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Signa: Ist die Sanierung in Eigenverantwortung der richtige Weg?

Berechtigte Zweifel sind durchaus angebracht.
Michael Neubauer
Signa: Ist die Sanierung in Eigenverantwortung der richtige Weg?
© ImmoFokus

Es ist und bleibt spannend. Die Berichte der beiden Sanierungsverwalter - für die Signa Prime Selection wurde die Kanzlei Abel für die Signa Development Selection Dr. Andrea Fruhstorfer von der Kanzlei Ecolaw com Gericht eingesetzt - haben es in sich. Ehrlich gesagt, ich bin aus dem Staunen nicht herausgekommen.

Ein paar Highlights gefällig?

So schreiben Abel Rechtsanwälte unter anderem:

„8.3. Wesentliche Entwicklungen im Jahr 2022

8.3.2. Darstellung der Finanzverbindlichkeiten im Jahr 2022 vom SIGNA Prime Konzern

Aus dem derzeitigen Stand der Forderungsanmeldungen ergibt sich, dass die SPS für einen wesentlichen Teil der Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaften Garantien und Haftungen abgegeben hat.“

„8.5. Management und Organisation

8.5.1. Vorstand

Es liegen keine Vorstandsprotokolle über die Vorstandsitzungen in den Jahren 2022 und 2023 vor. Es ist daher nicht unmittelbar schriftlich dokumentiert, was der Vorstand wann beschlossen hat bzw. wer Einfluss auf die Tätigkeit des Vorstandes genommen hat.

Der Unternehmensgründer Rene Benko hatte nach seinem Ausscheiden als Vorstand einen Beratervertrag mit der SPS. Dieser Beratervertrag endete mit 31.12.2023.

Im Rahmen einer Besprechung mit der Sanierungsverwalterin bestätige Rene Benko, dass er in Folge seiner jahrzehntelangen immobilienwirtschaftlichen Erfahrung in wesentliche Entscheidungen, Transaktionen und Finanzierungen involviert war. Dies deckt sich mit den Erkenntnissen der Sanierungsverwalterin nach Überprüfung diverser Vertragsurkunden, in welchen Rene Benko neben den gesellschaftsrechtlichen Organen in der Regel als „Key Person“ genannt wird.“

Zu Punkt 8.3.2 - da liest man schnell drüber hinweg „Aus dem derzeitigen Stand der Forderungsanmeldungen ergibt sich, dass die SPS für einen wesentlichen Teil der Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaften Garantien und Haftungen abgegeben hat.“

Die Gläubiger der Signa Prime haben Forderungen von rund 6,3 Milliarden Euro angemeldet, teilte Sanierungsverwalter Norbert Abel am Montag mit. Bei der Signa Development belaufen sich die Forderungen bisher auf etwa 2,2 Milliarden Euro, gab Sanierungsverwalterin Andrea Fruhstorfer bekannt. Die Passiva dürften sich bei den beiden Unternehmen um noch nicht angemeldete Intercompany-Forderungen erhöhen.

Und jetzt wird es spannend.

Bei einem Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung ist ein Sanierungsplan mit einer Mindestquote von 30%, die innerhalb von zwei Jahren zu bezahlen ist, vorzulegen. Stimmen mehr als die Hälfte der Gläubiger und einer Kapitalmehrheit zu, ist die Sanierung angenommen, der Weg zu Entschuldung frei.

Überwiegen bei den angemeldeten und anerkannten Schulden die Intercompany-Forderungen könnte es passieren, dass Signa Gesellschaften mit Vertrauten des Signa-Gründers René Benko in den entscheidenden Managementfunktionen darüber entscheiden, ob die Sanierungsverfahren von Signa Prime und/oder Signa Development ohne Insolvenz beendet werden können.

