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Sinkende Renditen

Immobilienexperte Franz Pöltl (Geschäftsführenden Gesellschafter der EHL Investment Consulting GmbH) sieht Raum für eine weitere „Yield-Compression“, also einen Renditerückgang, bzw. Preisanstieg. Diese Entwicklung trifft auf den gesamten Euroraum und somit auch auf Österreich zu und wird auch weitere, neue Investoren nach Wien führen.
Michael Neubauer

Immobilienexperte Franz Pöltl (Geschäftsführenden Gesellschafter der EHL Investment Consulting GmbH) sieht Raum für eine weitere „Yield-Compression“, also einen Renditerückgang, bzw. Preisanstieg. Diese Entwicklung trifft auf den gesamten Euroraum und somit auch auf Österreich zu und wird auch weitere, neue Investoren nach Wien führen.

Im ersten Halbjahr lag das gewerbliche Transaktionsvolumen bei 1,3 Milliarden Euro. 2016 ein Jahr der Rekorde?

Franz Pöltl: Aus heutiger Sicht gehen wir davon aus, dass auch im Jahr 2016 ein Volumen von 3,5 Milliarden Euro erreicht oder überschritten wird, sprich die gute Stimmung und das hohe Interesse der Investoren sich auch im Investitionsvolumen widerspiegeln wird – ob es neuerlich einen Volumsrekord geben wird oder sich einige große Transaktionen ins nächste Jahr verschieben, ist eigentlich zweitrangig. Auf der Renditeseite gibt es definitiv einen Rekord, da die Spitzenrenditen unter 4 Prozent tendieren, was zweifellos noch nie zuvor der Fall war.

Bemerkenswert ist vor allem, dass es sich bei diesen „Rekorden“ nicht um einzelne Ausreißer handelt, sondern diese auf einer kontinuierlichen Entwicklung seit 2014 basieren, die aus unserer Sicht auch noch weiter andauern wird.

Wird der BREXIT neue Investoren nach Österreich bringen?

Wir wissen noch nicht, wie der BREXIT vonstattengehen wird, da das britische Austrittsgesuch noch nicht eingereicht ist, geschweige denn die damit einhergehenden Vereinbarungen vorliegen. Trotzdem sind vermehrt Meldungen über internationale Organisationen, Banken und multinationale Konzerne mit Sitz in London in den Gazetten zu registrieren, die sich nach Alternativstandorten in der EU umsehen. Viele Marktteilnehmer gehen unter anderem davon aus, dass der – verbleibende – gemeinsame Markt für diese Unternehmen auf Grund der EU-weiten Geltung von gesetzlichen Regelungen und Zulassungen, wie z.B. Banklizenzen, attraktiv bleibt.

Als Konsequenz daraus erwarten wir auch verstärktes Interesse seitens der Investoren an Produkten in Kontinentaleuropa und damit auch in Österreich.

Franz Pöltl @ EHLIn den letzten zwei Jahren ist Wien vermehrt in den Fokus internationaler Investoren gerückt. Sehen Sie bei Gewerbeimmobilien weitere Preissprünge auf uns zukommen?

Gewerbliche Immobilien sind derzeit deswegen so interessant für institutionelle Investoren, da der Abstand zwischen den Renditen für festverzinsliche Veranlagungen und den Immobilienrenditen so groß ist wie selten zuvor. Da wir weiterhin von einem materiell unveränderten Zinsniveau im Euroraum ausgehen, sehen wir auch noch Raum für eine weitere „Yield-Compression“, also einen Renditerückgang, bzw. Preisanstieg. Diese Entwicklung trifft auf den gesamten Euroraum und somit auch auf Österreich zu und wird auch weitere, neue Investoren nach Wien führen. Als zweitgrößte deutschsprachige Stadt wird Wien immer häufiger als Teil eines großen deutschsprachigen Marktes gesehen.

Welche Assetklasse ist für Privatinvestoren aus Ihrer Sicht am besten geeignet?

Privatanleger bevorzugen auf Grund des geringeren Risikos traditionell Wohnimmobilien. Der starke Zuzug in den Ballungszentren und insbesondere die demografische Entwicklung der Hauptstadt Wien, die schon Mitte des nächsten Jahrzehnts wieder eine 2-Millionen-Stadt sein wird, rücken das Interesse an Wohnimmobilien wieder in den Fokus der Investoren. Damit entspricht diese Assetklasse am besten dem Sicherheitsbedürfnis von Privatanlegern.

Welche Kriterien sollte man beim Ankauf einer Vorsorgewohnung berücksichtigen?

Neben Lage und Ausstattung ist vor allem die Wohnungsgröße und ein möglichst effizienter Grundriss wichtig, da für den Mieter die Gesamtbelastung für die Wohnung ausschlaggebend ist. Entscheidend ist, die erforderliche Funktionalität (getrennter Wohn- und Schlafraum, Bad/WC etc.) auf möglichst geringer Fläche abzubilden, um somit die Gesamtkosten für den Mieter auf erträglichem Niveau zu halten. Was man an Flächeneffizienz gewinnt, kann mietenoptimierend genutzt werden, ohne die Schmerzgrenze der Mietinteressenten zu überschreiten.

Vorsorgewohnung oder Bauherrenmodell? Was ist für private Investoren das bessere Modell? Wie hoch sollte der Mindestkapitaleinsatz sein, damit sich diese Modelle auch tatsächlich rechnen?

Bei der Vorsorgewohnung steht der Investor direkt im Grundbuch, muss sich allerdings auch selbst um sein Investment kümmern, die Aufwendungen und Erträge in seine Steuererklärung aufnehmen sowie die Umsatzsteuer einheben und ans Finanzamt weiterleiten. Beim Bauherrenmodell beteiligt man sich als einer von vielen Investoren an einem größeren Immobilieninvest- ment, das in der Regel von einem Initiator gemanagt wird und man, abgesehen von wesentlichen Grundsatzentscheidungen, mit dem laufenden Management nicht tangiert ist. Die Frage ist also: Will man im Grundbuch stehen und alleinige Dis- positionsgewalt über das Investment behalten oder ist eine Beteiligung und quasi gemeinsames Eigentum an einer größeren Immobilie, die man wahrscheinlich alleine auf Grund des Volumens nicht kaufen könnte, angestrebt. Die Entscheidung für das eine oder andere hängt von der Präferenz des Investors ab.

Wien, Wien, nur Du allein. Wien, Linz oder Graz – wo sind im Wohnungsbereich die besten Renditen zu erzielen?

Hier muss grundsätzlich festgehalten werden, dass Wien einerseits von allen Investoren als möglicher Investitionsstandort angesehen wird, andererseits in den Landeshauptstädten primär von lokalen Investoren gekauft wird. Da auch die demografische Dynamik in Wien am stärksten ist, assoziieren Investoren mit der Hauptstadt das geringste Risiko, sowohl was die Vermietung als auch einen etwaigen Verkauf betrifft. Demzufolge sollte ein Renditegefälle zwischen Wien und den Landeshauptstädten bestehen. In der Praxis ist dieses allerdings kaum feststellbar bzw. sind auf Grund des fehlenden Angebots die Renditen in allen größeren Städten nahezu ident.