital sondern auch mit neuen Finanz- und Firmenkonstruktionen zu retten - etwa mittels Kommanditgesellschaften, die eigentlich aus der Mode gekommen seien, berichtete das "St. Galler Tagblatt“. Ihr Vorteil: Es ließen sich Eigenmittel beschaffen mit beschränktem Risiko für den Geldgeber. Denn die Haftung des Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft ist auf dessen Einlage minimiert.
Dem luxemburgischen Handelsregister lasse sich beispielsweise entnehmen, dass die Signa-Gruppe vergangene Woche zwei solcher Kommanditgesellschaften geschaffen und ineinander verschachtelt habe - die Signa Prime Swiss Invest und die Signa Prime Swiss Beteiligung. In der Schweiz gehören etwa die Globus-Warenhäuser zum Portfolio des Immo-Konzerns.
Als unbeschränkt haftender Kommanditist für die "Swiss Invest" ist laut "St. Galler Tagblatt" aus dem Signa-Depot die bestehende Vorratsholding SPS Zweiundsechzig eingetragen. Diese gehöre neu der "Swiss Beteiligung", als deren Kommanditist wiederum die SPS Einundsechzig eingesetzt worden sei. Alle Firmen zusammen zählten zum Konsolidierungskreis der Signa Prime Selection, der österreichische Zwischenholding für das Signa-Immobilienreich.
Die Globus-Immobilien, die in der Schweiz das Portfolio der Signa ausmachen, seien ebenfalls in luxemburgischen Firmen untergebracht; die genaue Adresse sei dabei gleichzeitig auch der Firmenname, so die Schweizer Zeitung. Zusammengefasst sind sie den Angaben zufolge bei der Matterhorn Immobilien Holding. Über zwei weitere Zwischenholdings landen die Immobilien schließlich wiederum bei der Signa Prime Selection.
Vor rund zwei Wochen hatte der thailändische Co-Eigner von Globus, die Central Group, signalisiert, dass die Zukunft der Kaufhäuser gesichert sei. Eine Woche später übernahmen die Thailänder die Kontrolle über die britische Handelskette Selfridges, an der sie und die Signa beim Kauf im Sommer 2022 zu je 50 Prozent beteiligt waren. Benko fuhr die Beteiligung nun dem Vernehmen nach auf 45 Prozent zurück. Als Kaufpreis für Selfridges waren vor einem Jahr 4 Mrd. Euro kolportiert worden.
Bei der Schweizer Privatbank Julius Bär verursachte das von Analysten mit "über einer halben Milliarde Franken" bezifferte Benko-Exposure diese Woche indes bereits ein heftiges Beben: Das Züricher Geldhaus setzte eine Gewinnwarnung für 2023 ab, der Aktienkurs stürzte daraufhin ab. 2022 hatte die Bank einen Überschuss von 950 Mio. Franken (rund 980 Mio. Euro) erzielt. Nun musste das Züricher Geldhaus die Rückstellung für Kredite kurzfristig massiv erhöhen. Wegen Signa-Krediten im Volumen von 600 Mio. Euro steht Julius Bär laut "Bloomberg" jetzt auch bei der Schweizer Bankenaufsicht Finma unter Beobachtung. "Das Engagement war der Hauptgrund für den plötzlichen Anstieg der Kreditrisikovorsorgen um 70 Mio. Franken im November", so die Finanzagentur.
Bei österreichischen Banken türmten sich früheren Medienberichten zufolge per Mitte 2023 Signa-Kredite im Volumen von rund 2,2 Mrd. Euro - rund zwei Drittel davon entfielen auf die beiden Institute Bank Austria und Raiffeisenbank International (RBI).
Neben der Schweizer Finanzaufsicht hat auch die Europäische Zentralbank (EZB) längst ein Auge auf das Risiko der Banken im Zusammenhang mit Signa: Die EZB-Aufsicht forderte die Kreditinstitute auf, den Wert ihrer Kredite abzuschreiben oder weitere Rückstellungen für mögliche Verluste zu bilden.
Signa-Sanierer Arndt Geiwitz, für den Benko an der Firmenspitze Platz machen musste, stehe bei der Sanierung von Signa vor einer "Mammutaufgabe", so das "Handelsblatt". Das Problem: Es gebe keine Struktur, nach der sich der Konzern einfach in Einzelteile zerlegen ließe. Damit gebe es auch keine Möglichkeit, einen klaren "Haircut" zu machen, also einen prozentualen Abschlag auf den Vermögenswert zu nehmen. Kurzfristig sei es das oberste Ziel, Transparenz herzustellen. (APA)