In einem gemeinsamen Brief haben deutsche und österreichische Versicherer die weiterhin anhaltende Eigenverwaltung bei der Signa Prime kritisiert. Die anhaltende Abwicklung der Insolvenz in Eigenverwaltung sei "in höchstem Maße schädlich", so das "Handelsblatt" unter Berufung auf das Schreiben. "Die Gläubiger sind einhellig der Ansicht, dass nur bei Entzug der Eigenverwaltung eine weitere Gläubigerbenachteiligung verhindert werden kann", zitiert das Wirtschaftsmagazin "trend" am Dienstag das Papier der Versicherer. Laut "trend" hätten sich neben deutschen Versicherungskonzernen auch die UNIQA und Wiener Städtische angeschlossen.

Vor allem der geplante Verkauf des Park Hyatt, des Goldenen Quartiers, des Gebäudes des Verfassungsgerichtshofes sowie des Kaufhaus Tyrol in Innsbruck sorgen für Unmut. Die Versicherer fürchten laut dem Bericht des "Handelsblatt", dass die Objekte nun deutlich unter ihrem eigentlichen Wert verkauft würden, weil die Marktpreise derzeit extrem niedrig sind. Auch der Paketverkauf wird kritisiert.

Dass es keine Vorstandsprotokolle über die Vorstandsitzungen in den Jahren 2022 und 2023 vorliegen, lasse ich jetzt einmal unkommentiert stehen.

Und da wäre auch noch die Möglichkeit der „Einlagenrückgewähr“

Wenn Kapitalgesellschaften in Schieflage geraten, stellt sich verstärkt die Frage, ob Gesellschafter oder Aktionäre Zuwendungen oder Vergünstigungen erhielten, die bei Unternehmensfremden nicht üblich wären. Das Thema „Einlagenrückgewähr“ ist noch nicht vom Tisch.

„Das Verbot der Einlagenrückgewähr erfasst alle Geschäfte, die einem Fremdvergleich nicht standhalten, d.h. die nicht oder nicht so geschlossen worden wären, wenn kein Gesellschafter daraus seinen Vorteil zöge (OGH 22.12.2016, 6 Ob 232/16 k).“

Einzelnen Investoren gegenüber sollen sich Signa-Gesellschaften laut Medienberichten verpflichtet haben, ihnen auf Wunsch ihre Anteile zu einem vorabvereinbarten Preis wieder abzukaufen. Scheinbares Eigenkapital wird damit „fremdkapitalähnlich“, weil es jederzeit wieder aus dem Unternehmen abgezogen werden kann.

Das „Schöne“ für Sanierungsverwalter, sind die Konsequenzen verbotener Einlagenrückgewähr.

Da ist einmal die Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes gem § 879 Abs 1 ABGB, da die Leistung/der Vertrag gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, das überdies zwingendes Recht darstellt. Allein aus der Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes resultieren bereits Rückersatzansprüche. Es kommt zu einer Geschäftsführerhaftung gem § 25 GmbHG. Dazu kommen noch Schadenersatzpflicht fremder Dritter, die an verbotener Einlagenrückgewähr mitgewirkt haben (Kollusion), zum Beispiel Banken, und zu allfälligen Schadenersatzpflicht im Rahmen der Haftung als Berater. Das heißt die gezahlten Gelder sind nicht verloren, können zurückgeholt werden und stärken die Finanzkraft des angeschlagenen Unternehmens.

Der Anspruch auf „Rückabwicklung“ verjährt erst nach 30 Jahren. Sollte es also auch bei an Share-Deals beteiligten Gesellschaften zu Verstößen gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr gekommen sein – können die aktuellen Anteilseigentümer diese Zahlungen rückfordern.

Bei einer Sanierung mit Eigenverwaltung, wie derzeit bei Prime und Development, bleiben die bisherigen Geschäftsleiter weiterhin im Amt – und gestalten das Sanierungsverfahren maßgeblich mit. Stellt sich die Frage, ob die Eigenverantwortung der richtige Weg ist.

Berechtigte Zweifel sind angebracht.